Drucksache 17 / 13 525 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 21. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. April 2014) und Antwort Entwicklung der Jugendkriminalität in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Polizei Berlin erfasst in der Poli- zeilichen Kriminalstatistik (PKS) gesondert Tatverdäch- tige unter 21 Jahren. Diese werden in die Altersgruppen Kinder (bis unter 14 Jahre), Jugendliche (14 - unter 18 Jahre) und Heranwachsende (18 - unter 21 Jahre) unter- teilt. Da Straftaten, begangen von Vertreterinnen und Vertretern dieser drei Altersgruppen, die Jugendkrimina- lität widerspiegeln, werden in den Fragen, die sich auf Jugendliche beziehen, auch die komplettierenden Zahlen zu Kindern und Heranwachsenden dargestellt. 1. Wie viele durch Jugendliche verübte Straftaten gab es in Berlin jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013, aufgegliedert nach Altersgruppe und Geschlecht der Täter? Zu 1.: In der PKS werden neben den Straftaten auch Tatverdächtige erfasst. Eine Tatverdächtige bzw. ein Tatverdächtiger werden nur einmal gezählt, unabhängig von der Zahl der tatsächlich begangenen Taten. Wenn eine Person innerhalb der Berichtszeit zu mehreren Er- mittlungsverfahren als Tatverdächtige bzw. als Tatver- dächtiger in Erscheinung tritt, wird sie bzw. er trotzdem für die Gesamtzahl der Tatverdächtigen nur einmal ge- zählt (echte Tatverdächtigenzählung). In den Jahren 2010 bis 2013 wurden folgende Tatver- dächtigenzahlen in der PKS registriert: Erfasste Tatverdächtige nach Altersgruppen und Geschlecht (PKS) Jahr 2010 2011 2012 2013 n n n n Kinder 5.360 4.965 4.664 4.345 männlich 3.716 3.372 3.218 2.924 weiblich 1.644 1.593 1.446 1.421 Jugendliche 11.969 10.972 10.131 9.858 männlich 7.925 7.203 6.921 6.468 weiblich 4.044 3.769 3.210 3.390 Heranwachsende 11.485 10.430 9.833 9.578 männlich 8.565 7.705 7.469 7.134 weiblich 2.920 2.725 2.364 2.444 2. Wie viele der von Jugendlichen verübten Straftaten in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 wurden in den jeweiligen Berliner Bezirken verübt und in welchen Be- zirken hatten die Täter jeweils ihren Wohnsitz? Zu 2.: Die Anzahl der von Jugendlichen verübten Straften lässt sich, aufgeschlüsselt nach Bezirken, der PKS nicht entnehmen. Eine Verknüpfung zwischen Fäl- len, der Altersstruktur der Tatverdächtigen, ihren Tatorten und Wohnsitzen ist in der PKS bundeseinheitlich nicht vorhanden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 525 2 3. Welcher Altersgruppe gehörten die Opfer der Ju- gendstraftäter jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 an, wie viele der Opfer waren männlich und wie viele weiblich? Zu 3.: In der PKS werden Opfer nur zu bestimmten Opferdelikten bundeseinheitlich erfasst. Eine Verknüp- fung zu Tatverdächtigen ist nicht vorhanden, so dass weder Alter noch Geschlecht der Opfer benannt werden können. 4. Wie viele der jugendlichen Straftäter wurden je- weils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 nach Jugend- und Erwachsenenstrafrecht zu Erziehungsmaßre- gelungen, Zuchtmitteln oder einer Gefängnisstrafe verur- teilt und wie viele Verurteilungen wurden zur Bewährung ausgesetzt? Zu 4.: Im Jahr 2010 wurden 1.455 Heranwachsende nach allgemeinem Strafrecht verurteilt, davon zehn zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung, 109 zu einer Frei- heitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausge- setzt wurde und 1.335 zu Geldstrafen. Gegen eine weitere Person wurde ein Strafarrest verhängt. Im Jahr 