Drucksache 17 / 13 722 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf (PIRATEN) vom 06. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2014) und Antwort Wie gedenkt der Senat, die Familienhebammen in Berlin zu unterstützen? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Überschrift und Fragestellungen der Schriftlichen Anfrage gehen in unterschiedliche Richtungen. Um Missverständnisse zu vermeiden, wird deshalb vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Tätigkeiten einer Familienhebamme nicht mit denen einer examinierten Hebamme deckungsgleich sind. Die Berufstätigkeit der examinierten Hebamme wird durch das Hebammengesetz sowie durch die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung geregelt. Für die Berufsausübung der Hebamme gelten neben landesrechtlichen Bestimmungen (Berufsordnung für Hebammen, die die Rechte und Pflichten der Hebammen regelt) das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch der Gesetzlichen Kranken-versicherung (SGB V), insbesondere § 134a SGB V, der die Vergütung von Hebammenleistungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die selbständig tätigen Hebammen regelt. Laut geltendem Hebammengesetz sind Hebammen befugt, schwangere Frauen zu beraten und zu betreuen, die normale Geburt eigenverantwortlich zu leiten (vorbehaltene Tätigkeit) sowie den Wochenbettverlauf und die Neugeborenenperiode zu überwachen. Berliner Familienhebammen sind examinierte Hebammen mit einer Zusatzqualifikation im Umfang von 400 Stunden. Die Arbeit der Familienhebamme ist ein zeitlich und fachlich erweitertes Tätigkeitsspektrum der originären Hebammentätigkeit. Der Schwerpunkt in der Arbeit der Familienhebamme bildet die physische und psychosoziale Beratung, Betreuung und Begleitung von Schwangeren, Müttern und Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf durch aufsuchende Tätigkeit und interdisziplinäre Zusammen-arbeit mit anderen Institutionen und Berufsgruppen bis zu einem Jahr nach der Geburt des Kindes. Alle Fragestellungen der Schriftlichen Anfrage richten sich auf die Tätigkeit von examinierten Hebammen und nicht auf Familienhebammen. Obwohl die Schriftliche Anfrage teilweise Sachverhalte betrifft, die der Senat nicht allein aus eigener Kenntnis beantworten kann, ist er gleichwohl bemüht, alle Fragen umfassend zu beantworten. Folgende Fragen werden wegen des engen Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. 1. Wie gedenkt der Senat, die flächendeckende Versorgung aller Berliner Familien mit Hebammen sicherzustellen? 5. Wie gedenkt der Senat, die Arbeit von Hebammen in den Außenbezirken Berlins attraktiver zu machen? und -nachsorge in Anspruch nehmen, die nicht medizinisch von einer Hebamme betreut werden? r- Zu 1., 5. und 6.: Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe ist ein wichtiges Ziel der Bundesregierung und der Länder. Dazu hat sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ausdrücklich bekannt. Dies schließt die Möglichkeit der freien Wahl des Geburtsortes ein – ob ambulant oder stationär im Krankenhaus, durch Hausgeburt, im Geburtshaus oder in einer Hebammenpraxis. Die Bundesregierung und die Länder setzen sich dafür ein, tragfähige Lösungsmöglichkeiten zu den vielschichtigen Problemlagen im Bereich der Versorgung mit Hebammenhilfe zu finden (siehe hierzu die BR- Initiative der Länder Berlin, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg und Rheinland-Pfalz zur Absicherung der Geburtshilfesituation (Drs. 95/14 vom 07.03.2014) sowie der Abschlussbericht der interministeA „ r H “ vom 29.04.2014 vom Bundesministeriums für Gesundheit [siehe Abschlussbericht]). Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 722 Der Senat begrüßt, dass im Bundesministerium für Gesundheit begleitend zur Abstimmung des o. g. Abschlussberichtetes der interministeriellen Arbeitsgruppe an einem Maßnahmenpaket gearbeitet wird, mit dem für eine Entlastung der Hebammen gesorgt werden soll. Im Kern geht es darum, einerseits kurzfristig Verbesserungen im Bereich der Vergütung herbeizuführen. Andererseits muss eine tragfähige Lösung gefunden werden, um dem laufenden Anstieg der Haftpflichtprämien entgegenzuwirken und die Situation auf dem Versicherungsmarkt zu verbessern. Ein erster wichtiger Schritt ist das Angebot der Versicherungswirtschaft, mit dem sichergestellt wird, dass der Gruppenhaftpflichtvertrag des Deutschen Hebammenverbandes e. V. bis zum Sommer 2016 weiter angeboten werden kann. Die zum 1. Juli 2014 angekündigten Prämienerhöhungen der Haftpflichtversicherung müssen zeitnah durch die Anpassung der Vergütung der Hebammen berücksichtigt werden. Entsprechende Verhandlungen hierzu werden bereits zwischen dem GKVSpitzenverband und den Hebammenverbänden geführt. Dabei ist sicherzustellen, dass auch Hebammen, die nur wenige Geburten im Jahr betreuen, durch die Prämie zur Haftpflichtversicherung nicht überlastet werden. Die Krankenkassen sollen daher als kurzfristig wirksame Maßnahme zusätzlich gesetzlich verpflichtet werden, für Geburtshilfeleistungen, bei denen typischerweise nur wenige Geburten betreut werden, über die bei Prämiensteigerungen übliche Anpassung hinaus Mittel bereitzustellen, um die Vergütung angemessen zu erhöhen. Diese Übergangsregelung wird durch einen dauerhaften Sicherstellungszuschlag für Hebammen abgelöst, die aufgrund weniger betreuter Geburten ihre Haftpflichtprämien