Drucksache 17 / 13 624 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 11. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. April 2014) und Antwort § 55a SchulG = Kitapflicht? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist eine Kitapflicht bundesrechtlich zulässig? Wie begründet sich diese? 2. Ist eine Kitapflicht landesrechtlich zulässig? Wie begründet sich diese? Zu 1. und 2.: Nach Einschätzung des Senats wäre die Einführung einer allgemeinen Kitapflicht (sowohl durch Bundesgesetz als auch durch Landesgesetz) nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. Sie würde einen unzulässi- gen Eingriff in das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG darstellen (vgl. auch Gutachten der Friedrich-Ebert- Stiftung „Prüfung der Verbindlichkeit frühkindlicher staatlicher Förderung…“, 2006). 3. Kann eine Kitapflicht rechtlich nur umgesetzt wer- den, wenn sie als früher beginnende Schulpflicht gestaltet wird? Zu 3.: Aus den o.g. Gründen ist die Einführung einer Kitapflicht rechtswidrig. Die Überschrift der Anfrage nimmt lediglich Bezug auf § 55a Schulgesetz (SchulG), der allerdings nur die Aufnahme in die Grundschule re- gelt. Sollte die Anfrage auf die vorschulische Sprachför- derung nach § 55 SchulG abzielen, ist festzustellen, dass es sich bei der Pflicht zur Teilnahme an der vorschuli- schen Sprachförderung nach § 55 SchulG nicht um eine „Kitapflicht“ handelt. Vielmehr sollen Kinder mit festgestelltem Sprachförderbedarf, die keine Tageseinrichtung der Jugendhilfe besuchen, Sprachförderung in schuli- schem Auftrag und unter schulischer Aufsicht erhalten. Diese Förderung erfolgt zwar in Kindertageseinrichtun- gen, damit wird aber keine allgemeine Kitapflicht einge- führt, sondern Kinder mit Sprachförderbedarf sind vor Beginn der allgemeinen Schulpflicht zur Teilnahme an einer vorschulischen Sprachförderung auf Grundlage des Schulgesetzes verpflichtet. 4. Ist es so, dass eine Pflicht zum Besuch nur für sol- che Einrichtungen begründet werden darf, die wesensge- mäß der Schule selbst zuzurechnen sind? Zu 4.: Auch hier ist davon auszugehen, dass es um ei- ne Nachfrage zu § 55 SchulG geht, da der in der Über- schrift erwähnte § 55a SchulG die Aufnahme in die Grundschule regelt. Bei der vorschulischen Sprachförderung nach § 55 SchulG handelt es sich um eine im Schulgesetz verankerte schulische Maßnahme. Der Einordnung der Sprachförde- rung als schulische Maßnahme steht nicht entgegen, dass diese Förderung in Kindertageseinrichtungen stattfindet. 5. Handelt es sich bei der Einrichtung, in der die vor- gezogene Schulpflicht umgesetzt werden soll, dann um eine Schule oder um eine Kindertagesstätte? Zu 5.: Vorschulische Sprachförderung kann auch in Gebäuden von Kindertagesstätten durchgeführt werden. Dadurch werden diese Gebäude nicht zu einer Schule im Sinne des § 6 Abs. 1 SchulG, auch wenn dort unter Auf- sicht der Schulverwaltung Sprachförderung stattfindet. 6. Wie viele zusätzliche Plätze würden bei einer (Kita- )Pflicht benötigt werden? 7. Kann der Senat garantieren, dass überall wohnort- nahe Kitaplätze zur Verfügung stehen für Kinder, die nach der neuen Regelung kitapflichtig werden? 8. Sind längere Fahrtwege als bei dem Weg zur Grundschule zumutbar? Welche Regelungen gelten hier? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 624 2 Zu 6., 7. und 8.: Da die Einführung einer Kitapflicht aus Sicht des Senats unzulässig ist, erübrigen sich solche Prognosen. Soweit die Fragen auf die Ausweitung der vorschulischen Sprachförderung von 12 auf 18 Monate abzielen und einer damit verbundenen höheren Inan- spruchnahme von Kindertagesbetreuung, geht der Senat davon aus, dass ausreichend Kitaplätze für diese Kinder zur Verfügung gestellt werden. Es ist nicht davon auszu- gehen, dass längere Fahrtwege bei Teilnahme an der vor- schulischen Sprachförderung erforderlich sind. Die vorschulische Sprachförderung wird wohnortnah durchgeführt. Dies ist durch die mit den Trägern der Ein- richtungen der Jugendhilfe geschlossene “Rahmenvereinbarung zur Durchführung der vorschulischen Sprachför- derung für Kinder, die keine Einrichtung der Jugendhilfe besuchen“, abgesichert. Die Vertragspartner sind sich einig, die Rahmenvereinbarung in gemeinsamer Abstim- mung den geänderten gesetzlichen Regelungen anzupas- sen. Auch § 6 Absatz 2 der Grundschulverordnung sieht vor, dass die vorschulische Sprachförderung wohnortnah erfolgt. Die noch nach § 55 Absatz 5 SchulG zu erlassene Verordnung wird diesen Regelungspunkt ebenfalls auf- nehmen. Berlin, den 29. April 2014 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mai 2014)