2011 wur- den 1.424 Heranwachsende nach allgemeinem Strafrecht verurteilt, davon zwölf zu einer Freiheitsstrafe ohne Be- währung, 80 zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde und 1.332 zu Geldstra- fen. Im Jahr 2012 wurden 636 Heranwachsende nach all- gemeinem Strafrecht verurteilt, davon acht zu einer Frei- heitsstrafe ohne Bewährung, 33 zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde und 594 zu Geldstrafen. Gegen eine weitere Person wurde ein Strafarrest verhängt. Im Jahr 2010 erfolgten insgesamt 3.417 Verurteilungen nach Jugendstrafrecht (davon Her- anwachsende: 1.755). Es wurden 252 Jugendstrafen ohne Bewährung verhängt (davon Heranwachsende: 172), 343 Jugendstrafen, deren Vollstreckung zur Bewährung aus- gesetzt wurde (davon Heranwachsende: 210), 2.050 Zuchtmittel (davon Heranwachsende: 1.002) und 772 Erziehungsmaßregeln (davon Heranwachsende: 371). Im Jahr 2011 erfolgten insgesamt 3.109 Verurteilungen nach Jugendstrafrecht (davon Heranwachsende: 1.634). Es wurden 251 Jugendstrafen ohne Bewährung verhängt (davon Heranwachsende: 171), 296 Jugendstrafen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (davon Heranwachsende: 173), 1.865 Zuchtmittel (davon Heran- wachsende: 939) und 697 Erziehungsmaßregeln (davon Heranwachsende: 351). Im Jahr 2012 erfolgten insgesamt 2.597 Verurteilun- gen nach Jugendstrafrecht (davon Heranwachsende: 1.329). Es wurden 252 Jugendstrafen ohne Bewährung verhängt (davon Heranwachsende: 177), 300 Jugendstra- fen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wur- de (davon Heranwachsende: 173), 1.504 Zuchtmittel (davon Heranwachsende: 723) und 541 Erziehungsmaß- regeln (davon Heranwachsende: 256).Für das Jahr 2013 liegen noch keine Zahlen vor. 5. Welche erzieherischen und pädagogischen Maß- nahmen gibt es in Berlin für Jugendstraftäter und wie oft wurden diese Maßnahmen jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 angewandt? Zu 5.: Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) unterscheidet zwischen Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Ju- gendstrafe. Erziehungsmaßregeln können Erteilungen von Weisungen oder Anordnungen oder die Aufforderung, Hilfe zur Erziehung gemäß § 12 JGG in Anspruch zu nehmen, sein. Zuchtmittel sind Verwarnungen, Erteilun- gen von Auflagen und Jugendarrest. Die Anwendung der erzieherischen Maßnahmen sind justizielle Entscheidun- gen.Die von der für Jugend zuständigen Senatsverwaltung zuwendungsfinanzierten Projekte von Trägern der freien Jugendhilfe sind mit Kurzbeschreibung der Anlage „Projekte “ zu entnehmen. Die Vielzahl erzieherischer Maßnahmen für straffällige Jugendliche und Heranwachsende mittels passgenau definierter Leistungsangebote zur Um- setzung jugendrichterlicher Weisungen und Auflagen ist der Anlage „ambulante Maßnahmen“ zu entnehmen und im Rundschreiben der für Jugend zuständigen Senatsver- waltung Nr. 1/2013 vom 20. Juni 2013 beschrieben (http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen- jugend/rechtsvorschriften/rs_jugend_1_2013_jgg.pdf). Daten über die Anzahl der angewandten Maßnahmen liegen dem Senat nicht vor. Eine Abfrage ist im Rahmen der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage nicht mög- lich. Im Jahr 2010 sind insgesamt 2.414 Zuchtmittel und 1.305 Erziehungsmaßregeln im Sinne des Jugendgerichts- gesetzes angeordnet worden. Bei den Zuchtmitteln wurde in 754 Fällen Arrest verhängt (Dauerarrest: 409 Fälle, Kurzarrest: 123 Fälle, Freizeitarrest: 222 Fälle) und in 412 Fällen Verwarnungen nach § 14 JGG