Drucksache 17 / 13 475 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 18. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. März 2014) und Antwort Investitionen in die Zukunft der Landespolizeischule in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt die Berliner Polizei die Ausbildungs- qualität ein und was wird konkret unternommen, um die Ausbildungsqualität weiter zu verbessern? Zu 1.: Die Ausbildungsqualität der Polizei Berlin wird grundsätzlich mit steigender Tendenz als gut bis sehr gut bewertet. Durch angemessene Qualifizierungsmaßnahmen ist eine praxisorientierte Fortbildung/Weiterbildung des Lehrpersonals gewährleistet. Das Studium für den geho- benen Polizeivollzugsdienst unterliegt einer ständigen Evaluierung durch die Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR). Die Ausbildungs- und Prüfungsord- nungen für die Laufbahnen des mittleren und gehobenen Polizeivollzugsdienstes werden überarbeitet und den sich verändernden Anforderungen an die Nachwuchskräfte angepasst. Mit dem Ziel einen positiven Prüfungsverlauf im mittleren Polizeivollzugsdienst zu gewährleisten, wird den Auszubildenden in den erforderlichen Maßen Nach- hilfeunterricht angeboten. 2. Welche Baumaßnahmen an der Landespolizei- schule können durch den Doppelhaushalt 2014/2015 konkret umgesetzt werden (Bitte um Auflistung der Maß- nahmen im Budget und Zeitraum)? Zu 2.: Der aktuelle Doppelhaushalt 2014/2015 sieht derzeit keine Haushaltsmittel für solche Maßnahmen vor, für die Kosten von rd. 13 Mio. € (Errichtung eines Modulhauses 10 Mio. € und Ausbau einer Sporthalle ca. 3 Mio. € am Standort der Landespolizeischule in BerlinRuhleben ) kalkuliert werden. Der Senat prüft gegenwärtig unter Einbeziehung der Polizei Berlin, inwieweit Priori- tätenverschiebungen möglich sind, um zunächst für an- dere Zwecke zur Verfügung gestellte Investitionsmittel für die im Rahmen des diesbezüglichen Projekts ermit- telten (Bau-) Maßnahmen nutzbar zu machen. Unabhängig davon hat die Polizeibehörde bereits im vergangenen Jahr die Teilmaßnahme „Herrichtung eines Vorbereitungsraums am Schießstand in Ruhleben“ aus eigenen Mitteln finanziert. 3. Wie hoch ist die Bewerberinnen- und Bewerber- lage für das Jahr 2014? Zu 3.: Für die Einstellungen im Jahr 2014 lagen bzw. liegen folgende Bewerbungen vor: Laufbahn Einstellungstermin Bewerbungen Einstellungen Kriminalpolizei Frühjahr 2014 1474 60 Herbst 2014 2852 60 mittlerer Dienst Schutzpolizei Frühjahr 2014 4069 216 Herbst 2014 6089 264 gehobener Dienst Schutzpolizei Frühjahr 2014 1548 120 Herbst 2014 1575 120 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 475 2 4. Welche Maßnahmen hat die Berliner Polizei er- griffen, um genügend Auszubildende für den Polizei- dienst zu bekommen? Zu 4.: Die Entwicklungen des demografischen Wan- dels berücksichtigend, hat sich die Polizei Berlin im Be- reich der Nachwuchsgewinnung und Nachwuchssiche- rung schon vor einigen Jahren neu aufgestellt und die materielle sowie personelle Ausstattung des Werbebe- reichs deutlich verbessert. Bis heute wurden zahlreiche Neuerungen umgesetzt und eine Vielzahl von Aktivitäten entfaltet. Werbemaßnahmen (allgemein)  Berufsinformation und Beratung o im Berufsinformationszentrum der Polizei Berlin (Keibelstr.) o in Oberschulen o bei Berufsfindungsmessen (z. B. Vocatium, Ein- stieg, Stuzubi), Ausbildungsbörsen, Jugendevents (z. B. You-Messe) o in den Berufsinfo-Zentren der Agentur für Arbeit (hier auch für die Arbeitsvermittler der Jobcenter) o bei Jugendclubs, Vereinen, freien Bildungsträgern u.