Drucksache 17 / 13 513 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 27. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. März 2014) und Antwort Sprengstoffbesitz und -einsatz von und durch Neonazis in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat zur Sicherstel- lung von Sprengstoffen bzw. zu Gegenständen, die geeig- net sind, ein Sprengstoffverbrechen zu begehen, im Rah- men von Durchsuchungsmaßnahmen bei Neonazis oder in von Neonazis genutzten Objekten und Fahrzeugen in den Jahren 1995 bis 2013 (bitte nach Art und Menge des Sprengstoffes bzw. Art der Sprengvorrichtung, Datum der Durchsuchung, Ausgang des Ermittlungsverfahrens und Anlass der Maßnahme aufschlüsseln)? 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat zur Sicherstel- lung von Zündvorrichtungen, die geeignet sind, bei Sprengstoffverbrechen eingesetzt zu werden, im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen bei und von Neonazis oder in von Neonazis genutzten Objekten und Fahrzeugen in den Jahren 1995 bis 2013 (bitte insbesondere Art, Her- kunft, Anzahl der Zündvorrichtungen sowie Datum der Sicherstellung benennen)? 3. Welche Erkenntnisse hat der Senat zu den in den Jahren 1995 bis 2013 aufgefundenen Sprengstoffen, Ge- genständen, die geeignet sind, Sprengstoffverbrechen zu begehen, und Zündern in Depots jeder Art, bei denen im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen dem Verdacht nachgegangen wurde, dass Neonazis als Urheber der Depots bzw. als deren Nutzer in Frage kommen? 4. Welche Straftaten mit neonazistischem Hinter- grund oder durch Personen, die in der Vergangenheit durch entsprechende Straftaten (z. B. nach §§ 86, 86a, 130, 129 und 129a des Strafgesetzbuches – StGB) in Erscheinung getreten sind, wurden nach Kenntnis des Senats unter Einsatz von Sprengmitteln in den Jahren 1995 bis 2013 in Berlin begangen (bitte nach Datum und Art der Straftat, Art und Menge des Sprengstoffes, Aus- gang des Ermittlungsverfahrens aufschlüsseln)? 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat zum Einsatz von Sprengmitteln bei durch Neonazis (also Personen, die in der Vergangenheit nach §§ 86, 86a, 130 StGB und weiteren einschlägigen Straftatbeständen verurteilt wur- den) in den Jahren 1995 bis 2013 in Berlin begangenen Straftaten der allgemeinen und schweren Kriminalität (bitte nach Datum und Art der Straftat, Verurteilungshin- tergrund des Täters bzw. der Täter, Art, Menge und Her- kunft des eingesetzten Sprengmittels oder der - vorrichtung aufschlüsseln)?! 6. Welche Erkenntnisse hat der Senat zum Erwerb oder Handel mit Sprengstoffen durch Neonazis aus Berlin infolge grenzüberschreitender Kontakte insbesondere nach Tschechien, Österreich und Belgien? 7. Welche Erkenntnisse hat der Senat zur genauen Spezifizierung der gefundenen bzw. eingesetzten Sprengmittel in den Fragen 1 bis 6 als Selbstlaborat, ge- werblicher oder militärischer Sprengstoff oder sonstiges Sprengmittel? Zu 1. - 7.: Eine zur Beantwortung der Fragen 1 - 7 durchgeführte Recherche in den Datensystemen der Poli- zei Berlin erbrachte für den angefragten Zeitraum 977 einzeln zu überprüfende Straftaten, die die grundsätzli- chen Kriterien zur Aufnahme in eine entsprechende Prü- fung im Sinne der Anfrage erfüllen. Diese Recherche beinhaltete die Anfrage nach Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz, Kriegswaffenkontrollgesetz sowie das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Dabei wird darauf hingewiesen, dass eine technische Vorsortierung der Einzeldelikte lediglich nach Deliktsart, z. B. Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz, durchgeführt werden kann, nicht aber in Bezug auf die Tatmotivation. Um valide Ergebnisse mitteilen zu können, bedürfte es einer umfang- reichen inhaltlichen Einzelauswertung der entsprechenden Ermittlungsvorgänge aus den Jahren 1995 bis 2013. Im Ergebnis können die gestellten Fragen in der von der Verfassung von Berlin vorgegebenen Frist zur Beantwor- tung Schriftlicher Anfragen nicht beantwortet werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 513 2 8. Welche Erkenntnisse hat der Senat zu Plänen von Neonazis, Sprengmittel im Rahmen der Begehung von Straftaten einzusetzen, zu bei Neonazis aufgefundenen bzw. verbreiteten Anleitungen zum Einsatz von Spreng- mitteln bzw. zu Übungen im Umgang mit derartigen Stof- fen und Vorrichtungen in den Jahren 1995 bis 2013? Zu 8.: Dem Berliner Verfassungsschutz wurden in den letzten Jahren keine Versuche Berliner Rechtsextremis- tinnen oder Rechtsextremisten bekannt, Straftaten mittels Sprengmitteln zu begehen. Aufgrund der gesetzlichen Speicher- und Löschfristen sind Auskünfte über länger zurückliegende Ereignisse oder Erkenntnisse nicht mög- lich. Der Polizei Berlin liegen derzeit im Phänomenbe- reich „Rechts“ keine konkreten Anhaltspunkte über Pläne von Personen der „rechten Szene“ zur Begehung von Straftaten unter Einsatz von Sprengmitteln vor. Eine Sta- tistik zu bei Durchsuchungsmaßnahmen gefundenen bzw. anderweitig verbreiteten Anleitungen zum Einsatz von Sprengmitteln wird bei der Polizei Berlin nicht geführt. 9. Welche Erkenntnisse hat der Senat zum Erwerb von und Umgang mit Sprengmitteln durch Neonazis bzw. Personen, die in der Vergangenheit nach §§ 86, 86a, 130 StGB und weiteren einschlägigen Straftatbeständen verur- teilt wurden, im Rahmen einer freiberuflichen oder un- selbständigen Tätigkeit in einem Unternehmen, das be- rechtigt ist, im Rahmen seines Firmenprofils legal Sprengmittel zu erwerben bzw. einzusetzen (z. B. Abriss- firmen)? Zu 9.: Grundsätzlich ist jeglicher Umgang mit Explo- sivstoffen gemäß dem Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (SprengG) erlaubnispflichtig. Für den gewerbli- chen Bereich müssen Verantwortliche eine Erlaubnis bzw. Befähigung gem. §§ 7, 20 SprengG besitzen und einen Fachkundenachweis erbringen. Die Erlaubnis kann unter den Bedingungen des § 8 ff. SprengG versagt wer- den, u. a. dann, wenn die Person nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, d. h. rechtskräftig wegen eines Verbrechens oder wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verur- teilt wurde… (siehe § 8a SprengG). Versagungsgründe gem. § 8a II Nr. 2 und 3 SprengG können bspw. auch in einer fragwürdigen Vereins- bzw. Vereinigungsmitglied- schaft liegen. Der § 8b SprengG beschreibt zudem die persönliche Eignung einer Person, die neben der geistigen auch die körperliche Eignung einschließt. Die Personalien von Antragstellern für eine Erlaubnis für den Umgang mit Sprengstoff beim zuständigen Landesamt für Arbeits- schutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi) werden in Berlin per Regelanfrage bei der Abteilung II der Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie der Polizei Berlin überprüft. Berlin, den 10. April 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Apr. 2014)