ausgesprochen. In 1.248 Fällen wurden Auflagen nach § 15 JGG erteilt, nämlich in 54 Fällen Wiedergutmachung, in 220 Fällen die Zahlung eines Geldbetrags, in 951 Fällen Arbeitsleis- tung und in 23 Fällen Arbeitsleistungen und Entschuldi- gungen. In 1.305 Fällen wurden Erziehungsmaßregeln ange- ordnet, davon in 1.282 Fällen Weisungen, in 18 Fällen Erziehungsbeistandschaften und in fünf Fällen Heimer- ziehung. Im Jahr 2011 sind insgesamt 2.165 Zuchtmittel und 1.274 Erziehungsmaßregeln im Sinne des JGG angeord- net worden. Bei den Zuchtmitteln wurde in 658 Fällen Arrest verhängt (Dauerarrest: 360 Fälle, Kurzarrest: 106 Fälle, Freizeitarrest: 192 Fälle) und in 373 Fällen Ver- warnungen nach § 14 JGG ausgesprochen. In 1.134 Fällen wurden Auflagen nach § 15 JGG erteilt, nämlich in 50 Fällen Wiedergutmachung, in 253 Fällen die Zahlung eines Geldbetrags, in zwei Fällen eine Entschuldigung, in 816 Fällen Arbeitsleistung und in 13 Fällen Arbeitsleis- tungen und Entschuldigungen. In 1.274 Fällen wurden Erziehungsmaßregeln ange- ordnet, davon in 1.258 Fällen Weisungen, in 15 Fällen Erziehungsbeistandschaften und in einem Fall eine Hei- merziehung. Im Jahr 2012 sind insgesamt 1.764 Zuchtmittel und 1.059 Erziehungsmaßregeln im Sinne des JGG angeord- net worden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 525 3 Bei den Zuchtmitteln wurde in 557 Fällen Arrest ver- hängt (Dauerarrest: 335 Fälle, Kurzarrest: 83 Fälle, Frei- zeitarrest: 139 Fälle) und in 291 Fällen Verwarnungen nach § 14 JGG ausgesprochen. In 916 Fällen wurden Auflagen nach § 15 JGG erteilt, nämlich in 54 Fällen Wiedergutmachung, in 191 Fällen die Zahlung eines Geldbetrags, in drei Fällen eine Entschuldigung, in 656 Fällen Arbeitsleistung und in 12 Fällen Arbeitsleistungen und Entschuldigungen. In 1.059 Fällen wurden Erziehungsmaßregeln ange- ordnet, davon in 1.045 Fällen Weisungen, in 13 Fällen Erziehungsbeistandschaften und in einem Fall eine Hei- merziehung Zahlen für 2013 liegen noch nicht vor. 6. Wurden die erzieherischen und pädagogischen Maßnahmen evaluiert, zu welchem Ergebnis kam die Evaluation und sieht der Senat Verbesserungsbedarf und wenn ja, inwiefern? Zu 6.: Im Rahmen des Projektes „Jugendkriminalität verhindern und effektiv bekämpfen“ (s. auch Antwort zu Frage 12) wurde zum 1. Juli 2013 die Arbeitsstelle Ju- gendgewaltprävention bei der Landeskommission gegen Gewalt eingerichtet, die Qualitätsstandards für Maßnah- men im Bereich der Jugendgewaltdelinquenz evaluieren und entwickeln soll. Derzeit findet dort eine Auswahl der zur Evaluation angemeldeten Projekte statt. Die Ergeb- nisse bleiben abzuwarten. Parallel werden derzeit das so genannte „Neuköllner Modell“ und das von der für Jugend zuständigen Senats- verwaltung zuwendungsfinanzierte Modellprojekt „Startpunkt “ evaluiert. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor. 7. Wie viele der Jugendstraftäter sind nach ihrer je- weiligen Verurteilung oder Maßnahme jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 rückfällig geworden? Zu 7.: Eine Rückfallstatistik für die Jahre 2010 bis 2013 liegt nicht vor. 8. Wie viele der Jugendstraftäter waren in den jeweili- gen Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 Intensiv- oder Schwellenstraftäter, welcher Altersgruppe gehörten sie an, wie viele waren männlich und wie viele weiblich? Zu 8.: Die Zusammensetzung der Tätergruppen im Programm der Täterorientierten Ermittlungsarbeit verän- dert sich mit jeder An-, Ab- und Ummeldung einer ein- zelnen Person. Daher spiegeln Abfragen nur