Drucksache 17 / 13 605 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 10. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2014) und Antwort Ausgaben für die Kinder und Jugendarbeit in Berlin - Wertausgleich Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchem finanziellen Gesamtumfang wurden im Jahre 2013 im Rahmen des Wertausgleichs finanzielle Mittel für Angebote der Kinder- und Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII zwischen den Bezirken „umverteilt“? 2. Nach welchen Prinzipien erfolgt die „Umverteilung “ im Rahmen des Wertausgleichs für Angebote der Kinder- und Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII? 3. Welche Bezirke haben 2013 im Rahmen des Wertausgleichs Mittel abgeben müssen und welche Bezirke haben Mittel erhalten (bitte konkrete Summen bezogen auf die einzelnen Bezirke darstellen)? Zu 1., 2. und 3.: Im Bereich der sozialen Infrastruktur – zu der auch die allgemeine Kinder- und Jugendförderung zählt - werden Unterschiede in der Ausstattung und der daraus folgenden Leistungserstellung durch den pro- duktbezogenen horizontalen Finanzausgleich berücksich- tigt. Die Umsetzung erfolgt – unter Berücksichtigung sozialer Indikatoren („Sozialräumliche Entwicklungstendenz “) und Fachindikatoren durch die Ermittlung einwohnerbezogener Kennziffern und daraus abgeleiteter Planmengenansätze. Für die Produkte der allgemeinen Kinder- und Jugend- förderung stellt der produktbezogene Wertausgleich auf die Anzahl der Angebotsstunden je gewichteter junger Einwohnerin/gewichtetem jungen Einwohner (Alter 6 bis unter 21 Jahre) ab. Bezirke mit deutlich unterdurch- schnittlicher Ausstattung erhalten Zuschläge gegenüber ihren bisherigen Angebotsmengen, die durch Umvertei- lung finanziert werden. Die Wertausgleichsstrategie sieht dabei vor, dass die beiden Bezirke mit der geringsten Ausstattung (hier Charlottenburg-Wilmersdorf und Span- dau) auf das Niveau des drittletzten Bezirks (hier Neu- kölln) angehoben werden. Im Jahre 2013 belief sich dieser horizontale Finanz- ausgleich im Bereich der allgemeinen Kinder- und Ju- gendförderung auf insgesamt 1,7 Mio. €. Die Umverteilung der Mittel bei den Produkten 78387 „Allgemeine Kinder- und Jugendförderung“ und 78401 „Allgemeine Kinder- und Jugendförderung durch freie Träger“ kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Bezirk Ist-Kennzahl "bereitgest. Std. je gewich- tetem Einwohner" tatsächlich finanzierte Kennzahl Umverteilungsvolumen in € Sp.1 Sp.1 Sp.2 Sp.3 31 Mitte 4,89 4,79 - 186.876 32 Friedrichshain-Kreuzberg. 7,27 6,97 - 371.272 33 Pankow 7,54 7,22 - 405.797 34 Charlottenburg-Wilmersdorf 2,47 3,72 1.592.283 35 Spandau 3,60 3,72 151.012 36 Steglitz-Zehlendorf 3,85 3,84 - 14.683 37 Tempelhof-Schöneberg. 3,82 3,81 - 14.014 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 605 2 38 Neukölln 3,72 3,72 - 39 Treptow-Köpenick 7,50 7,18 - 259.351 40 Marzahn-Hellersdorf 6,46 6,23 - 232.227 41 Lichtenberg 6,94 6,67 - 245.848 42 Reinickendorf 3,83 3,82 - 13.227 Berlin 4,91 4,91 0,00 Umverteilungsvolumen 1.743.295 4. In welchem finanziellen Umfang haben die „nehmenden “ Bezirke die zusätzlich erhaltenen Mittel auch tatsächlich für die Aufhebung von Ausstattungsunter- schieden bei Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit verwendet bzw. für welche anderen Zwecke ausgegeben (bitte bezirklich darstellen)? Zu 4. Die Verwendung des Ausgleichs im Rahmen der Aufstellung und Bewirtschaftung von Bezirkshaushalts- plänen obliegt den Bezirken und fällt in deren Global- summenverantwortung. Hierzu berichtet die Senatsver- waltung für Finanzen regelmäßig im Zusammenhang mit der Nachschau der Bezirkshaushaltspläne dem Abgeord- netenhaus. Bezogen auf die beiden Nehmerbezirke Char- lottenburg-Wilmersdorf und Spandau ist festzustellen, dass in Charlottenburg-Wilmersdorf die Angebotsstunden wieder steigen, während sie in Spandau zumindest annäh- rend konstant gehalten werden können. Bei der Interpreta- tion dieser Entwicklung sind die Ausführungen zu den Fragen 5., 6., 7 und 8. mit zu berücksichtigen. 