Drucksache 17 / 13 714 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) vom 05. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mai 2014) und Antwort Übersichtsaufnahmen bei Versammlungen am und um den 1. Mai 2014 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Bei welchen Versammlungen zwischen dem 26. April und dem 1. Mai 2014 wurden von der Polizei Über- sichtsaufnahmen zur Lenkung und Leitung des Polizeiein- satzes angefertigt (bitte einzeln aufschlüsseln nach Zeit, Ort, ggf. Strecke, Veranstalter, Thema, Anzahl der Teil- nehmer)? Zu 1.: Am Aufzug der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) am 26. April 2014 beteiligten sich bis zu 120 Versammlungsteilnehmerinnen und Versamm- lungsteilnehmer. Im Kooperationsgespräch zwischen der Polizei Berlin und dem Veranstalter des Aufzuges war die Strecke von der Jannowitzbrücke über die Brückenstraße, Heinrich-Heine-Straße, Prinzenstraße, Moritzplatz, Ora- nienstraße, Rudi-Dutschke-Straße, Charlottenstraße zum Endplatz Charlottenstraße/Leipziger Straße vereinbart worden. An den Gegenprotesten auf der geplanten Auf- zugsstrecke nahmen bis zu 2.700 Personen teil. Am vom Lausitzer Platz über Skalitzer Straße, Kott- busser Tor, Kottbusser Straße, Kottbusser Damm, Herr- mannplatz, Urbanstraße, Körtestraße, Südstern, Gneisen- austraße und Mehringdamm zur Wilhelmstraße führenden Aufzug „Gegen Krise, Krieg und Kapital – Widerstand, Aufstand, Revolution“ (18-Uhr-Aufzug) am 1. Mai 2014 beteiligten sich bis zu 19.000 Personen. Bei diesen Aufzügen wurden von der Polizei Über- sichtsaufnahmen zur Lenkung und Leitung des Polizeiein- satzes angefertigt. 2. Von welchen Standorten wurde gefilmt und wie viele Kameras waren hierfür jeweils im Einsatz? Zu 2.: Beim NPD-Aufzug am 26. April 2014 wurde durch die Polizei Berlin der Polizeihubschrauber von 12.45 – 13.47 Uhr wechselnd in den Bereichen Brückenstraße , Mühlendamm, Heinrich-Heine-Straße und Stralau- er Straße für die Durchführung von Übersichtsaufnahmen eingesetzt. Zum selben Anlass wurde der Polizeihub- schrauber in der Zeit von 14.18 – 15.15 Uhr im Bereich der Brückenstraße/Rungestraße für Übersichtsaufnahmen eingesetzt. Beim 18-Uhr-Aufzug am 1. Mai 2014 kamen stationä- re Kameras von 17.42 – 19.16 Uhr am Lausitzer Platz, von 19.19 – 20.05 Uhr am Herrmannplatz/Kottbusser Tor sowie von 20.37 – 21.47 Uhr Hallesches Ufer/Wilhelmstraße zum Einsatz. Der Polizeihubschrau- ber wurde von 19.16 – 21.47 Uhr entlang der angemeldeten Aufzugsstrecke eingesetzt. 3. Wie wird dabei jeweils das Vorliegen der rechtli- chen Voraussetzungen für die Anfertigung von Über- sichtsaufnahmen – die „Größe oder Unübersichtlichkeit der Versammlung oder des Aufzuges“ – begründet? Zu 3.: Die bis zu 2.700 Teilnehmerinnen und Teil- nehmer der Gegenproteste zum NPD-Aufzug am 26. April 2014 führten im Bereich der dazu angemeldeten Aufzugsstrecke weiträumig verschiedene Sitzblockaden durch. Darüber hinaus formierten sich aus den Gegenpro- testen Spontanaufzüge mit teilweise mehreren Hundert Personen, aus denen erneute Blockadeaktionen folgten. Der Versammlungsraum hatte eine nicht mehr überschau- bare Größe angenommen. Der 18-Uhr-Aufzug am 1. Mai 2014 hatte mit der Teilnahme von bis zu 19.000 Personen eine besondere Größe. Auf Grund der städtebaulichen Gegebenheiten hatte der Aufzug eine Länge von ca. 1,4 Kilometern an- genommen und war nicht mehr überschaubar. 