das Stich- tagsergebnis wider. Für die Jahre 2010 bis 2013 wurde jeweils am Jahresende eine Abfrage durchgeführt, die in der PKS und dem jährlichen Jugenddelinquenzbericht veröffentlicht werden. Anzahl der Intensivtäterinnen und Intensivtäter (Geschäftsstatistik Landeskriminalamt Prävention (LKA Präv)) Jahr 2010 2011 2012 2013 n n n n Gesamt 414 342 342 343 männlich 394 320 321 323 weiblich 20 22 21 20 Kinder 6 4 9 5 Jugendliche 137 104 121 141 Heranwachsende 271 232 212 197 Anzahl der Schwellentäterinnen und Schwellentäter (Geschäftsstatistik Landeskriminalamt Prävention (LKA Präv)) Jahr 2010 2011 2012 2013 n n n n Gesamt 151 136 97 73 männlich 145 131 92 71 weiblich 6 5 5 2 Jugendliche 60 58 39 15 Heranwachsende 91 78 58 58 Bei den Schwellentäterinnen und Schwellentätern wird die Altersgruppe Kinder nicht erfasst. 9. Wie viele Straftaten haben Jugendgruppen jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 begangen, wel- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 525 4 cher Altersgruppe gehörten die Täter zum Tatzeitpunkt jeweils an, wie viele der Täter waren männlich und wie viele weiblich? Zu 9.: In Berlin werden Straftaten von Jugendgruppen als Jugendgruppengewalt definiert. Die Straftat wird demnach als gemeinschaftliche Handlung von mindestens zwei Täterinnen oder Tätern im Alter von 8 bis unter 21 Jahren begangen oder von einer Einzeltäterin bzw. einem Einzeltäter, der die Gruppe als Machtinstrument einsetzt. Nachfolgend aufgeführte Delikte sind spezifisch für Ju- gendgruppengewalt: Raub (inklusive räuberische Erpres- sung), Körperverletzung, Bedrohung, Sachbeschädigung und sonstige Begleitdelikte wie z. B. unerlaubter Waffen- besitz. Eine bundeseinheitliche Definition der Jugend- gruppengewalt gibt es nicht. Die Auswertung der Jugend- gruppengewalt erfolgt durch das Setzen einer Sonderken- nung in der PKS. Dies vorausgeschickt beantworte ich die Frage wie folgt: Übersicht der Jugendgruppengewalt (PKS) Jahr 2010 2011 2012 2013 n n n n Straftaten 4.014 3.199 2.768 2.856 Tatverdächtige 3.019 2.491 2.095 2.659 männlich 2.588 2.142 1.870 2.269 weiblich 431 349 225 390 Kinder 368 296 267 346 männlich 290 243 219 282 weiblich 78 53 48 64 Jugendliche 1.587 1.289 1.050 1.392 männlich 1.297 1.059 915 1.144 weiblich 290 230 135 248 Heranwachsende 684 532 473 663 männlich 635 481 444 615 weiblich 49 51 29 48 Erwachsene 380 374 305 258 männlich 366 359 292 228 weiblich 14 15 13 30 10. In welchen Berliner Bezirken wurden wie viele der von Jugendgruppen verübten Straftaten in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 jeweils begangen und wo hatten die Täter ihren jeweiligen Wohnsitz? Zu 10.: Die Anzahl der von Jugendlichen verübten Straftaten lässt sich, aufgeschlüsselt nach Bezirken, nicht aus der PKS entnehmen, siehe auch Antwort zu Frage 2. 11.Welcher Altersgruppe gehörten die Opfer von Ju- gendgruppengewalt jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 an, wie viele der Opfer waren männlich und wie viele weiblich? Zu 11.: Siehe Antwort zu Frage 3. 