Drucksache 17 / 13 726 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 06. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mai 2014) und Antwort ESF Mittel zur Förderung suchtkranker Menschen in der neuen EU Förderperiode Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Mittel standen in der letzten Förderperio- de für das ESF Förderinstrument 55 (Qualifizierung, Beschäftigung, Beratung von Drogenabhängigen / Sucht- mittelgefährdeten) zur Verfügung? Zu 1.: In der Förderperiode 2007-2013 standen für das Instrument des Europäischen Sozialfonds (ESF) 55 „Qualifizierung , Beschäftigung, Beratung von Drogenabhängi- gen/ Suchtmittelgefährdeten“ in der Prioritätsachse C „Verbesserung des Zugangs zu Beschäftigung“ planmäßig 7.532.174,00 € zur Verfügung. Dieser Betrag wurde in 2013 um 2.379.000,00 € erhöht. Die zusätzlichen Mittel stammen aus einem von der ESF-Verwaltungsbehörde intern einbehaltenen und neu vergebenen Minderbedarf eines anderen Instruments. Das Gesamtkontingent betrug 9.911.174,00 €. 2. Wie hoch war der tatsächliche Bedarf? Zu 2.: Die in den Interessenbekundungsverfahren ein- gereichten Anträge, die alle Ausschlusskriterien erfüllten, beliefen sich auf 11.497.504,45 € (gut 16 % über dem Gesamtkontingent). 3. Wie viele Personen wurden durch das Förderin- strument erreicht und wie viele dieser Personen konnten die Maßnahme erfolgreich abschließen? Zu 3.: In den Jahren 2008 bis 2012 (im Jahr 2007 wurde noch aus der Förderperiode 2000-2006 gefördert, für 2013 liegt der Jahresbericht noch nicht vor) wurden 8.195 Personen erreicht (pro Jahr werden neue und Be- standsklientinnen und Bestandsklienten gezählt). 85,6 % der Teilnehmenden haben die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen. 4. Wie bewertet der Senat dieses Instrument? Zu 4.: Durch dieses Instrument kann das differenzierte Verbundsystem der Drogen- und Suchthilfe um wichtige Maßnahmen ergänzt werden, die eng vernetzt mit den Suchthilfeangeboten an den unterschiedlichen Ausgangs- lagen und zielgruppenspezifischen Besonderheiten anset- zen. Maßgeblich für einen nachhaltigen Erfolg der sucht- spezifischen Angebote ist die Heranführung an Beschäfti- gung und Arbeit. Langzeitarbeitslose Suchmittelabhängi- ge können prinzipiell durch das SGB II gefördert werden. Da diese Zielgruppe neben der Suchtmittelabhängigkeit meist noch andere Vermittlungshemmnisse aufweist (vermehrt psychische Erkrankungen, gesundheitliche Einschränkungen, fehlende arbeitsrelevante Schlüsselqua- lifikationen), sind niedrigschwellige Maßnahmen zur Stabilisierung der Persönlichkeit und der Lebensverhält- nisse erforderlich. Auch nicht konsumierende (ehemals) Suchtmittelabhängige müssen durch ein besonderes För- derangebot unterstützt werden, das in dieser Form durch das SGB II kaum zur Verfügung steht. Hier deckt der ESF eine wichtige zielgruppenspezifische Förderlücke ab. 5. Wie ist die Ausschöpfungsquote der bereitgestellten Mittel in der letzten Förderperiode? Zu 5.: In der Förderperiode 2007-2013 (n+2) sind in- zwischen alle Mittel per Bescheide gebunden. Erfah- rungsgemäß ist jedoch mit sehr geringfügigen Rückzah- lungen von Minderausgaben zu rechnen. Die Ausschöp- fungsquote liegt dann bei deutlich über 99% (nahezu 100%). 6.: In welcher Form wird die Zielgruppe der suchtmit- telabhängigen Menschen aktuell über den ESF gefördert? Wie ist der Umgang der N+2 - Regelung im Umgang mit dieser Zielgruppe? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 726 2 Zu 6.: Die Schlussfolgerungen, die aus der in 2007/2008 durchgeführten Evaluation gezogen und um- gesetzt wurden, haben dazu beigetragen, dass sich die ESF-Förderung durch die Strukturierung der Förderung in zwei Förderschwerpunkte (niedrigschwellig, hochschwel- lig), eine stärkere Fokussierung von niedrigschwelligen Maßnahmen sowie die Effektivierung der Förderung und Straffung der Strukturen homogener und kohärenter dar- stellt. Im Rahmen dieser Maßnahmen werden suchtmittelge- fährdeten und -abhängigen (langzeit-) arbeitslosen Men- schen berufliche Qualifizierungs- und Beschäftigungs- angebote mit sozialpädagogischer Unterstützung unter- breitet. Durch die Teilnahme an den geförderten Projekten sollen die Möglichkeiten der Teilhabe am beruflichen Erwerbsleben für diese benachteiligte Zielgruppe verbes- sert werden. Zu den Inhalten gehören: Qualifizierung, Beschäftigung in den Bereichen Catering, Küche, Service, Büro, Metall- und Gartenbau, Produktion, Verkauf, Ver- waltung, Handwerk etc., Erwerb von fachlichen Fähigkei- ten durch den Auf- und Ausbau von Schlüsselqualifikati- onen und Kompetenzen (Erhöhung der Konzentrationsfä- higkeit, Erwerb verschiedener Lern- und Arbeitstechni- ken, Erhöhung der Kommunikations- und Konfliktfähig- keit, der Frustrationstoleranz, der Teamfähigkeit und der Kreativität). Von der n+2 Regelung kann durch die zusätzlich er- haltenen 2.379.000,00 € vom 01.01.2014 bis zum 30.09.2015 Gebrauch gemacht werden (s. Frage 1). 7. Wie wird der Senat sicherstellen, dass das Ziel der Förderung der sozialen Inklusion der Zielgruppe der suchtmittelabhängigen Menschen in der nächsten ESF Förderperiode 2014 – 2020 umgesetzt wird? Zu 7.: Im Rahmen der Erstellung des Operationellen Programms des Landes Berlin für den Europäischen Sozi- alfonds in der Förderperiode 2014 – 2020 wurde das Instrument „Qualifizierung, Beschäftigung und sozialpädagogische Unterstützung von Drogenabhängigen/Sucht- mittelgefährdeten“ angemeldet, welches in den Entwurf des Operationellen Programms aufgenommen wurde. Der Senat hat am 29.04.2014 beschlossen, den Entwurf als Grundlage für die Verhandlungen mit der Europäischen Kommission zu verwenden. 8. Wie wird eine nahtlose Anschlussfinanzierung der Projekte ab dem 01.10.2015 sichergestellt? Zu 8.: In 2015 wird ein Interessenbekundungsverfah- ren durchgeführt, auf dessen Grundlage die Projektaus- wahl stattfindet. Die verwaltungsmäßige Umsetzung erfolgt durch eine berlinweite Zentraleinrichtung, die in 2014 ausgeschrieben wird. 9. Welche Mittel aus dem ESF sollen dafür bereitge- stellt werden? Zu 9.: Nach derzeitigem Stand stehen 7.591.070,00 € für das Instrument „Qualifizierung, Beschäftigung und sozialpädagogische Unterstützung von Drogenabhängi- gen/Suchtmittelgefährdeten“ zur Verfügung (vorbehaltlich des Verhandlungsergebnisses mit der Europäischen Kommission). 10. Sieht der Senat die Zielgruppe der suchtmittelab- hängigen Menschen als Bestandteil der ressortübergrei- fenden Arbeitsgruppe zur Überwindung von Armut in Berlin, wie im Handlungsorientierten Sozialstrukturatlas angekündigt? Und was folgt daraus? Zu 10.: Eine Arbeitsgruppe erarbeitet derzeit die „Leitlinien des Senats zur Bekämpfung von Kinderarmut und Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabechancen in Berlin“. Die Aufnahme der Zielgruppe der suchtmittelabhängigen Menschen wird derzeit geprüft. Berlin, den 20. Mai 2014 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2014)