Drucksache 17 / 13 541 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann (CDU) vom 01. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. April 2014) und Antwort Legionellengefahr an der Hellersdorfer Promenade Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche genauen Prüfpflichten bestehen für Ver- mieter bezüglich ihrer Trinkwasseranlagen in Berlin? Zu 1.: Nach der bundesweit geltenden Trinkwasser- verordnung (TrinkwV 2001) sind Eigentümerinnen und Eigentümer eines Gebäudes mit Mietwohnungen, in de- nen sich Duschen befinden, die aus einer Großanlage zur Trinkwassererwärmung Warmwasser erhalten, verpflich- tet, diese Anlagen auf Legionellen untersuchen zu lassen. Darüber hinaus müssen Anlagen mit einem Inhalt von mehr als drei Litern in mindestens einer Rohrleitung zwi- schen Abgang des Trinkwassererwärmers und der Ent- nahmestelle beim Verbraucher untersucht werden. Eine Großanlage hat ein Speichervolumen von mehr als 400 Litern. Eine Untersuchung auf Legionellen ist einmal in drei Jahren durchführen zu lassen. Die erste Untersuchung musste bis zum 31.12.2013 erfolgen. Eigenheime, Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Häu- ser mit Anlagen, deren Warm-wasservolumen unterhalb der oben genannten 400 Liter liegt, fallen generell nicht unter diese Regelung. 2. In welchem Umfang sind die Berliner Vermieter diesen Prüfpflichten bis zum 31.12.2013 nachgekommen und inwieweit wurde die Erfüllung der Prüfpflicht der Vermieter im Land Berlin überwacht und kontrolliert? Zu 2.: Es gibt keine gesetzliche Regelung, die eine Anzeigepflicht der Großanlagen zur Trinkwassererwär- mung festlegt. Daher ist den für die Trinkwasser-Installa- tionen in Gebäuden zuständigen Gesundheitsämtern der Bezirke nicht bekannt, wie viele Großanlagen in ihrem Zuständigkeitsbereich vorhanden sind. Nach der TrinkwV ist es allein die Pflicht der Eigentümerinnen und Eigen- tümer einer Anlage, diese nach den allgemein anerkann- ten Regeln der Technik zu betreiben und die Untersu- chung auf Legionellen durchführen zu lassen. Den Gesundheitsämtern sind nur Untersuchungser- gebnisse zu melden, bei denen der sog. technische Maß- nahmenwert von 100 Legionellen in 100 ml Trinkwasser überschritten wird. Erst in diesen Fällen überwacht und kontrolliert das Gesundheitsamt, ob die Vermieterin oder der Vermieter seinen Verpflichtungen zur Aufklärung der Ursachen und den ggf. durchzuführenden Maßnahmen nachkommt. 3. Bei welchen Grenzwerten ist der Vermieter nach entsprechender Überprüfung in der Handlungspflicht und welche Handlungen müssen jeweils im Einzelnen erfol- gen? Zu 3.: Siehe auch Antwort zu Frage 2. Eine Über- schreitung des technischen Maßnahmenwertes ist den Gesundheitsämtern unverzüglich zu melden. Dann hat die Vermieterin oder der Vermieter selbst Unter-suchungen zur Aufklärung der Ursachen durchzuführen oder durch- führen zu lassen. Diese Untersuchungen müssen eine Ortsbesichtigung sowie eine Prüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik einschließen. Zudem ist eine Gefährdungsanalyse zu erstellen und ggf. erforderliche Maßnahmen durchzuführen. Das zuständige Gesundheitsamt des Bezirks ist über die ergriffenen Maß- nahmen zu unterrichten. Die betroffenen Verbraucherin- nen und Verbraucher sind vom Vermieter über das Er- gebnis der Gefährdungsanalyse und mögliche Einschrän- kungen der Verwendung des Trinkwassers zu informie- ren. 4. Ist dem Senat insoweit bekannt, dass im Woh- nungsbestand im Bereich der Hellersdorfer Promenade, Stendaler Straße und Jerichower Straße seit Anfang des Jahres eine erhöhte Legionellenbelastung des Trink- wassers besteht? Zu 4.: Das zuständige