12. Welche Konzepte zur kurz-, mittel- und langfristi- gen Bekämpfung von Jugendkriminalität gibt es in Berlin und inwiefern sieht der Senat Verbesserungsbedarf? Zu 12.. Die Polizei Berlin führt zahlreiche Bekämp- fungsansätze zur Reduzierung der Jugendkriminalität durch. Für Erst- und Zweittäterinnen sowie Erst- und Zweittäter kann die Diversionsrichtlinie angewandt wer- den. Wird eine Jugendstrafe nicht erwartet und kann die Diversion nicht mehr angewandt werden, findet das be- schleunigt durchgeführte vereinfachte Jugendverfahren „Neuköllner Modell“ (NKM) in besonderen Fällen seine Anwendung. In der Polizei Berlin werden besonders ge- schulte Jugendsachbearbeiterinnen und Jugendsachbe- arbeiter im Jugendverfahren eingesetzt. Für die Bekämp- fung der Jugendgruppengewalt wurde pro Polizeidirektion ein Kommissariat eingerichtet, in dem vorwiegend Straf- taten der Jugendgruppengewalt bearbeitet werden. Die Bearbeitung von Straftaten, begangen durch Schwellen- und Intensivtäterinnen und Schwellen- und Intensivtäter, erfolgt in täterorientierter Ermittlungsarbeit in einem Kommissariat pro Polizeidirektion. Mit diesen Ansätzen ist es der Polizei Berlin gelungen, die Gewalt- und Ju- gendkriminalität zurückzudrängen. Auf aktuelle Ent- wicklungen und Begehungsweisen wird entsprechend reagiert und geeignete Maßnahmen werden umgesetzt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 525 5 Im Bereich der Justiz ist kurzfristig – mit einer geplanten Umsetzung zum 1. Juli 2014 – vorgesehen, die Jugendstrafverfolgung bei der Staatsanwaltschaft Berlin neu zu organisieren. Ab dann sollen Verfahren gegen Intensiv- und Schwellentäterinnen und Intensiv- und Schwellentäter einheitlich in der Intensivtäterabteilung 265 bearbeitet werden, was die Möglichkeit eröffnet, auch die sog. „kiezorientierten Mehrfachtäter“ im Rahmen des täterorientierten Ermittlungsansatzes verstärkt in den Fokus zu nehmen und die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft in diesem Bereich weiter zu stärken. Zudem startete am 2. Juli 2013 unter Federführung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz das Projekt „Jugendkriminalität verhindern und effektiv bekämpfen “, im Rahmen dessen Einzelmaßnahmen zu den verschiedenen Bedingungsfaktoren für Jugendkriminalität entwickelt werden. 13. Welche Maßnahmen sieht die Diversionsrichtlinie vor und wie viele Diversionsverfahren wurden jeweils in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 durchgeführt? Zu 13.: Die Gemeinsame Allgemeine Verfügung über die vermehrte Anwendung des § 45 JGG im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende (Diversions- richtlinie) der Senatsverwaltungen für Justiz und Ver- braucherschutz, Inneres und Sport und Bildung, Jugend und Wissenschaft vom 24. August 2009 sieht insbeson- dere, also nicht abschließend, die nachfolgend aufgeführ- ten Maßnahmen im Rahmen der Diversion vor: 1. eine Entschuldigung gegenüber dem Geschädig- ten, 2. die (auch teilweise) materielle Schadenswieder- gutmachung, 3. Schmerzensgeldzahlungen, 4. Arbeitsleistungen für den Geschädigten, 5. Täter-Opfer-Ausgleich, 6. gemeinnützige Arbeit, 7. Geldzahlungen an eine gemeinnützige Einrich- tung, 8. die Teilnahme an einem polizeilichen Verkehrs- unterricht oder einem Erste-Hilfe-Kurs, 9. ein erzieherisches Gespräch der Jugendhilfe mit dem Jugendlichen, 10. die Erfüllung präventiv-polizeilicher Anordnun- gen, die im Zusammenhang mit der Tat auf Grundlage des ASOG ergangen sind, 11. ein normverdeutlichendes Gespräch der Polizei mit dem Jugendlichen im Zusammenhang mit der verantwortlichen Vernehmung, 12. ein erzieherisches Gespräch der Staatsanwalt- schaft mit dem Jugendlichen. Für die Polizei Berlin kommen in der Gemeinsamen Diversionsrichtlinie die Möglichkeiten der Diversionsver- fahren nach § 45 Absatz (Abs.) 1 JGG (sanktionslose Einstellung) und nach § 45 Abs. 2 JGG – 1. Alternative (normverdeutlichendes Gespräch durch den Polizeibeam- ten und bereits ausreichend eingeleitete/erfolgte erzieheri- sche Maßnahmen) und 