ä. o für Schülerpraktikanten o Informationsstände bei Straßenfesten, in Einkaufs- zentren, u. a. anlässlich von Ausbildungs- und Berufsinfo-Tagen o Beteiligung an behörden- oder landesweiten Aktionstagen (z.B. Girls‘ Day) und Veranstaltungen in Polizeidienststellen (z.B. Tage der offenen Tür, Präventionstage und ähnliches). Insgesamt wurden im Jahr 2013 rd. 180 Berufsinfor- mations- und Werbeveranstaltungen durchgeführt, die aufgrund des direkten Kontakts mit der Zielgruppe als besonders wirksam eingeschätzt werden. In 2014 haben bereits 40 Veranstaltungen stattgefunden, weitere 50 sind terminiert, so dass bis Jahresende von einer ähnlichen Größenordnung von Veranstaltungen wie im Jahr 2013 ausgegangen werden kann.  Umfassender Internetauftritt unter www.berlin.de/polizei/beruf/index.html (unter an- derem Selbst-Check, Polizei-Quiz, Film zum Sporttest, diverse Erfahrungsberichte von Auszu- bildenden, Berufsanfängerinnen und Berufsanfän- gern, erfahrenen Dienst-/Führungskräften, Filme zum Polizeiberuf sowie der Ausbildung)  Teilnahme an div. Sportveranstaltungen (z. B. Internationales Stadionfest Berlin, Sport im Olym- piapark, „Rund um Scharfenberg“ etc.) in Zusammenarbeit mit dem Landessportbund, der Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Schulen und Sportvereinen  Einrichtung von diversen Verlinkungen auf die Internetseite der Berufsinformation der Polizei Ber- lin bei diversen Anbietern (z.B. Jobbörse der Agentur für Arbeit, Ausbildungsatlanten der Be- zirke, Infoseiten von BQN – Berufliches Qualifizierungsnetzwerk für Migrantinnen und Migranten in Berlin)  Werbung in Freibädern während der veranstaltungsarmen Sommerferien Speziell für junge Menschen mit Migrationshinter- grund  Einsatz von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten mit Migrationshintergrund aus einem eigens gegründeten Mitarbeiterpool zur Un- terstützung der Berufsberatung bei diversen Ver- anstaltungen (Ansprechpartnerinnen und An- sprechpartner „auf Augenhöhe“, Aufklärung, Erfahrungsberichte , Kommunikation ggf. in der Mut- tersprache)  Beteiligung am Qualifizierungsnetzwerk BQN /“Berlin braucht Dich“ zur Förderung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund (u.a. Unter- stützung im Rahmen spezieller Praktika und bei der Informationsvermittlung) und im Rahmen ei- ner Kooperation mit der Türkischen Gemeinde  Beteiligung an der Qualifizierungsmaßnahme „Berufsvorbereitung öffentlicher Dienst“ des Bildungswerks Kreuzberg (BWK)  Hinweis auf das gesteigerte Interesse der Polizei Berlin an der Einstellung von Menschen mit - möglichst muttersprachlichen - Fremdsprachen- kenntnissen bei Ausschreibungen und im Internet (Einstellungstest enthält demzufolge auch einen Bedarfssprachentest in den Sprachen Englisch, Türkisch, Polnisch, Russisch, Arabisch, Spanisch, Französisch sowie Fragen zu interkultureller Kompetenz)  Erstellung und Auswahl von Foto- und Bildmaterial für die Berufswerbung, bei dem junge Polizis- tinnen und Polizisten mit Migrationshintergrund als selbstverständlicher Teil der Polizei Berlin dar- gestellt werden.  