Drucksache 17 / 13 691 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel und Anja Schillhaneck (GRÜNE) vom 28. April 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. April 2014) und Antwort Wie ist die Entsorgung abgebrannter Brennelemente aus dem Wannsee-Reaktor (BER II) gesichert? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele abgebrannte Brennelemente entste- hen pro Jahr im Forschungsreaktor BER II, wie viel Plu- tonium entsteht hier und welche Strahlenbelastung haben sie? (Bitte um Auflistung der vergangenen 10 Jahre) Antwort zu 1: Bei unterbrechungsfreiem Betrieb fallen am BER II pro Jahr etwa 12 bis 14 abgebrannte Brenn- elemente an. Ein solches Brennelement enthält etwa 12 Gramm Plutonium. Die von einem abgebrannten Brenn- element ausgehende Strahlung hängt sehr stark von der Zeitdauer seit Beendigung der Kernreaktion in diesem Brennelement ab. Im Mittel kann man bei einem Brenn- element, das vor drei Jahren aus dem Kern entnommen wurde, von einer Aktivität von ca. 300 Terabecquerel (3.0 E14 Bq) ausgehen, was zu einer Dosisleistung von ca. 25 bis 30 Sv/h in 1 m Abstand führen würde, wenn man sich ihm ungeschützt näherte. Eine Auflistung der Daten jedes einzelnen Brennele- ments aus den letzten zehn Jahren würde den Rahmen dieser Beantwortung sprengen. Frage 2: Wie werden derzeit abgebrannte Brennele- mente des Forschungsreaktors BER II entsorgt? (Bitte um Auflistung der vergangenen 10 Jahre)) Antwort zu 2: Abgebrannte Brennelemente werden in eine Einrichtung des Departments of Energy der Verei- nigten Staaten von Amerika verbracht. Im Zeitraum seit 2004 hat es drei Abtransporte von je 33 Brennelementen gegeben, nämlich am 15.07.2004, am 29.08.2008 und am 24.07.2012. Frage 3: Werden abgebrannte Brennelemente auf dem Gelände des Helmholtz-Zentrums gelagert? Wenn ja, wo, wie viele und wie lange? Antwort zu 3: Am Ende eines ca. viermonatigen Re- aktorzyklus werden 4 bis 5 abgebrannte Brennelemente aus dem Reaktorkern entladen und in einem Abschnitt des Reaktorbeckens („Absetzbecken“) aufbewahrt, bis sie für einen Transport in das abseits vom Reaktor gelegene, unterirdische Lagerbecken („Umsetzbecken“) genügend abgeklungen sind. Sie werden dann dort aufbewahrt, bis sie auch für den Transport in die USA genügend abge- klungen sind (insgesamt mindestens 360 Tage lang), bis für einen Transport genügend viele Brennelemente zu- sammengekommen sind und bis ein Transport in Ab- stimmung mit anderen auf diese Weise entsorgenden Reaktorstationen möglich ist. Die Gesamtzahl der insge- samt vorhandenen abgebrannten Brennelemente schwankt daher. Zurzeit werden im Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) 57 abgebrannte Brennelemente aufbewahrt. Frage 4: Welche Verträge oder Übereinkünfte über ei- ne Endlagerung oder Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente aus dem Forschungsreaktor existieren derzeit, mit wem, bis wann und mit welchem Regelungs- inhalt?) Antwort zu 4: Das HZB hat derzeit die folgenden Ent- sorgungsverträge für Brennelemente: - DOE-Vertrag (Department of Energy, USA) mit einer Laufzeit bis 2016 zur Entsorgung von Brenn- elementen in die USA ohne Verpflichtung zur Rücknahme. Für alle bis zum Ende 2016 abge- brannten Elemente ist dieser Entsorgungsweg ge- plant. Die Weiterführung des Vertrages für die Elemente aus der verbleibenden Zeit des Betriebs 2017-2019 wurde vom DOE in Aussicht gestellt. - Lagervertrag mit der Fa. BZA (Brennelemente Zwischenlager Ahaus GmbH) zur Vorhaltung von Lagerplätzen für die dortige Einlagerung von Brennelementen bis zur Fertigstellung eines deut- schen Endlagers. Die Behälter zum Transport nach und zur Einlagerung in Ahaus werden zurzeit von der Fa. GNS (Gesellschaft für Nuklear-Service mbH) entwickelt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 691 2 - Brennelemente eines alten Typs wurden vor rund 20 Jahren in Großbritannien wieder aufgearbeitet (Dounreay-Verträge). Es besteht seitens der Bun- desrepublik eine Verpflichtung zur Rücknahme der Aufarbeitungsrückstände. Seit Oktober 2013 wird der geordnete Umgang mit diesen Rückständen zu- sätzlich zu den Dounreay-Verträgen durch den GRI-Kooperationsvertrag (GRI: German Research Institutes) mit 5 weiteren Forschungseinrichtungen und dem Substitution Agreement mit der NDA (National Decommissioning Authority, UK) abge- sichert. Durch diese hat das HZB sein Eigentum an bzw. seine Verantwortung für die Wiederaufarbei- tung und Rückführung von in UK gelagertem radi- oaktivem Abfall an die Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe Rückbau und Entsorgungs-GmbH (WAK GmbH) übertragen. Die WAK ist nunmehr für Auslagerung (Destorage) sowie Rückführung, Zwischenlagerung und Entsorgung verantwortlich. Das HZB hat hierfür gemäß der Kostenregelung des GRI-Kooperationsvertrages einen Kostenan- teil gemäß seines Anteils am Abfall von 1,82 % bezahlt. Der GRI-Kooperationsvertrag endet mit Erfüllung aller Leistungen aus dem Substitution Agreement, spätestens jedoch mit der Endlage- rung. Frage 5: Ist gesichert, dass a) bis zur geplanten Been- digung des Betriebs der Neutronenquelle im Jahr 2020 und b) nach der geplanten Beendigung und dann notwen- digen Rückbau des Forschungsreaktors die Brennelemen- te, abgebrannt oder auch ggfs. nicht abgebrannt, sicher entsorgt werden können, und wenn ja, wie?) Antwort zu 5: Der Forschungsreaktor unterliegt einer Genehmigung nach § 7 und daher der Pflicht aus § 9a Abs. 1b) des Atomgesetzes zum Nachweis der Entsor- gungsvorsorge. Dieser Pflicht genügen die im ersten und zweiten Spiegelstrich der Antwort zu Frage 4 genannten Vereinbarungen im Sinne der zu fordernden „ausreichenden und realistischen Planung“. Berlin, den 12. Mai 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mai 2014)