Drucksache 17 / 13 681 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 24. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. April 2014) und Antwort Wie viel Müll fällt bei Berlins Großveranstaltungen an? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Anhand welcher Kriterien definiert der Senat Großveranstaltungen? Frage 2: In Bezug auf Größe welche weiteren Katego- rien von Veranstaltungen definiert der Senat? Frage 3: Wie viele Großveranstaltungen finden pro Jahr in Berlin statt (Bitte listen Sie die Veranstaltungen für die letzten 10 Jahre mit Zeitpunkt, Ort und Teilneh- merzahl auf)? Frage 4: Wie viele eigene Großveranstaltungen führt der Senat pro Jahr in Berlin durch? Antwort zu 1, 2, 3 und 4: Der Begriff „Großveranstaltung “ ist nicht abschließend definiert. Die Definition einer Großveranstaltung kann nicht al- leine an der erwarteten Besucher-/Teilnehmerzahl fest- gemacht werden, sondern erfordert jeweils eine Einzel- fallabschätzung. Hierfür sind insbesondere folgende Kri- terien heranzuziehen: • Zahl der Besucherinnen sowie Besucher/Teilnehmerinnen sowie Teilnehmer • Relation der Besucher-/Teilnehmerzahlen zu der vorhandenen Infrastruktur • Veranstaltungsort • Infrastruktur am Veranstaltungsort • Art der Veranstaltung • zu erwartende Umwelteinflüsse. Eine vollständige Dokumentation über alle in Berlin stattfindenden Großveranstaltungen existiert nicht. Nach allgemeiner Einschätzung finden jährlich circa 150 Volks- und Straßenfeste mit 1.000 bis 20.000 Besucherinnen und Besuchern statt. Hinzu kommen bis zu 50 Veranstaltun- gen mit über 100.000 Besucherinnen und Besuchern. Darüber hinaus ist von etwa 2.000 Floh-, 5.000 Wochen-, und 500 Weihnachtsmärkten auszugehen. Des Weiteren finden eine Vielzahl von großen Sport- und kulturellen Veranstaltungen sowie eine sehr große Anzahl von klei- neren Veranstaltungen statt. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) listet für 2014 unter dem Titel „Märkte und Straßenfeste“ (Dokument Nr. 7249, http://www.ihk-berlin.de/linkableblob/bihk24/branchen/h andel/downloads/821688/.48./data/Strassenfeste-data.pdf ) mehr als 200 Veranstaltungen auf. In dem Verzeichnis sind nur solche Veranstaltungen aufgeführt, die von den Berliner Bezirksämtern als Jahr- märkte, Volksfeste oder Spezialmärkte festgesetzt worden sind. Die Angaben beruhen ausschließlich auf Daten der Berliner Bezirksämter und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Berliner Bezirksämter treten 6-mal als Veranstalter auf. Frage 5: Wie viele Tonnen Müll fielen bei Berliner Großveranstaltungen pro Jahr in den letzten 10 Jahren an (Bitte geben Sie das Gesamtmüllaufkommen und das Aufkommen der einzelnen Müllfraktionen getrennt an)? Frage 6: Wie viele Tonnen Müll fielen bei Großveran- staltungen des Berliner Senats pro Jahr in den letzten 10 Jahren an (Bitte geben Sie das Gesamtmüllaufkommen und das Aufkommen der einzelnen Müllfraktionen ge- trennt an)? Antwort zu 5 und 6: Eine Dokumentation der angefal- lenen Müllmengen von Großveranstaltung der letzten 10 Jahre liegt nicht vor, da die Abfallmengen aus diesem Herkunftsbereich nicht separat erfasst werden können. Der Senat geht aufgrund entsprechender Untersuchungen schätzungsweise von einem jährlichen Gesamtabfallauf- kommen von rund 20.000 Megagramm bei allen Veran- staltungen aus. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 681 2 Frage 7: Welche Konzepte kennt der Senat zur Um- setzung abfallarmer Großveranstaltungen? Frage 8: Wie unterstützt der Senat die Umsetzung ab- fallarmer Großveranstaltungen? Antwort zu 7 und 8: Empfehlungen zu Abfallvermei- dungsmaßnahmen bei Großveranstaltungen liegen in Berlin schon seit etlichen Jahren vor. Die Berliner Allgemeine Anweisung über die Be- schaffung umweltfreundlicher Produkte und Materialien (ALLAUm) aus dem Jahr 1987 sowie die nachfolgende Ausführungsvorschrift für umweltfreundliche Beschaf- fung und Auftragsvergabe nach der Verdingungsverord- nung für Leistungen – ausgenommen Bauleistungen – (AVUmVOL) enthielten konkrete abfallreduzierende Auflagen für die Genehmigung für Großveranstaltungen. Die für Umwelt zuständige Senatsverwaltung hat bereits 1996 einen Leitfaden zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen bei Großveranstaltungen erarbeiten lassen. In diesem Zusammenhang wurden mit Veranstaltern zahlreiche Konzepte zur Vermeidung und Verwertung entwickelt und erfolgreich umgesetzt (z.B. unterschiedli- che Mehrwegsysteme in Abhängigkeit von den jeweiligen hygienischen Gegebenheiten, Aufstellung von Wertstoff- tonen im Anbieterbereich bzw. im Publikumsbereich). Pilotprojekte fanden beispielsweise bei der Love Parade, dem Kinderfestival und der Gymnastrada statt. Die o.g. Verwaltungsvorschriften wurden durch die vom Senat