Drucksache 17 / 13 602 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Simon Kowalewski und Martin Delius (PIRATEN) vom 10. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2014) und Antwort Mittagessen in Berliner Schulen II: Wie verbindlich sind die Anforderungen an eine hoch- und vollwertige Mahlzeit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. An welchen Schulen wird die Anforderung an das Speiseangebot, ethische und religiöse Aspekte, insbeson- dere bei der Verwendung von Fleisch, angemessen zu berücksichtigen (S. 16 in der Handreichung des Senats zu Neuordnung des schulisches Mittagessens) in dem Sinne nicht erfüllt, dass sich vegan ernährende Schülerinnen und Schüler nicht jeden Tag ein vollwertiges Essen bekom- men können? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) 3. Teilt der Senat die Einschätzung, dass es für Schülerinnen und Schüler unabhängig von ihrer ethischen Einstellung wichtig ist, jeden Tag eine qualitativ hoch- und vollwertige Mahlzeit essen zu können? Zu 1.und 3.: Zum 01.02.2014 wurde das Mittagessen an allen Berliner Ganztagsgrundschulen im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens neu ausgeschrieben. Unter Federführung der Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Wissenschaft wurden für diese Vergabe Mus- terausschreibungsunterlagen erarbeitet und den Bezirken zur Verfügung gestellt. Der Senat geht davon aus, dass durch das berlinweit einheitliche Ausschreibungsverfah- ren ein qualitativ hochwertiges Schulessen sichergestellt ist. Eine vegane Ernährung ist durch den ausschließlichen Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln gekennzeichnet. Auf jegliche tierische Produkte, also auch z.B. Milch, Käse oder Honig, wird verzichtet. Die Deutsche Gesell- schaft für Ernährung (DGE), auf deren Qualitätsstandards sich die Musterausschreibung bezieht, hält eine rein pflanzliche Ernährung im gesamten Kindesalter aufgrund des daraus möglich folgenden Nährstoffdefizits für nicht geeignet. Der Senat folgt dieser fachlichen Einschätzung. Die Leistungsbeschreibung der Musterausschreibung gibt vor, dass der Anbieter ethische und religiöse Aspekte, insbesondere bei der Verwendung von Fleisch, angemes- sen zu berücksichtigen hat. Die Ausschreibungsformulie- rung „Berücksichtigung ethischer Aspekte“ fordert ein, dass überhaupt ethische Aspekte Berücksichtigung finden. Daraus ist aber kein rechtlicher Anspruch des einzelnen Elternteils oder Kindes abzuleiten, dass „sein“ ethischer oder religiöser Aspekt berücksichtigt wird. Damit ist kein Werturteil verbunden, dass es sich bei „Vegan“ nicht um einen ethischen Aspekt handelt. Im Rahmen der Bereit- stellung einer Gemeinschaftsverpflegung können einfach nicht alle ethischen und religiösen Aspekte Eingang fin- den. Die „Handreichung zur Neuordnung des schulischen Mittagessens an offenen und gebundenen Ganztagsgrund- schulen sowie für Förderzentren im Land Berlin“ ist dagegen eine praktische Anleitung, insbesondere für die schulischen Mittagessensausschüsse, um einen Einblick in das Ausschreibungs- und Vergabeverfahren zu erhalten. Die Handreichung ist somit keine vergaberechtliche Be- legquelle für die Beurteilung oder das Einfordern einer vertragskonformen Leistungserbringung im Rahmen der schulischen Mittagessensverpflegung. Hierzu sind nur die bezirklichen Ausschreibungsunterlagen von Belang. Die Versorgung der Schülerinnen und Schüler mit ei- nem Schulmittagessen gehört zu den Aufgaben der Bezir- ke als Schulträger. Insofern liegen dem Senat keine Rückmeldungen über die Anzahl der Schülerinnen und Schüler vor, die den Anspruch eines veganen Schulmit- tagessens an die Bezirke stellen. 2. An welchen Schulen wird die Anforderung an das Speiseangebot, den Empfehlungen der DGE- Qualitätsstandards zu entsprechen, nicht erfüllt? (Bitte nach Bezirken aufschlüsseln.) Zu 2.: Im Grundsatz sind die DGE-Qualitätsstandards in den Musterausschreibungsunterlagen vertraglich fest- geschrieben. Die Qualitätskontrolle des schulischen Mit- tagessens obliegt den Bezirken als Schulträgern. Insofern liegen dem Senat keine diesbezüglichen Rückmeldungen vor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 602 2 4. Welche konkreten Schritte werden vom Senat und werden von den Bezirken unternommen, um Verstöße gegen die Richtlinien an das Speiseangebot abzustellen, sodass die Möglichkeit für alle Schülerinnen und Schüler besteht, jeden Tag eine qualitativ hoch- und vollwertige Mahlzeit essen zu können? Zu 4.: Die Qualitätskontrolle des schulischen Mitta- gessens obliegt den Bezirken als Schulträger. In der Regel werden die Lebensmittelauswahl und die Speisenplanung sowie die Speisenherstellung mit den Unterpunkten Zube- reitung, Warmhaltezeiten, Temperatur und Sensorik und die Getränkeversorgung kontrolliert. Die Bewertung der ernährungsphysiologischen Qualität erfolgt insbesondere durch die neu einzurichtende berlinweite Qualitätskon- trollstelle. Die Aufgabe der Vertragspflege, d.h. das Ab- mahnen von Schlechtleistungen, das Aussprechen von Vertragsstrafen oder die Vertragskündigung, liegt eben- falls in der Verantwortung des einzelnen Bezirks. 5. Sind die Anforderungen an das Speiseangebot auf der S. 16 der Handreichung verbindlich? 6. Wenn nein, inwiefern können Schulessenanbieter, bezirkliche Schulämter oder Schulen von welchen Anfor- derungen abweichen? a) Unter welchen Bedingungen ist dies möglich? b) Müssen Abweichungen begründet werden? Wenn nein, warum nicht? c) Liegen dem Senat oder den Bezirken von den Schulen unter den Fragen 1 und 2 Begründungen vor? Wenn ja, welche Begründungen werden von den Schulen angeführt? 7. Von welchen Anforderungen dürfen Schulessenanbieter , bezirkliche Schulämter oder Schulen aufgrund welcher Rechtsgrundlage nicht abweichen? Zu 5., 6. und 7.: Im Rahmen der Neuordnung des Schulmittagessens wurden grundsätzlich die Qualitäts- standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als Mindestanforderungen zugrunde gelegt. Die in der „Handreichung zur Neuordnung des schulischen Mittagessens an offenen und gebundenen Ganztagsgrundschu- len sowie für Förderzentren im Land Berlin“ aufgeführten Anforderungen an das Speiseangebot sind der Anlage 3: Leistungsbeschreibung der Musterausschreibung ent- nommen. Der Senat geht davon aus, dass die Bezirke bei der Neuausschreibung die Musterausschreibungsunterla- gen übernommen haben. Mit dem Vergabezuschlag zum 01.02.2014 gelten diese als verbindliche Vertragsgrundla- ge. Im Grundsatz sind die Bezirke für die Vertragspflege eigenverantwortlich. Dies gilt auch für mögliche Abwei- chungen von den vom Senat empfohlenen Musteraus- schreibungsunterlagen. Dem Senat liegen diesbezüglich keine Informationen vor. 8. Welche Senatsverwaltungen, welche Abteilungen und welche weiteren Stellen waren an der Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage beteiligt? 9. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen? Zu 8. und 9.: Zuständig für die Bearbeitung ist der Se- nat, vertreten durch die federführende Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berlin, den 24. April 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Apr. 2014)