2. Alternative (Durchführung einer erzieherischen Maßnahme durch den Diversionsmittler) in Betracht. Die nachfolgende Statistik zeigt die Anzahl der durch- geführten Diversionsverfahren von 2010 – 2013: Übersicht der Diversionsvorgänge (Geschäftsstatistik Landeskriminalamt Prävention (LKA Präv)) Jahr 2010 2011 2012 2013 n n n n Diversionsverfahren gesamt 6.176 5.721 4.605 3.960 nach § 45 I JGG 4.124 3.832 3.041 2.803 nach § 45 II 1. Alt JGG 750 788 707 453 nach § 45 II 2. Alt JGG 1.302 1.101 857 704 Berlin, den 14. April 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Apr. 2014) SenBildJugWiss Anlage „Projekte“ zur Schriftlichen Anfrage 17/13525 Seite 1 von 3 Aufstellung zuwendungsfinanzierter Jugendhilfeprojekte nach JGG im Bereich der Gewalt- und Kriminalitätsprävention Projekt Adressaten / Inhalt (Konzeption) Elternbezogene Einzelbetreuung von straffällig gewordenen Jugendlichen mit arabischem Migrationshintergrund Für straffällig gewordene arabische Jugendliche sollen, unter Einbeziehung der Eltern und der arabischen Community, gezielt Hilfestellungen entwickelt werden. Quartal Mit dem dreimonatigen Unterstützungsangebot für jugendliche und heranwachsende Intensivtäter mit Migrationshintergrund soll durch intensive, aufsuchende und begleitende Einzelfallarbeit im Sinne einer motivierenden Kurzzeitintervention die Arbeit der Bewährungshelfer umfänglich unterstützt werden. Startpunkt Für auf Endstrafe und ohne Führungsaufsicht entlassene straffällige Jugendliche und Heranwachsende soll mittels pädagogisch orientierter Nachsorge durch Jugendhilfe eine schnelle Rückfallgefahr minimiert werden. Die freiwillige Einzelfallarbeit beginnt ca. drei Monate vor der Haftentlassung in der Jugendstrafanstalt Berlin (JSA), dauert bis ca. drei Monate nach der Haftentlassung an und beinhaltet eine strukturierte Entlassungsvorbereitung , den begleitenden Übergang von der JSA in die Freiheit und eine begleitete Übergabe in einzelfallbezogen abgestimmte Netzwerke und Hilfesysteme. Spurwechsel Für straffällige Jugendliche und Heranwachsende mit einer Verurteilung von mindestens zwei Wochen Jugendarrest oder einem Beugearrest wegen nicht erfüllter jugendrichterlicher Weisungen und Auflagen bzw. einem sog. Warnschussarrest soll mittels pädagogisch orientierter Nachsorge durch Jugendhilfe eine schnelle Rückfallgefahr minimiert werden. Die freiwillige Einzelfallarbeit beginnt in der Jugendarrestanstalt (JAA) in der Regel sofort nach Arrestantritt, dauert bis ca. drei Monate nach der Entlassung an und beinhaltet eine strukturierte Entlassungsvorbereitung , den begleiteten Übergang von der JAA in die Freiheit und eine begleitende Übergabe in einzelfallbezogen abgestimmte Netzwerke und Hilfesysteme. Pädagogisch betreute Arbeitsleistungen – Graffiti Für Jugendliche und Heranwachsende, die Schadenswiedergutmachung durch Arbeitsleistungen beim Geschädigten (i.d.R. Bahn, S-Bahn, BVG oder Wohnungsbaugesellschaften) durchführen . Mit ihnen soll ihre spezifische Straftat erörtert werden, sie sollen Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen und eine Sachbeschädigung als Straftat erkennen. Seite 2 von 3 Projekt Adressaten / Inhalt (Konzeption) Täter – Opfer – Ausgleich sowie Tatausgleich Für Minderjährige, Jugendliche und Heranwachsende, die im Rahmen einer Straftat natürliche Personen geschädigt haben und Opfer, die den Konflikt oder dessen Folgen regeln wollen. Der Versuch des Ausgleichs bietet Tätern und Opfern die Chance , subjektive und emotionale Ursachen und Folgen der Straftat