beschlossene Verwaltungsvorschrift Beschaf- fung und Umwelt (VwVBU) abgelöst. Im Anhang 1 der VwVBU sind im Leistungsblatt 24 entsprechende Um- weltschutzanforderungen für Großveranstaltungen ver- bindlich vorgegeben. Frage 9: Welche Entsorgungskonzepte müssen Veran- stalterInnen von Großveranstaltungen vorweisen? Frage 10: Wie stellt der Senat sicher, dass bei Groß- veranstaltung des Senats die entsprechenden Vorgaben der Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) eingehalten werden? Frage 11: Werden die Anforderungen der Verwal- tungsvorschrift Beschaffung und Umwelt (VwVBU) auch an die Entsorgungskonzepte von VeranstalterInnen ge- stellt? Frage 12: Wie gewährleistet der Senat, dass bei Groß- veranstaltungen der anfallende Müll getrennt wird? Frage 14: Wie gewährleistet der Senat das Mehrweg- gebot bei Großveranstaltungen? Frage 15: Wie wird die Umsetzung der von den Ver- anstaltern eingereichten Entsorgungskonzepte kontrol- liert? Frage 16: Was haben diese Kontrollen ergeben? Antwort zu 9, 10, 11, 12, 14, 15 und 16: Sofern öffent- liche Einrichtungen und Unternehmen des Landes Berlin die Durchführung von Großveranstaltungen vergeben, sind die in der VwVBU enthaltenen verbindlichen Um- weltschutzmindestanforderungen für Großveranstaltungen (Leistungsblatt 24) von jeder/jedem Bieterin/Bieter zwin- gend einzuhalten. Diese Umweltschutzanforderungen regeln: Lebensmittelversorgung 1. Lebensmittel (bezogen auf den Gesamtwarenein- satz) müssen zu mind. 15 % aus biologischer Landwirt- schaft nach der Verordnung (Europäische Gemeinschaft [EG]) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/ biologische Produktion und die Kennzeich- nung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (Europäische Wirt- schaftsgemeinschaft [EWG]) Nr. 2092/91 stammen. Abfallvermeidung 1. Das Standardangebot von Lebensmitteln (z.B. Zu- cker, Milch, Marmelade, Senf usw.) wird nicht in Porti- onsverpackungen dargereicht. 2. Die Verwendung von Einweggeschirr (inkl. Ge- tränkebecher), Einwegbesteck und Einweggetränkeverpa- ckungen (mit Ausnahme von Kartonverpackungen, Schlauchbeutelverpackungen und Folien-Standbeutel) ist nicht zulässig. Bei Kunststoffmehrweggeschirr ist hoch- wertiger umweltfreundlicher Kunststoff, z. B. Polypropy- len, Polycarbonat zu verwenden. 3. Das Rücknahmesystem und die Wiederverwendung von Mehrweggeschirr / Mehrwegbesteck und Mehrweg- getränkeverpackungen (mit Ausnahme von Kartonverpa- ckungen, Schlauchbeutelverpackungen und Folien- Standbeutel) werden durch ein Pfandsystem und ein aus- reichendes Angebot der Annahmestellen sichergestellt. Verwendung von Recyclingprodukten und Abfall- verwertung 1. Es werden nur Küchenrollen und Papierhandtücher aus Altpapier genutzt. 2. Es dürfen nur ungebleichte Back-/Koch- und Heiß- filterpapiere (z. B. Kaffee- und Teefilter) eingesetzt wer- den. 3. Speiseabfälle, Altglas, Pappe, Papier und Leicht- verpackungen werden der Wertstoffsammlung zugeführt. 4. Fette und Öle werden der Wertstoffsammlung zuge- führt. Die Behörden des Landes Berlin haben Dritte auf die Einhaltung entsprechender Umweltschutzanforderungen zu verpflichten, wenn ihnen das Land Berlin landeseige- ne Flächen oder Einrichtungen für Großveranstaltungen zur Verfügung stellt (§ 23 Abs.4 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin [KrW-/AbfG Bln]). Je nach Art der Veranstaltung gibt es unterschiedliche und in der Praxis bewährte Konzeptionen zur Vermei- dung und Verwertung der Abfälle. So setzt beispielweise der Schaustellerverband Berlin e.V. seit Jahren erfolg- reich Mehrweg bei öffentlichen Großveranstaltungen ein. Untersuchungen zeigen, dass sich die Mehrkosten eines Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 681 3 Mehrweg-Trinkbehälters bereits nach sieben Nutzungen amortisieren. Grundsätzlich wird erreicht, dass durch entsprechende Vermeidungsmaßnahmen relevante Abfallverminderun- gen erzielt und durch ein nutzerabhängiges Stoffstrom- management die anfallenden Abfälle schadlos und ord- nungsgemäß verwertet werden. Hinsichtlich der Einhaltung der oben genannten Um- weltschutzanforderungen bei öffentlichen Großveranstal- tungen des Landes Berlin finden durch die zuständigen Behörden stichprobenartig Kontrollen statt. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über Ergebnisse von Kontrollen vor. Frage 13: Wie teilen sich BSR, die Dualen Systeme und weitere, etwaige Privatanbieter die Abfallentsorgung bei Großveranstaltungen auf? Antwort zu 13: Die bei Großveranstaltungen anfallen- den sortenrein erfassten Verpackungen werden über das Duale System verwertet. Die darüber hinaus anfallenden Abfälle werden sowohl über private Firmen als auch über die BSR verwertet. Berlin, den 06. Mai 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2014)