nicht mehr im ausreichenden Maße finanzieren können. Hierfür sind seitens der Hebammen die notwendigen Qualitätsanforderungen zu erfüllen. Durch den Sicherstellungszuschlag können die betroffenen Hebammen dauerhaft entlastet werden. Dies stellt eine wichtige Voraussetzung für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammenhilfe auch in Zukunft dar. Der Bundesgesundheits-minister wird sich gegenüber dem Deutschen Bundestag dafür einsetzen, dass entsprechende Gesetzes-änderungen in noch laufende Gesetzgebungsverfahren, die demnächst in Kraft treten sollen, eingespeist werden. In Berlin wird eine außerklinische und klinische Betreuung in den unterschiedlichsten Formen angeboten (siehe Bericht über die geburtshilflich-gynäkologische Statistik in Berlin) http://www.berlin.de/sen/statistik/gessoz/gesundheit/k urzinfo.html Um die Sicherstellung einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Versorgung insbesondere sektorenübergreifend im Zusammenspiel mit der Krankenhausversorgung zu stärken, ist eine Befassung in den Gremien der Gesundheitsministerkonferenz erneut erforderlich, da die Länder in den Fragen der gesundheitlichen Versorgung zentrale Kompetenzen haben. In Verbindung mit der Beurteilung der Versorgungslage stehen insbesondere auch Aspekte der Datenbereitstellung hinsichtlich des Bedarfes und der angebotenen Leistungen und zum Thema Öffentlichkeitsarbeit zu Schwangerschaft und Mutterschaft. 2. mfang werden in den Berliner Kliniken erforderlich, falls be erungen oder gar den Wegfall einer geeigneten Berufshaftv H - immer mehr Hebaufge a) Mit welchen Mehrkosten ist in diesem Fall für die Berliner Kliniken zu rechnen? be 3. Wie gedenkt der Senat, einen versicherungskostenv s- Zu 2. und 3.: In den Berliner Geburtshäusern gab es 2011→1 139 , inem Anteil von rd. 3,2 Prozent an allen Geburten in diesem Jahr. Es wird davon ausgegangen, dass Geburten in dieser Größenordnung ohne einen Kapazitäts- und Bettenaufbau zusätzlich in Berliner Krankenhäusern erfolgen könnten. Eine Refinanzierung der durch zusätzliche Geburten entstehenden Betriebskosten der Krankenhäuser erfolgt grundsätzlich auf Grundlage der entsprechenden krankenhausentgeltrechtlichen Regelungen. Darüber hinaus sei angemerkt, dass jede Schwangere eigenständig entscheidet, ob die Vorsorgeuntersuchungen durch die Ärztin oder den Arzt oder von der Hebamme vorgenommen werden. Dabei bilden die Leistungen der Hebammenhilfe nur den Gesamtrahmen. Die Inanspruchnahme der Art der Leistungen und der Umfang vor und nach der Geburt sind für jede Versicherte unterschiedlich (siehe Anlage/Ärztinnen und Ärzte in ambulanten Einrichtungen in Berlin 2000-2013). 4. Wie gedenkt der Senat, die Arbeit der freiberufliH Zu 4.:. Der Senat nimmt die Sorgen der freiberuflich tätigen Hebammen sehr ernst, da diese einen wesentlichen und unverzichtbaren Beitrag für die medizinische Versorgung Schwangerer, junger Mütter und Familien leisten. Das Land Berlin war Mitantragsteller der Bundesratsinitiative zur Absicherung der Geburtshilfesituation (Drs. 95/14 vom 07.03.2014), welche gemeinsam mit den Ländern Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg und Rheinland-Pfalz verabschiedet wurde. Die vielschichtigen Problemlagen der freiberuflichen Hebammen können jedoch maßgeblich nur auf Bundes- Der Bundesgesetzgeber hat im SGB V keine Bedarfsplanung für eine flächendeckende Versorgung mit freiberuflich tätigen Hebammen vorgesehen, wie es für den niedergelassenen ärztlichen Bereich der Fall ist. Bei dem B H v „Z H m“ , S H bammen vermitteln kann. 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 722 ebene gelöst werden. Es wird hierzu auch auf die Antwort zu 1., 5., 6. Verwiesen 4a) Wie bewertet der Senat die Anregung von Parkvignet H B Zu 4a: Parkvignetten sind Ausnahmegenehmigungen nach § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zur Freistellung von der Parkgebührenpflicht des § 13 StVO. Diese Ausnahmegenehmigungen können auch von Hebammen bei ihrer zuständigen bezirklichen Straßenverkehrsbehörde beantragt werden. An die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen sind strenge Maßstäbe anzulegen. So muss nachgewiesen werden, dass ein dringendes Erfordernis zum Erhalt einer Ausnahmegenehmigung gegeben ist. Dies wird regelmäßig für die Parkraumbewirtschaftungszone angenommen, in der eine Hebamme ihren Praxissitz hat. Ausnahmegenehmigungen zur Freistellung von der Parkgebührenpflicht über die Parkzone am Praxissitz hinausgehend können Hebammen erhalten, wenn diese Aufgaben einen erheblichen Bestandteil der Praxistätigkeit darstellen; dazu müssen mindestens 20 Hausbesuche pro Woche durchgeführt werden. Zu genehmigen sind diejenigen Parkzonen, die sich im Umfeld der Praxis befinden und in welchem entsprechende Tätigkeiten/Parkvorgänge stattfinden. Zur Glaubhaftmachung der Angaben ist eine Bestätigung des Bundes freiberuflicher Hebammen oder Abrechnung etc. notwendig. 7. Welche Senatsverwaltungen, welche Abteilungen und welche weiteren Stellen waren an der Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage beteiligt? Zu 7: Zuständig für die Bearbeitung ist der Senat, vertreten durch die federführende Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. 8. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen? Zu 8.: Nein. Berlin, den 23. Mai 2014 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mai 2014) 3