Drucksache 17 / 13 555 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 02. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. April 2014) und Antwort Grundsicherung nur gegen Kopie der Krankenversicherungskarte? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchen Fällen wird im Land Berlin bei der Be- antragung von Sozial- und Transferleistungen die Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse (Kran- kenversicherungskarte ect.) durch den Leistungsträger verlangt? Zu 1.: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI in der Zeit, in der sie Arbeitslosen- geld II (ALG II) beziehen, in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungspflichtig. Um eine fehlerhafte Anmeldung bei einer unzuständigen Kranken- kasse zu vermeiden, ist von der leistungsberechtigten Person eine Mitgliedsbescheinigung oder ein ander- weitiger schriftlicher Nachweis der Krankenkasse über die bestehende oder letzte Versicherung (Mitgliedschaft oder Familienversicherung) vorzulegen. Ersatzweise kann die letzte und gültige Krankenversichertenkarte/ elektro- nische Gesundheitskarte beziehungsweise eine Kopie davon eingereicht werden. Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII ist in jedem Fall die Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse zu prüfen, da im Rahmen der Prüfung der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit auch die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu beachten ist. Sie erhöhen den sozialhilferechtlichen Bedarf oder sind vom Einkommen abzusetzen. Daher benötigt der Träger der Sozialleistungen Kenntnisse über bestehende Mitgliedschaften, die er aktenkundig zu ma- chen hat. Dazu ist wahlweise eine Mitgliedsbescheini- gung oder die Krankenversicherungskarte vorzulegen. Werden die Beiträge vom Träger der Sozialhilfe über- nommen und direkt an die Krankenkasse überwiesen, muss ihm die Krankenversicherungsnummer bekannt sein. Weiterhin benötigt der Träger der Sozialhilfe Anga- ben zum Krankenversicherungsschutz um zu prüfen, ob – falls keine Versicherung besteht – eine Anmeldung bei einer Krankenkasse im Rahmen des § 264 Abs. 2 - 7 SGB V vorgenommen werden muss. 2. Wie wird nach Prüfung mit den so erfassten Daten bei den Leistungsträgern verfahren? Zu 2.: Die zur Bearbeitung des ALG II – Anspruchs notwendigen Daten werden in der Leistungssoftware A2LL erfasst. Kopien werden bei Bedarf als leistungsbe- gründende Unterlage zur Leistungsakte genommen, um eine nachträgliche Dokumentation der Entscheidung mög- lich zu machen und Revisionssicherheit zu erlangen. Der Träger der Sozialhilfe erfasst die Mitgliedsnummern in der Fachsoftware Open ProSoz und verwendet sie im Zahlungsverkehr mit den Krankenkassen. 3. Hält der Senat es für zulässig, dass Grundsiche- rungsträger (Sozialämter, Jobcenter) Kopien der Mit- gliedsbescheinigungen der Krankenkasse (Krankenversi- cherungskarte ect.) von Antragsteller*innen anfertigen und wenn ja, warum (vgl. auch Jahresbericht 2013 des Berliner Datenschutzbeauftragten, S. 93f.)? Zu 3.: Der Senat hält diese Verfahrenspraxis beim Leistungsbezug nach dem SGB II für zulässig, da die Kenntnis dieser Daten zur Erfüllung der Aufgaben des Jobcenters gemäß § 67a SGB X erforderlich ist. Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB I sind bei der Beantra- gung von Sozialleistungen durch den Antragstellenden alle Tatsachen und Beweismittel anzugeben, die für die Leistungserbringung erheblich sind. Werden Leistungen nach dem SGB XII beantragt, ist es für die Leistungsbe- hörde unerlässlich, sich eine bestehende Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse nachweisen zu lassen, da diese Kenntnisse für die Entscheidung über die Leistung bzw. Leistungshöhe erforderlich sind. In Fällen, in denen die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge direkt an die Krankenkassen überwiesen werden oder Erstattungsan- sprüche erhoben werden, ist es notwendig, anhand der Krankenversicherungskarte die Mitgliedsnummer der versicherten Leistungsberechtigten oder des versicherten Leistungsberechtigten zu erfassen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 555 2 4. Hält der Senat es für zulässig, dass der Grundsiche- rungsträger Antragsteller*innen den Bezug von Grundsi- cherungsleistungen verweigert, wenn diese noch nicht im Besitz einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sind und wenn ja, warum? Zu 4.: Der Senat hält die Verweigerung der Zahlung von Grundsicherungsleistungen an erwerbsfähige Leis- tungsberechtigte nach dem SGB II oder von Leistungen, die nach dem SGB XII zu gewähren sind, aufgrund feh- lender Vorlage einer Gesundheitskarte für unzulässig. Berlin, den 17. April 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Apr. 2014)