4. Auf welche Weise wurde sichergestellt, dass die Aufnahmen offen und wahrnehmbar angefertigt werden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 714 2 Zu 4.: Die jeweilige Versammlungsleitung wurde von der Polizei Berlin über das Anfertigen von Übersichtsauf- nahmen unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Die Über- sichtsaufnahmen erfolgten von Standorten, die keinen Zweifel daran ließen, dass es sich um Übersichtsaufnah- men handelte sowie aus dem Polizeihubschrauber heraus. Die zu diesem Zweck eingesetzten Polizeidienstkräfte waren an ihrer Dienstkleidung deutlich erkennbar. 5. Wie war für die Versammlungsteilnehmer erkenn- bar, auf welcher Rechtsgrundlage bei den jeweiligen Versammlungen gefilmt wurde? Zu 5.: Es gelten die Vorschriften des Gesetzes über Aufnahmen und Aufzeichnungen von Bild und Ton bei Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzügen. Die Veröffentlichung der jeweiligen Rechtsgrundlage bei konkreten Maßnahmen ist gesetzlich nicht vorgeschrie- ben. Der Zweck der Aufnahmen war jedoch erkennbar (siehe Antwort zu 4.). Zudem sind die Übersichtsaufnah- men technisch-organisatorisch strikt von Aufzeichnungen nach anderen Rechtsgrundlagen getrennt. 6. Wann und auf welche Weise wurden die jeweili- gen Versammlungsleiter von der Polizei über die Anferti- gung von Übersichtsaufnahmen informiert (bitte einzeln angeben)? Zu 6.: Beim NPD-Aufzug am 26. April 2014 wurde die Versammlungsleitung durch eine Verbindungskraft der Polizei Berlin um 12.37 Uhr informiert. Die Versammlungsleitung des 18-Uhr-Aufzuges am 1. Mai 2014 wurde durch eine Verbindungskraft der Polizei zu folgenden Zeiten über die Fertigung von Übersichts- aufnahmen informiert: 17.47 Uhr zur Kamera am Lausitzer Platz, 19.19 Uhr zu den Kameras am Herrmann- platz/Kottbusser Damm sowie im Polizeihubschrauber und 20.40 Uhr zur Kamera Hallesches Ufer/Wilhelmstraße. 7. Wann und auf welche Weise wurden die jeweili- gen Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer von der Polizei über die Anfertigung von Übersichtsaufnah- men informiert? Zu 7.: Die Information von Versammlungsteilnehme- rinnen und Versammlungsteilnehmern durch die Polizei Berlin ist gesetzlich nicht gefordert und obliegt grundsätz- lich der Versammlungsleitung. 8. Wie wurde dabei technisch und organisatorisch si- chergestellt, dass keine Beobachtung einzelner Personen durch Heranzoomen – weder vor noch nach der Übertragung in die Einsatzleitstelle – stattfindet? Zu 8.: Das Anfertigen von Übersichtsaufnahmen er- folgte innerhalb der gesetzlichen Vorgaben, auch durch das Beachten des Aufzeichnungs- und Identifizierungs- verbots. 9. Wie wurde dabei technisch und organisatorisch si- chergestellt, dass keine Aufzeichnung von Bildern statt- findet? Zu 9.: Siehe Antwort zu Frage 8. 10. Haben Einsatzkräfte, die bei den in 1. genannten Versammlungen Übersichtsaufnahmen angefertigt haben, auch Aufnahmen nach anderen Rechtsgrundlagen ange- fertigt? Zu 10.: Nein. 11. Wurden die Kameras, die für die Übersichtsauf- nahmen verwendet wurden, auch für Aufnahmen nach anderen Rechtsgrundlagen verwendet? Zu 11.: Nein. 12. Welche Auflösung hatten die angefertigten Bild- aufnahmen? Zu 12.: Die Übertragung der Übersichtsaufnahmen er- folgte in 752 x 582 Bildpunkten. 13. Wie erfolgte die Übertragung der Daten in die Ein- satzleitstelle? Zu 13.: Die Daten werden per Funk im Frequenzbe- reich für Behörden und Organisationen mit Sicherheits- aufgaben grundsätzlich mit einer Kryptierung nach Ad- vanced Encryption Standard (AES) 128 übertragen. 14. Welche Verschlüsselungstechnik wurde bei der Datenübertragung eingesetzt und auf welche sonstige Weise wurden die Daten bei der Übertragung und danach vor dem Zugriff von Dritten geschützt? Zu 14.: Siehe Antwort zu Frage 13. Berlin, den 17. Mai 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2014)