Drucksache 17 / 13 730 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ole Kreins (SPD) vom 08. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2014) und Antwort Karlshorst-Ost und Carlsgarten an den ÖPNV anschließen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhal- te, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Frage zukommen zu lassen und hat daher die BVG AöR um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend gekennzeichnet wiedergegeben. Frage 1: Wie bewertet der Senat die Erreichbarkeit der neuen Wohngebiete in Karlshorst-Ost und Am Carlsgar- ten mit Verkehrsmitteln des Öffentlichen Personennah- verkehr (ÖPNV)? Frage 2: Sieht der Senat Handlungsbedarf für eine Neustrukturierung der Buslinie 296, um die neuen Wohn- gebiete adäquat anzubinden? Wenn ja, welche Verände- rungen sind geplant? Antwort zu 1. und 2.: Die neu entstandenen bzw. ent- stehenden Wohngebiete „Am Carlsgarten" sowie am östlichen Rand des Ortsteils Karlshorst werden über den S-Bahnhof Karlshorst (S-Bahn-Linie S3) sowie die Halte- stellen der Buslinie 296 im Bereich der Zwieseler Straße und Rheinsteinstraße an den öffentlichen Personennah- verkehr (ÖPNV) angebunden. Aufgrund der räumlichen Lage dieser Wohngebiete am Randbereich der Siedlungs- flächen und der stellenweise nicht gegebenen Befahrbar- keit der umliegenden Wohngebietsstraßen für den Bus- verkehr weisen Teile der Wohngebiete größere Luftli- nienentfernungen von bis zu rund 700 bzw. 900 m bis zur nächstgelegenen Haltestelle bzw. Bahnhof auf. Die in den aktuellen Eckpunkten des Nahverkehrsplanes des Landes Berlin vorgegebenen Erschließungsstandards sehen u. a. vor, dass eine Luftlinienentfernung von der Siedlungsflä- che zur nächstgelegenen Haltestelle von maximal 400 m bei hoher Nutzungsdichte bzw. 500 m bei niedriger Nut- zungsdichte für 96 % der Einwohnerinnen und Einwohner Berlins einzuhalten ist. Dies bedeutet aber auch, dass für einen Teil der Siedlungsflächen in Berlin größere Entfer- nungen zur nächsten Haltestelle beispielsweise aufgrund der räumlichen Lage (z. B. umliegende Gewässer und Wälder, ungünstige Einbindung in die ÖPNV- Netzstruktur), straßenseitiger Einschränkungen aber auch aufgrund einer erwartbar sehr geringen Nachfrage akzep- tiert werden können. Die Einhaltung der Erschließungsstandards setzt somit auch entsprechende Siedlungs- und Verkehrsnetzstruktu- ren voraus. Investoren und Bezirke sind daher aufgefor- dert, bei der Planung und Realisierung von Gebieten die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine adäquate ÖPNV-Erschließung (u. a. Bauflächen möglichst inner- halb bestehender Einzugsbereiche des ÖPNV oder mög- lichst gute Integrierbarkeit in bestehende Netzstrukturen, Bereitstellung bustauglicher Straßenverbindungen) zu berücksichtigen. Andernfalls können die Erschließungs- standards im Einzelfall nicht oder nur unter unverhältnis- mäßig hohen Mehrkosten eingehalten werden. In den benannten Wohngebieten kann der Toleranz- wert von 500 m nur für einen Teil der Siedlungsfläche eingehalten werden. Das Wohngebiet „Am Carlsgarten“ weist im nordwestlichen Bereich der Anlage eine gute fußläufige Erreichbarkeit des S-Bahnhofs Karlshorst auf. Im südöstlichen Randbereich der Wohnanlage treten jedoch größere Entfernungen zum S-Bahnhof auf, die Erschließungsvorgaben werden hier verfehlt. Die infra- strukturellen Voraussetzungen für einen Busverkehr sind hier jedoch nicht vollständig gegeben. Zudem wäre auf- grund der isolierten räumlichen Lage des Wohngebiets zwischen Anlagen der Trabrennbahn, Bahnanlagen sowie Waldflächen für das Wohngebiet keine sinnvolle Integra- tion in die bestehende ÖPNV-Netzstruktur möglich. Eine Stichfahrt des ÖPNV in das Wohngebiet würde beträcht- liche Mehrkosten verursachen, jedoch aufgrund der ge- ringen Bebauungsdichte nur sehr gering nachgefragt wer- den. In Anbetracht der infrastrukturellen Einschränkun- gen, der räumlichen Lage des Wohngebiets, dem großen Aufwand zur vollständigen Erschließung und der erwart- baren geringen Nachfrage sieht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt somit für diesen Bereich derzeit keine Möglichkeit eine zusätzliche ÖPNV- Erschließung einzurichten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 730 2 Die geplanten Siedlungsflächen im Bereich Karls- horst-Ost werden großteils bereits durch die Buslinie 296 entsprechend der Standards erschlossen. Im Zuge der ab dem 27.4.2014 umgesetzten Mehrleistungen, die mit den vom Abgeordnetenhaus bewilligten zusätzlichen Mitteln bei der BVG bestellt wurden, wurde die Linie 296 von Montag bis Freitag vormittags und nachmittags im Ab- schnitt zwischen U-Bahnhof Tierpark und S-Bahnhof Karlshorst auf einen 10-Minuten-Takt verdichtet, um auf die zusätzliche Nachfrage der dort entstehenden neuen Wohnbebauung zu reagieren. Darüber