spezifisches Informationsmaterial (Flyer für Migrantinnen und Migranten)  Werbespot der Polizei Berlin (Nutzung für den Internetauftritt sowie bei div. Infomationsveranstal- tungen und in sozialen Netzwerken/neuen Medien)  Start des Facebook-Auftritts der Polizei Berlin mit einer Karriereseite  Werbeaufkleber an Polizeifahrzeugen. Des Weiteren wurden behördenintern mehrere Pro- jekt- und Arbeitsgruppen mit dem Zweck einer zielge- richteten Maßnahmenentwicklung zur Optimierung der Nachwuchsgewinnung, eines zielgruppenorientierten Bewerbermarketings (Frauen, Migrantinnen und Migran- ten), zur Erhöhung der Ausbildungskapazitäten sowie Modifizierung des Einstellungs- und Auswahlverfahrens eingerichtet. Teile der Arbeitsergebnisse werden bereits umgesetzt, andere in den aktuell tätigen Projektgruppen gebündelt, weiterverfolgt und ausgeweitet. Insbesondere wurden Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung und Bewerber- bindung ermittelt. Die Realisierbarkeit der einzelnen Maßnahmen wird derzeit im Rahmen der Projektgruppe zur „Optimierung der Nachwuchsgewinnung“ (PG OdN) geprüft. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 475 3 5. Sind genügend Dozentinnen und Dozenten für die Ausbildungsklassen vorhanden? Wenn ja, wie viele? Zu 5.: Bis zum Jahr 2013 waren Dozentinnen und Do- zenten für alle Ausbildungsgänge ausreichend vorhanden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die überwiegende Zahl der Dozentinnen und Dozenten nicht nur in der Aus- bildung sondern aufgrund der Organisationsstruktur der Landespolizeischule auch in der Fortbildung eingesetzt wird. Um die bis zum Jahr 2022 erwarteten fluktuationsbe- dingten Abgänge von etwa 6300 Polizeivollzugsbeamtin- nen und Polizeivollzugsbeamten kompensieren zu kön- nen, müssen die Ausbildungskapazitäten deutlich erhöht werden. Bereits erfolgte Zugänge in allen Fachbereichen: Für das Planungsjahr 2013 wurden 19 neue Lehrkräfte zugeordnet. Für das Planungsjahr 2014 wurden 23 neue Lehrkräfte zugeordnet. 6. Können alle Auszubildenden mit einer kompletten Ausrüstung arbeiten? Wenn nicht, wo gibt es Mängel? Zu 6.: Bezogen auf Führungs- und Einsatzmittel kön- nen derzeit alle Auszubildenden ausgestattet werden. 7. Sind ausreichend Schutzwesten in allen Größen für die Auszubildenden vorhanden? Zu 7.: Derzeit können alle Auszubildenden bei Bedarf mit Schutzwesten ausgestattet werden. Eine dauerhafte feste Ausstattung einer/eines jeden Auszubildenden mit einer persönlich zugewiesenen Schutzweste ist nicht vor- gesehen. Die Schutzwesten werden für die Hauptpraktika und für Einsätze ausgegeben und sind in allen gängigen Größen vorrätig. 8. Wie viele „Lebensältere“ wechselten in den letzten drei Jahren zur Berliner Polizei, absolut und relativ in Bezug zur Gesamtzahl der Auszubildenden? Zu 8.: Gemäß den §§ 5 bzw. 18 der Polizeilauf- bahnverordnung (Pol-LVO) beträgt das Maximalalter für Einstellungen in den gehobenen Dienst der Schutz- und Kriminalpolizei 31 Jahre, für den mittleren Dienst der Schutzpolizei 29 Jahre. Nur für den mittleren Dienst ist gemäß § 23 Pol-LVO auch die Einstellung lebensälterer Bewerberinnen und Bewerber bis 39 Jahre möglich. Aus der Systematik und der Formulierung der Vor- schrift wird deutlich, dass es sich bei der Einstellung von lebensälteren Bewerberinnen und Bewerbern um eine Ausnahme von der regulären Altersgrenze von 29 Jahren handelt. Aus diesem Grund, aber auch weil es im Inte- resse der Senkung des derzeit sehr hohen Altersdurch- schnitts der Polizei Berlin geboten ist, werden lebensäl- tere Bewerberinnen und Bewerber nur dann eingestellt, wenn zu befürchten ist, dass mit den „regulären“ Bewerberinnen und Bewerbern allein die erforderlichen Ein- stellungen nicht realisiert werden können. Dies war zu den Einstellungsterminen im Frühjahr und Herbst 2011 sowie im Frühjahr 2012 der Fall. Aufgrund der deutlich erhöhten Einstellungszahlen ist nun für die Einstellungen im Herbst 2014 erneut geplant, für 24 oder 48 der insge- samt 264 Ausbildungspositionen lebensältere Bewerbe- rinnen und Bewerber einzustellen. In den Jahren 2011 bis 2013 wurden insgesamt 1.356 Polizeimeisteranwärterin- nen und Polizeimeisteranwärter in den mittleren Dienst der Schutzpolizei eingestellt, darunter 124 (9,14%) „Lebensältere “. 