Drucksache 17 / 13 608 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Möller (LINKE) vom 10. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2014) und Antwort Neue EU-Förderperiode: Chance für Entbürokratisierung? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viel Verwaltungsaufwand steckt nach Kenntnis des Senats in jedem einzelnen Euro EU- Fördergeld und wie hat sich dieser Verwaltungsanteil in den letzten Jahren verändert? Kann der Senat bestätigen, dass der Verwaltungsaufwand für die EU-Fördermittel in der auslaufenden EU-Förderperiode gewachsen ist und wenn ja, wie begründet das der Senat? Zu 1.: Die Frage nach den Verwaltungskosten kann pauschal nicht beantwortet werden. Der Aufwand ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, z.B. der Bearbei- tungstiefe innerhalb von Verwaltungen (oder deren Exter- nalisierung); bei den Begünstigten von interner Organisa- tion und/oder Vertrautheit in der Handhabung von EU- Förderprogrammen. Wesentlich ist auch die Ausgestal- tung und damit verbundene größere oder geringere Kom- plexität einzelner Förderprogramme, zudem die Kontinui- täten oder Diskontinuität ihrer Umsetzung. Der Verwal- tungsaufwand ist in der Förderperiode 2007 – 2013/15 tatsächlich deutlich gewachsen, ursächlich dafür sind vor allem intensivierte Prüf- und Kontrollaufgaben, die sei- tens der Europäischen Union (EU) vorgegeben wurden. 2. Welche Veränderungen sind im Rahmen der neuen EU-Förderperiode zur Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung der Antragstellung, Verwaltung und Abrechnung von EU-Fördermitteln vorgesehen? Zu 2.: Für den Europäischen Sozialfonds (ESF) ist ei- ne Zentralisierung der derzeit heterogenen Umsetzungs- struktur geplant. Zudem sollen in möglichst großem Um- fang Pauschalen genutzt werden. Auch die neuen Vorgaben zum elektronischen Infor- mationsaustausch mit den Begünstigten auf Grundlage von Art. 122 Abs. 3 Verordnung (EU) 1303/2013 (Schlagwort „eCohesion“) sollen die Projektabwicklung einfacher und effizienter gestalten. Besonderer Fokus wird dabei auf die elektronische Kommunikation mit den Begünstigten gelegt. Hierüber sollen sowohl zeitliche als auch finanzielle Vorteile für alle Beteiligten entstehen und zugleich die Verwaltung und Abrechnung von EU- Fördermitteln vereinfacht werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit dies in der Förderpraxis die gewünschten Ef- fekte realisiert. 3. Inwieweit wird es Veränderungen beim Umgang mit den Fördergeldern durch die einzelnen Senatsfach- verwaltungen geben? Was soll künftig durch wen zentral bzw. außerhalb der Hauptverwaltung geregelt werden, wie wird Fachverantwortung der Ressorts in Zukunft berücksichtigt und inwieweit werden private Dienstleister einbezogen werden? Wer entscheidet darüber nach wel- chen Kriterien?? Zu 3.: Für den ESF ist eine externalisierte und zentra- lisierte Umsetzung geplant, die das Antrags- und Zuwen- dungsverfahren beinhaltet, zudem Beratung sowie Prü- fungen und Kontrollen. Die fachliche Aufsicht soll unver- ändert den Fachressorts obliegen. Die Vergabe eines entsprechenden Auftrags an einen privaten Dienstleister erfolgt nach Durchführung einer europaweiten Ausschrei- bung, die unter Beteiligung der Fachressorts realisiert wird. Für den Europäischen Fonds für regionale Entwick- lung (EFRE) haben sich die Umsetzungssysteme bewährt und sollen grundsätzlich so fortgeführt werden. Aller- dings gibt es Überlegungen, Aufgaben der Zwischenge- schalteten Stellen (ZGS) in stärkerem Maße der Investiti- onsbank Berlin (IBB) zu übertragen, wobei Zuständigkei- ten, die im Zusammenhang mit der Fachpolitik stehen, grundsätzlich bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung verbleiben (Richtlinienkom- petenz/ Richtlinienerstellung und –auslegung, operationelle Umsetzung der Richtlinien, sofern förderpolitische Aspekte betroffen sind, operationelle Programmierung; OP-Änderungsverfahren (OP: Operationelles Programm), Evaluationen in Bezug auf die Effektivität u. a.). Diese Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 608 2 4. Durch wen werden Verwaltungen und Träger von EU-geförderten Maßnahmen/Projekten auf Verände- rungen bei der Antragstellung, Verwaltung und Abrech- nung der EU-Fördermittel vorbereitet? Welche Veranstal- tungen o. ä. sind von wem vorgesehen, wie und von wem wird auf diese aufmerksam gemacht und ist gesichert, dass diese allgemein und kostenfrei zugänglich sind? Wer trägt die Kosten für mögliche Teilnahmebeiträge? Zu 4.: Bevor eine neue Umsetzungsstruktur und Ver- fahrensänderungen etabliert werden, wird dazu mit allen dafür geeigneten Medien umfassend und für die potenzi- ellen Begünstigten kostenfrei informiert werden. 5. Welche Spielräume hat und nutzt der Senat, um die Vorgänge um Antragstellung, Verwaltung und Ab- rechnung von EU-Fördermitteln eigenständig auszugestal- ten und dabei auf eine möglichst einfache und unbürokra- tische Handhabung zu achten? Zu 5.: Die Rahmenbedingungen der Umsetzung von EU-Fördermitteln sind durch die einschlägigen Verord- nungen sowie diesbezügliche und verbindliche Interpreta- tionen der Europäischen Kommission vorgegeben. Diesen Vorgaben und Erwartungen muss jede Umsetzung gerecht werden. Die daraus resultierenden Verfahrensaufwände werden beträchtlich bleiben, der Senat wird es vermeiden, sie durch weitere, nicht obligatorische Aufwände noch zu erhöhen. 6. Wie erklärt der Senat, dass die Bundesländer bisher jeweils differenzierte Regelungen im bürokrati- schen Umgang mit den EU-Fördergeldern pflegten und wie wirkt der Senat darauf hin, dass die Bundesländer ihr Verwaltungshandeln im Umgang mit den EU- Fördergeldern in der neuen EU-Förderperiode aufeinan- der abstimmen, um gemeinsam so unbürokratisch wie möglich und so korrekt wie nötig zu agieren? Zu 6.: Sowohl die Inhalte als auch die Umsetzungs- strukturen und -verfahren sind sehr stark länderspezifisch (eben dies begründet ja auch die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit ländereigener Operationeller Programme), sie reflektieren das Föderalismusprinzip, unterschiedliche regionale Prioritäten sowie administrative Strukturen. Abstimmungen zwischen den Ländern (und im Fall des ESF mit dem Bund) erfolgen intensiv, insbesondere zur Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses europäi- scher Vorgaben sowie ggf. eines gleichgerichteten Han- delns. 7. Wie bewertet der Senat Äußerungen von Trägern EU-finanzierter Programme/Projekte/ Maßnahmen, dass seit Jahren der bürokratische Aufwand bei der Verwal- tung der EU-Mittel anwachse und was tut der Senat, um den Aufwand aufs Nötigste zu beschränken, die Träger zu beraten und zu unterstützen, um unnötige Kosten und zeitlichen Aufwand zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass die EU-Fördergelder ihren eigentlichen Zwecken zugutekommen? Zu 7.: Wie in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, teilt der Senat die Einschätzung eines wachsenden Verwal- tungsaufwands. Verfahrensregelungen werden schon deshalb nur in dem Umfang und nur so differenziert be- stimmt, wie sie für eine ordnungsgemäße Umsetzung erforderlich und unvermeidbar sind. Die verschiedenen an der Umsetzung beteiligten Institutionen in- und außerhalb der Verwaltung erbringen Beratungsleistungen, im Fall des ESF wird Beratung Teil des Auftrags der zu schaffen- den, zentralisierten Umsetzungsstruktur sein. Berlin, den 16. April 2014 In Vertretung Henner B u n d e .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Apr. 2014)