5. Welche Zielstellung liegt dem „Wertausgleich“ im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII zugrunde und wie bewertet der Senat die Sinnhaf- tigkeit des Wertausgleichs, wenn es den Bezirken freige- stellt ist, ob sie die erhaltenen Mittel zur Aufhebung von Ausstattungsunterschieden verwenden oder nicht, bzw. wenn abgebende Bezirke finanziell „bestraft“ werden, weil sie in ihren Haushalten Prioritäten für die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit setzen? 6. Wie erklärt der Senat, dass nach dem gegenwärti- gen Modell des Wertausgleichs Bezirke wiederkehrend Angebote der Kinder- und Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII unterfinanzieren, weil sie sicher sein können, dass sie im Zuge des Wertausgleichs in jedem Falle und in jedem Jahr finanziell profitieren werden? Ist diese Wirkung beabsichtigt bzw. wer steuert und verhindert, dass die Ziele des Wertausgleichs unter Berufung auf die Global- summenhoheit nicht konterkariert werden? 7. Wie verhält sich der Senat zur Überlegung, die Mittel, die im Sinne eines Wert- und Nachteilsausgleichs umverteilt werden, mit einer Zweckbindung für die neh- menden Bezirke verbunden werden, um dem eigentlichen Ziel des Wertausgleichs auch tatsächlich gerecht zu wer- den? Warum ist eine solche Regelung bisher nicht erfolgt, obwohl der Senat an anderer Stelle den Bezirken z.B. durch Veranschlagungsleitlinien zwingende Vorgaben für die Mittelverwendung in ihren Haushalten macht? 8. Wie bewertet der Senat die Sinnhaftigkeit und Zu- kunftsfähigkeit des derzeitigen Modells des Wertaus- gleichs zur Herstellung von in Quantität und Qualität vergleichbaren Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII? Was gedenkt der Senat zu tun? Zu 5., 6., 7. und 8.: Der Wertausgleich wird durch Art. 85, Abs. 2, Satz 2 der Verfassung von Berlin vorgegeben: „Bei der Bemessung der Globalsummen für die Bezirkshaushaltspläne ist ein gerechter Ausgleich unter den Be- zirken vorzunehmen“. Der produktbezogene Wertausgleich soll die Bezirke dabei in die Lage versetzen, Unter- schiede in der sozialen Infrastruktur ausgleichen zu kön- nen; wo dies geschieht, bleibt der bezirklichen Eigenent- scheidung im Rahmen der Globalsummenverantwortung überlassen. Vom konzeptionellen Ansatz her ist es legi- tim, Wertausgleichsgewinne bei einem Produkt gegebe- nenfalls bei anderen Produkten der sozialen Infrastruktur einzusetzen. Die im Rahmen der Nachschau der Bezirks- haushaltspläne 2014/2015 (R-Nr. 1000 S) vorgelegte Auswertung zu den Ergebnissen des Kennzahlengestütz- ten Planmengenverfahrens verdeutlicht, dass es bei den einzeln betrachteten Produkten überwiegend zu den ge- wünschten Ausgleichseffekten gekommen ist. Insgesamt kann daher festgestellt werden, dass sich das System des produktbezogenen Wertausgleichs mit Hilfe kennzahlge- stützter Planmengen in seiner gegenwärtigen Ausprägung grundsätzlich bewährt hat. Dessen ungeachtet hat die Senatsverwaltung für Finanzen im Jahr 2009 den Vor- schlag unterbreitet, für die „Ausgleichsempfänger“ einen Anreiz im Verfahren zu implementieren, mit dem die tatsächliche Erhöhung der Angebotsmenge honoriert wird. Der Hauptausschuss ist diesem Vorschlag allerdings nicht gefolgt. Eine umfängliche Ausweitung der Zweck- bindung wird dagegen von der Senatsverwaltung für Fi- nanzen nicht befürwortet, da sie dem verfassungsrechtlich verbrieften Globalsummenprinzip entgegensteht. Berlin, den 28. April 2014 In Vertretung ........................................ Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Apr. 2014)