9. Auf welchem Stand steht Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern bei der Ausbildungsvergütung? Sieht die Berliner Polizei an dieser Stelle Nachhol- bezie- hungsweise Ausbaubedarf? Zu 9.: Die Polizei Berlin liegt beim Vergleich der Hö- he der Ausbildungsvergütungen der Länderpolizeien sowie der Bundespolizei auf dem letzten Platz. Vor die- sem Hintergrund und unter Berücksichtigung der sonsti- gen problematischen Rahmenbedingungen (Ausscheiden von 38% des Vollzugspersonals bis 2022, rückläufige Bewerberzahlen, abnehmende Qualität und Ausbildungs- reife der Bewerberinnen und Bewerber, steigende Kon- kurrenzsituation zu anderen Behörden, Polizeien und der Privatwirtschaft) sieht die Polizei Berlin hierin durchaus einen erheblichen Wettbewerbsnachteil und wünscht eine Verbesserung dieser Situation. So ist die Schaffung mo- netärer Anreize wie z.B. die Erhöhung der Ausbildungs- vergütung bzw. Wiedereinführung der Zahlung von An- wärtersonderzuschlägen unter anderem Gegenstand der bereits in der Antwort zu Frage 4 erwähnten Projekt- gruppe OdN. 10. Wäre die Einführung einer „Freien Heilfürsorge“ bei den Auszubildenden, wie in Hamburg, sinnvoll? Wie hoch wären die Kosten dafür? Zu 10.: Während es bei der Polizei Hamburg für alle Anwärterinnen und Anwärter im Rahmen der Ausbildung die Krankheitsversorgung im Wege der freien Heilfür- sorge gibt, trifft dies in Berlin nur auf die Anwärterinnen und Anwärter des mittleren Polizeivollzugsdienstes zu. Im Zuge der oben genannten Projektgruppe OdN wur- de daher auch die Möglichkeit der Ausweitung der freien Heilfürsorge auf die Studierenden im gehobenen Polizei- vollzugsdienst als eine in Betracht kommende Maßnahme zur Attraktivitätssteigerung identifiziert und in den Kata- log der auf Umsetzung zu prüfenden Maßnahmen aufge- nommen. Derzeit wäre von einem Kostenaufwand für die freie Heilfürsorge von rd. 700.000 Euro auszugehen, wovon 350.000 Euro bereits für die Auszubildenden im mittleren Polizeivollzugsdienst im Haushalt veranschlagt sind. Vor dem Hintergrund der in den nächsten Jahren stark ansteigenden Einstellungszahlen zur Kompensation der zu erwartenden Fluktuation wäre allerdings auch ein erhebli- cher Anstieg bei den Kosten für die freie Heilfürsorge einzuplanen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 475 4 11. Sind die funktionsfähigen Schießstände der Berli- ner Polizei ausreichend, um die Polizeianwärterinnen und –anwärter an der Waffe auszubilden oder kommt es dabei zu Engpässen? Zu 11.: Die vorhandenen Schießstandkapazitäten der Polizei Berlin werden durch die Direktion Zentrale Auf- gaben verwaltet und den Direktionen und Ämtern be- darfsorientiert zugewiesen. Der Landespolizeischule wer- den dem Grundsatz „Ausbildung geht vor Fortbildung“ folgend immer die benötigten Kapazitäten zur Verfügung gestellt. Für den Fall von Überschneidungen geht die Zuweisung an die Landespolizeischule zu Lasten der Fortbildung in den Direktionen und Ämtern. Bezüglich verfügbarer Kapazitäten wird auf die Be- antwortung der schriftlichen Anfrage Drucksache 17 / 13468 vom 20. März 2014 „Sind die Schießstände der Berliner Polizei ein Fall für die Abrissbirne?“ verwiesen. Berlin, den 07. April 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Apr. 2014)