Gesundheitsamt des Bezirks Marzahn-Hellersdorf hat auf Nach-frage mitgeteilt, dass die Befunde entsprechend der TrinkwV Überschreitungen des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen un- verzüglich angezeigt wurden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 541 2 5. Welche Schritte wurden insoweit bislang zum Schutz der dortigen Mieter vor einer Erkrankung an Legi- onellen ergriffen? Zu 5.: Folgende Maßnahmen wurden bisher durchge- führt:  Gemäß § 16 Abs.7 Nr. 3 der TrinkwV wurden die Mieterinnen und Mieter am 06.01.2014 mit einem Aushang über die Befunde informiert.  Am 10.01.2014 wurden in den Wohnungen der Mieterinnen und Mieter mit extrem hoher Kontamination Sterilfilter an den Duschen installiert. Bei fünf Mietpar- teien war die Ausstattung mit Sterilfiltern bisher nicht möglich, da diese bis zum 04.04.2014 dafür nicht erreich- bar waren.  Als weitere Erstmaßnahme sollte eine thermische Behandlung der Trinkwasser-Hausinstallation erfol- gen. Diese, sowie die alternativ geprüfte chemische Des- infektion, musste aufgrund technischer Gegebenheiten abgesagt werden. Die Trinkwasserleitungen bestehen aus Glas mit Kunststoffverbindungen. Eine thermische Desin- fektion mit mindestens 70°C oder eine chemische Desin- fektion birgt eine erhebliche Gefahr von Schäden u. a. mit der Folge von Leckagen. Die Mieterinnen und Mieter wurden unverzüglich am 11.02.2014 per Aushang darüber informiert. In diesem Aushang wurden sie u. a. dazu auf- gefordert, mehrmals täglich die vorhandenen Trinkwas- ser-Entnahmestellen zu spülen, um eine längere Stagna- tion des Warmwassers zu vermeiden.  Am 14.02.2014 und 15.02.2014 wurden für diese Wohnanlagen entsprechend § 16 Nr. 7 Abs. 2 TrinkwV 2001 die Gefährdungsanalysen durch einen Sachver- ständigen erstellt. Die o. g. Feststellungen zum Rohrwerk- stoff (Glas) wurden darin untermauert.  Erforderliche Umbaumaßnahmen zur Optimierung der Trinkwasser-Haus-installation erfolgen ab der 15. KW 2014.  Des Weiteren werden in den Wohnungen, in denen eine extrem hohe Kontamination ermittelt wurde, die Armaturen in Küche und Bad incl. der Schlauchverbin- dungen zum Steigstrang (Panzerschläuche) gewechselt. Die betroffenen Mieterinnen und Mieter wurden ab dem 20.02.2014 über die Termine informiert.  In Leerwohnungen werden vermehrt Spülungen durchgeführt.  Als dauerhafte und effektive Lösungsstrategie werden derzeitig geeignete grundlegende Sanierungsmaß- nahmen geprüft. 6. Welche rechtlichen Schritte (z.B. Bußgelder) wur- den bislang gegen die Vermieter eingeleitet? Zu 6.: Die Einleitung rechtlicher Schritte auf Grund der Nichterfüllung besonderer Anzeige und Handlungs- pflichten der Unternehmerinnen und Unternehmer oder sonstigen Inhaberinnen und Inhaber einer Trinkwasser- versorgungsanlage gem. § 16 TrinkwV 2001 war bisher nicht erforderlich. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 25 Nr. 11a-d der TrinkwV lag nicht vor. 7. Welchen weiteren Handlungsbedarf sieht der Senat im konkreten Fall und auch allgemeinen, um den Schutz von Mietern vor Legionellen sicherzustellen? Zu 7.: Die Untersuchungspflicht auf Legionellen wur- de mit der ersten Änderung der TrinkwV zum November 2011 eingeführt, um den Gesundheitsschutz der Verbrau- cher-innen und Verbraucher zu verbessern. Nach den bisherigen Erfahrungen der Gesundheitsämter zeigt dies auch Wirkung, da Vermieterinnen und Vermieter die Anlagentechnik regelmäßig überprüfen müssen und den allgemein anerkannten Stand der Technik einzuhalten haben. Der Senat sieht daher derzeit keinen weiteren Hand- lungsbedarf. Berlin, den 15. April 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Apr. 2014)