hinaus wurde die Betriebszeit auf diesem Linienabschnitt an allen Wochen- tagen bis 23:00 Uhr ausgedehnt. Der Bebauungsschwer- punkt dieses Gebiets im Bereich der ehemaligen Kaser- nengebäude ist daher nach Einschätzung des Senats gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Bei Realisie- rung von Wohnbauvorhaben im südlichen Bereich des Gebiets bis zur Wiesengrundstraße würden jedoch teil- weise größere Luftlinienentfernungen zur nächsten Halte- stelle entstehen. Der Aufgabenträger wird daher gemein- sam mit der BVG die zukünftige Entwicklung im Wohn- gebiet vor dem Hintergrund der geplanten Neubauprojek- te weiterhin beobachten. Bei entsprechendem Bedarf werden mögliche Angebotsanpassungen geprüft. Für eine Änderung des Linienwegs müssen jedoch die infrastruktu- rellen Voraussetzungen für einen Busverkehr vorliegen. Derzeit sind diese im umliegenden Straßennetz nicht vollständig gegeben. Frage 3: Ist eine Verlängerung beziehungsweise Ver- legung der Buslinien 296 und 396 umlaufneutral möglich, um eine gute Erschließung zu gewährleisten? Wenn nein, wie viel würde der Mehraufwand im Jahr kosten? Antwort zu 3.: Die BVG teilt hierzu mit: „Eine Verlängerung bzw. Verlegung der Linien 296 und 396 ist umlaufneutral nicht möglich. Ein Mehraufwand kann derzeit nicht bestimmt werden, da wesentliche Parameter wie Streckenführung und Betriebszeit nicht bekannt sind.“ Frage 4: Wurde bei der Planung der neuen Wohnge- biete und Anlage der Straßen eine spätere Einbindung eines Linienbusses, in Bezug auf Straßenbreite und Halte- stellenanlagen, berücksichtigt? Antwort zu 4.: Die Straßen zur Erschließung der neu- en Wohngebiete gehören nicht zum übergeordneten Stra- ßennetz von Berlin. Die Zuständigkeit für diese Straßen liegt beim Bezirk Lichtenberg. Zu den Details der Pla- nung und Gestaltung dieser Straßen kann der Senat daher keine Aussage treffen. Frage 5: Werden zusätzliche Fahrradabstellplätze am S-Bahnhof Karlshorst errichtet, um dem zu erwartenden Mehrbedarf gerecht zu werden? Antwort zu 5.: Im Rahmen des Förderprogrammes zur Errichtung von Fahrradabstellanlagen an Berliner S- Bahnhöfen wurden im Jahr 2013 an den östlichen Bahn- hofszugängen in der Stolzenfelsstraße und Am Carlsgar- ten 104 überdachte Fahrradabstellplätze errichtet. Mit der im Jahr 2003 hergestellten überdachten Anlage am west- lichen Bahnhofszugang in der Stolzenfelsstraße (172 Fahrradabstellplätze) steht derzeit ein ausreichendes und attraktives Angebot zur Verfügung. Weitere erforderliche Bedarfsanpassungen an die künftigen Entwicklungen sind möglich und prüfbar. Frage 6: Welche Kriterien, die für die Mehrbestellung von Verkehren im Rahmen der wachsenden Stadt für neue Wohngebiete gelten, liegen der Konzeption des Nahver- kehrsplans zu Grunde? Antwort zu 6.: Für das ÖPNV-Angebot für neue Wohngebiete gelten die gleichen Standards des Nahver- kehrsplanes wie für bestehende Siedlungsflächen im Land Berlin. Im Hinblick auf die Mehrbestellung von Verkeh- ren im Rahmen der wachsenden Stadt sind hierbei insbe- sondere die geltenden Erschließungs- sowie Kapazitäts- standards von Relevanz. Dies gilt sowohl bei einer merk- lichen Nachverdichtung im Bestand als auch für die Aus- weisung von neuen Baugebieten. Hieraus resultiert zum einen der Bedarf für Taktverdichtungen im bestehenden Netz, um Kapazitätsengpässe zu vermeiden bzw. zu ver- ringern. Bei neuen Siedlungsflächen außerhalb des Ein- zugsbereiches des bestehenden ÖPNV-Angebotes entste- hen zudem zusätzliche Erschließungsaufgaben, hierfür sind Anpassungen der Linienführung bzw. Betriebszei- tenausweitungen bei bisherigen Ergänzungsangeboten zu prüfen. Das Ziel der bereits umgesetzten und künftig geplanten Angebotsmaßnahmen im Rahmen der wach- senden Stadt ist es, die geltenden Erschließungs- und Kapazitätsstandards auch weiterhin stadtweit einzuhalten bzw. eine Verschlechterung bei deren Erfüllung zu ver- meiden. Aufgrund der nur begrenzt verfügbaren finanziel- len Mittel gilt hierbei weiterhin der allgemeine Planungs- grundsatz, dass das ÖPNV-Angebot der vorhandenen Fahrgastnachfrage möglichst gut entsprechen sollte, so- dass die begrenzten Mittel effektiv und effizient einge- setzt werden. Dies bedeutet, dass prioritär Maßnahmen umgesetzt werden, von denen eine hohe Zahl an Fahrgäs- ten profitiert. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass – wie oben dargestellt – beispielsweise aufgrund fehlender infrastruktureller Voraussetzungen nicht jedes neue Wohnbauvorhaben entsprechend der Standards angebun- den werden kann. Aufgrund der begrenzten Mittel- und Fahrzeugverfügbarkeit können zudem nicht alle Linien und Zeiträume, zu denen Bedarf für zusätzliche Kapazitä- ten besteht, bei den zeitnahen Mehrbestellungen berück- sichtigt werden. Berlin, den 22. Mai 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2014)