Drucksache 17 / 13 677 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 14. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. April 2014) und Antwort Hygienesituation für Obdachlose am Bahnhof Zoo verbessern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum setzt sich der Senat gegenüber dem Bezirk nicht für einen Hygienecontainer am Bahnhof Zoo ein? 2. Warum finanziert der Senat, anders als der Haupt- ausschuss beschlossen hat, nicht die Errichtung eines Hygienecontainer am Bahnhof Zoo? Was ist mit den beschlossenen Mitteln stattdessen finanziert worden? 3. Teilt der Senat die Einschätzung des Bezirks, dass die Deutsche Bahn am Bahnhof Zoo mit eigenen Mitteln einen Hygienecontainer im Rahmen der Sanierung des Bahnhof Zoo finanzieren wird? 4. Was unternimmt der Senat um den Bezirk in diesem Bemühen gegenüber der Deutschen Bahn zu unterstützen? 5. Teilt der Senat die grundsätzliche Einschätzung, dass am Bahnhof Zoo ein Hygienecontainer für Obdach- lose errichtet werden sollte, um die Situation der Obdach- losen zu verbessern? Zu 1. bis 5.: Der Berliner Senat teilt die Einschätzung, dass der Hygienecontainer als komplementäres Angebot z. B. für mehrere Zielgruppen, für die Jugendhilfe und/oder die Wohnungslosenhilfe eine sinnvolle und notwendige Ergänzung darstellt. Der Berliner Senat bedauert deswegen außeror- dentlich, dass der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sein Engagement beim Betrieb des Hygienecontainers mit WC ab dem Haushaltsjahr 2012 nicht fortsetzen konnte. Der Berliner Senat unterstützt den Bezirk politisch bei seinen Bemühungen zur Lösung dieser bezirklichen Auf- gabe. Wie in der Antwort zur Schriftlichen Anfrage 17/13408 näher ausgeführt, hat der Ausschuss für Ge- sundheit und Soziales in seiner Stellungnahme vom 16. September 2013 empfohlen, die Mittel für das Integrierte Gesundheitsprogramm (IGP) um 100.000,- € zu erhöhen, um ein mobiles Drogenkonsumangebot des Trägers Fix- punkt e. V. und einen Hygienecontainer der Bahnhofs- mission am Bahnhof Zoologischer Garten zu finanzieren. Eine bedarfsgerechte Erweiterung der Standzeiten des Drogenkonsum-Mobils am Stuttgarter Platz und die Er- richtung sowie der Betrieb eines Hygienecontainers - wo auch immer angesiedelt - ist aus den zur Verfügung ste- henden Mitteln nicht zu finanzieren. Nach Kenntnis des Berliner Senats auch beim Bezirk- samt Charlottenburg-Wilmersdorf liegt weder ein Antrag bzw. noch eine Konzeption eines Trägers zum Betrieb eines Hygienecontainers vor. Da seit 2012 kein Hygienecontainer mehr am Bahnhof Zoologischer Garten existiert, bestehen dafür aktuell auch keine Handlungsoptionen mehr. Daher werden in Abstimmung mit dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf im Jahr 2014 die gesamten Mittel zur Erweiterung der Standzeiten des Drogenkon- sum-Mobils des Trägers Fixpunkt e. V. am Stuttgarter Platz genutzt, um dem gestiegenem Bedarf an diesem Standort besser gerecht zu werden. Außerdem werden die benötigten infektionspräventiven Hygieneutensilien be- schafft. 6. Welche anderen Möglichkeiten sieht der Senat eine die Situation der Obdachlosen am Bahnhof Zoo zu ver- bessern? Zu 6.: Der Berliner Senat hat in Kooperation mit den Bezirken in über 30 Jahren ein ausdifferenziertes Hilfe- system für wohnungslose Menschen aufgebaut und stän- dig weiterentwickelt, das auch im bundesweiten Ver- gleich bespielhaft ist. Dieses besteht vor allem aus materiellen und personel- len Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Teilsegment ist ein vielfältiges, zuwen- dungsgefördertes niedrigschwelliges gesamtstädtisches Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 677 2 und bezirkliches Angebot von Projekten. Diese bieten in unterschiedlicher konzeptioneller Schwerpunktsetzung Beratungs- und Versorgungsleistungen zur Re-/Inte- gration der Menschen ins Regelsystem. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales hat die gesamtstädtischen Projekte der Wohnungslosenhilfe im Integrierten Sozialprogramm (ISP) zusammengefasst. Das sind Projekte für Beratungsstellen, Straßensozialar- beit, Notübernachtungen, ambulante medizinische Ver- sorgung und Bahnhofsdienste. Am Bahnhof Zoologischer Garten arbeiten zwei Projekte: das Projekt Straßensozial- arbeit vom Träger Gangway e. V. und der Bahnhofsdienst vom Träger Berliner Stadtmission Soziale Dienste gGmbH. Beide haben mehr die vorrangige Aufgabe, hilfesu- chende Menschen schnell und unbürokratisch über weiter- führende Hilfen/Hilfeeinrichtungen zu informieren und sie auf Wunsch dorthin zu vermitteln. Die Bezirke fördern in diesem Kontext u. a. Woh- nungslosentagesstätten. Diese bieten im Rahmen der Primärversorgung auch umfangreiche Hygieneleistungen an. So befinden sich in einem fußläufigen Radius um den Bahnhof Zoologischer Garten herum fünf niedrigschwel- lige Einrichtungen und Dienste der Wohnungslosenhilfe, so die gesamtstädtische Notübernachtung Franklinstr. 27, in Berlin-Charlottenburg sowie vier bezirkliche Woh- nungslosentagesstätten (zwei in Charlottenburg-Wilmers- dorf, eine in Mitte und eine in Tempelhof-Schöneberg). Diese sind räumlich und personell darauf eingerichtet, weitergehende Beratungsleistungen und Versorgungsleis- tungen (Hygiene-leistungen Körperhygiene, Wäschehygi- ene) zu erbringen. Es ist eine bewusste fachpolitische Entscheidung, kei- ne intensiveren Beratungsangebote in der unmittelbaren Umgebung des Bahnhofs Zoologischer Garten anzu- siedeln sondern dezentral vom sozialen Brennpunkt zu organisieren. Dieser konzeptionelle Ansatz im mehrstufi- gen Berliner Hilfesystem hat sich auch aus heutiger Sicht bewährt und wird in diesem Sinn fortentwickelt. In der Versorgungskette bleibt lediglich der seit 2012 weggefallene WC-Hygienecontainer zu beklagen. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales befindet sich auch zu dieser Fachfrage im Diskurs mit den zustän- digen Fachleuten. Berlin, den 07. Mai 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2014)