Drucksache 17 / 13 683 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 10. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. April 2014) und Antwort Hassgewalt und Homophobie in Berliner Justizvollzugsanstalten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Gewaltvorfälle, denen als Ursache Hass- gewalt und bzw. oder Homophobie zugeschrieben wer- den, gab es zwischen 2011 und 2013 in den Berliner Jus- tizvollzugsanstalten? 2. Wie werden die Vorfälle erfasst? Nach welchen Kriterien erfolgt die statistische Erhebung? Zu 1. und 2.: Übergriffe zwischen Gefangenen und von Gefangenen auf Mitarbeitende werden in Berliner Justizvollzugsanstalten wie folgt erfasst: - Körperliche Angriffe von Gefangenen auf andere Gefangene , - Vorkommnisse unter Gefangenen, die sich nach ihrem Geschehensablauf als Nötigung, Raub, räuberischer Diebstahl, Erpressung, räuberische Erpressung oder Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung darstel- len, sowie - körperliche Angriffe auf Bedienstete. Eine statistische Erhebung zu den Motiven und Ursa- chen dieser Vorkommnisse - die zu-dem nicht immer aufgeklärt und häufig vielfältiger Natur sind - existiert nicht. Allerdings werden diese Übergriffe den Strafver- folgungsbehörden angezeigt und führen zur Einleitung von Ermittlungsverfahren. Mit den beteiligten Gefange- nen werden die Vorkomm-nisse zudem durch Mitarbei- tende der Anstalten individuell aufgearbeitet. 3. Welche Maßnahmen hat die Senatsverwaltung für Justiz initiiert, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Bereich weiterzubilden und zu sensibilisieren? Zu 3.: Die Mitarbeitenden werden durch verschiedene Maßnahmen zu diesem wichtigen Thema informiert und fortgebildet. 2012 haben zwei Informations- und Sensibilisierungs- veranstaltungen für Führungskräfte der Berliner Justiz- vollzugsanstalten zu den Themen „Gleichgeschlechtliche Lebensweisen/Trans- und Intergeschlechtlichkeit“ stattgefunden . In der zweiten Hälfte des Jahres 2013 ist in Zu- sammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Arbeit, In- tegration und Frauen, Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung die Fortbildungsreihe zum The- ma „Diversity, Diversity Training und Akzeptanz von Vielfalt sowie Umgang mit Homophobie“ entwickelt und als regelmäßiges Seminar der Bildungsstätte Justizvollzug etabliert worden. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die Justizverwal- tung jährlich mit rund 15.000,00 Euro ein Projekt von Mann-O-Meter e. V. zur „Beratung und Information für inhaftierte schwule und bisexuelle Männer sowie inhaf- tierte Männer mit Missbrauchserfahrungen oder sexuellen Identitätsstörungen, Betreuung von Vollzugshelferschaf- ten“ fördert. 4. Hat es bisher eine Studie bei den Berliner Justiz- vollzugsanstalten gegeben, welche das Thema aufge- griffen hat? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? 5. Hält die Senatsverwaltung es für wichtig, dieses Thema intensiver zu beleuchten und möglicherweise eine eigene Studie in Kooperation mit einem Träger oder einer Universität zu initiieren, welche die Problemlage genauer untersucht und Hinweise für die Reduzierung solcher Taten gibt? Zu 4. und 5.: Eine solche Studie speziell für den Jus- tizvollzug ist nicht bekannt, es ist auch nicht beabsichtigt sie durchzuführen. Denn der Justizvollzug ist insoweit - wie auch bezüglich vieler anderer Umstände - ein Teil der Gesellschaft. Dort spiegeln sich alle Probleme und Facet- ten des Zusammenlebens verschiedener Menschen wie- der. Die besonderen Umstände des Justizvollzuges führen aber dazu, dass die generelle Thematik von Gewalt in Haft - gleichgültig aus welchen Gründen - ständig beo- bachtet und analysiert werden muss. Diese Aufgabe neh- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 683 2 men die Senatsverwaltungen für Justiz und Verbraucher- schutz und die Einrichtungen des Justizvollzugs sehr ernst. Deshalb sind in diesem Zusammenhang zwei Arbeits- gruppen entstanden, bestehend aus Expertinnen und Ex- perten aus verschiedenen Berliner Justizvollzugsanstalten, dem Kriminologischen Dienst und der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz, die sich 2013 und An- fang 2014 unter anderem mit dem Thema der frühen Er- kennung von Gefährdungslagen und deren Ursachen, der angemessenen Unterstützung gefährdeter Strafgefangener und der Vermeidung von Gewalt gegen gefährdete Straf- gefangene beschäftigt haben. Diese Arbeitsgruppen haben sowohl für den Erwachsenenstrafvollzug als auch für den Jugendstrafvollzug jeweils ein Maßnahmenpapier entwi- ckelt, dass in die künftige konzeptionelle und praktische Arbeit in den Anstalten einbezogen werden wird. Berlin, den 09. Mai 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mai 2014)