zu artikulieren und eine ihren Bedürfnissen und Erwartungen gemäße Lösung zu finden. Die aktive Auseinandersetzung des Täters mit seiner Tat und deren Folgen für das Opfer soll ihn nachhaltig beeindrucken und insoweit Normen verdeutlichend wirken. Er muss soziale Verantwortung übernehmen, in dem er sich den physischen und emotionalen Verletzungen des Geschädigten stellt. In Fällen, in denen es um finanzielle Wiedergutmachung geht, sollen Zivilprozesse vermieden werden. Das Verfahren kann sich über mehrere Sitzungen erstrecken und bis zu drei Monaten dauern. Ausblick Die Maßnahme, die einen Zeitraum von 3 Monaten umfasst, ist für straffällige junge Menschen vorgesehen, die oft durch Arbeitsämter und Jobcenter nicht gefördert werden können. Neben einer beruflichen Orientierung, dem Training von Arbeitstugenden sowie dem Erwerb von beruflichen Basiskenntnissen im Werkstatteinsatz, einem sozialen Kompetenz- und Bewerbungstraining erfolgt eine Abklärung und Vermittlung in weiterführende Maßnahmen. Sozialtraining für Haschischmissbraucher – Kiff im Griff Für Jugendliche und Heranwachsende, die Straftaten häufig im Zusammenhang mit Cannabisprodukten verübt haben und es ablehnen, Drogenberatungsstellen aufzusuchen. Sie sollen durch gezieltes Training lernen entweder abstinent zu werden oder eine Konsumreduktion zu erreichen und für sie problematische Situationen frühzeitig einschätzen zu können. Das Training besteht aus insgesamt 9 verpflichtenden Terminen. Sexualpädagogischer Trainingskurs Der 3-monatige Kurs richtet sich an männliche Jugendliche und Heranwachsende die es nicht gelernt haben, angemessene Grenzen im zwischenmenschlichen Kontakt zu wahren und die sexuell grenzverletzend auffällig geworden sind. Berliner Büro für Diversionsvermittlung und -beratung Für jugendliche und heranwachsende Ersttäter bei Delikten oberhalb des Bagatellbereiches und Wiederholungstäter, auf die entsprechend der Berliner Diversionsrichtlinie § 45 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz (JGG) angewendet werden kann. Die Polizei schickt nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft die Jugendlichen / Heranwachsenden zu den Diversionsmittlern. Mit den Tätern wird je nach Bedarf eine der zuvor beschriebenen Maßnahmen durchgeführt und der Erfolg oder Misserfolg der Staatsanwaltschaft zurückgemeldet, die dann entscheidet, ob das Strafverfahren eingestellt oder durchgeführt wird. Seite 3 von 3 Projekt Adressaten / Inhalt (Konzeption) Neu entwickelt und 2013 eingeführt wurde ein spezielles Elterntraining . Freistoß In dem dreimonatigen Training für jugendliche und heranwachsende Probanden der Bewährungshilfe soll durch sozialpädagogisch betreute Einzeltrainings, Exkursionen und sportliche Maßnahmen die Motivation zum Einstieg in das Berufsleben gesteigert werden. – – SenBildJugWiss Anlage „ambulante Maßnahmen“ zur Schriftlichen Anfrage 17/13525 Seite 1 von 1 Aufstellung ambulanter Maßnahmen nach dem JGG ambulante Maßnahmen Beratungsgespräche / Beratungseinheit - § 10 JGG Betreuungsweisung - § 10 JGG Kompetenztrainings / Einzeltrainings - § 10 JGG Sozialkognitives Einzeltraining - § 10 JGG Vermittlung in nicht pädagogisch betreute Arbeitsleistungen / Freizeitarbeiten §§ 10, 15 JGG Pädagogisch betreute Arbeitsleistungen / Freizeitarbeiten - §§ 10, 15 JGG Soziale Trainingskurse - § 10 JGG Suchtpräventive Trainingskurse - § 10 JGG Themenspezifische Kurzzeitkurse - § 10 JGG Verkehrserziehungskurse - § 10 JGG S17-13525 S1713525 Anlage_Projekte S1713525 Anlage_ambulante_Maßnahmen