Drucksache 17 / 13 734 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Marianne Burkert-Eulitz (GRÜNE) vom 06. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Mai 2014) und Antwort Flüchtlingskinder: eine vergessene Zielgruppe der Kinder- und Jugendpolitik des Berli- ner Senates? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Flüchtlingskinder zwischen 0 und 18 Jah- ren kamen 2011, 2012 und 2013 nach Berlin? Zu 1.: Die beim Landesamt für Gesundheit und Sozia- les (LAGeSo) eingesetzte Datenbank-Software für die statistische Erfassung der nach Berlin verteilten Asylbe- gehrenden weist nur minderjährige Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, als eigenständige Personengruppe aus, da alle Personen ab dem 16. Lebensjahr eine eigene Be- scheinigung über die Meldung als Asylsuchende und Asylsuchender (BÜMA) erhalten, auch wenn die betref- fende Person als Mitglied eines Familienverbands einge- reist ist. Somit kann die Frage lediglich für den Personenkreis der Asylbegehrenden im Alter bis einschließlich 15 Jahre wie folgt beantwortet werden: 2011: 625 aufgenommene Personen 2012: 1140 aufgenommene Personen 2013: 1744 aufgenommene Personen. 2. Wie viele Flüchtlingskinder (0-18 Jahre) leben der- zeit in Berlin? Zu 2.: Die Frage kann nur hinsichtlich der Personen beantwortet werden, die in Berlin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten. Aus- weislich des Gesundheits- und Sozialinformationssystems (GSI) der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales erhielten zum 31.12.2013 (letzter veröffentlichter Aus- wertungsstichtag des GSI) 5.826 Personen im Alter unter 18 Jahren diese Leistungen. 3. Wie viele dieser Kinder und Jugendlichen leben derzeit in Gemeinschaftsunterkünften? Zu 3.: Im Ergebnis einer zum Auswertungsstichtag 13.05.2014 durchgeführten Erhebung bei den vertragsge- bundenen Einrichtungen (Aufnahmeeinrichtungen, Ge- meinschafts- und Notunterkünfte) ergibt sich folgende Darstellung: Art der Einrichtung Bezirk Ortsteil Kinder und Ju- gendliche 0 bis 18 Jahre Aufnahmeeinrichtungen Spandau Siemensstadt 136 Spandau Gatow 157 Lichtenberg Lichtenberg 161 Charlottenburg-Wilmersdorf Charlottenburg 23 Gemeinschaftsunterkünfte Charlottenburg-Wilmersdorf Wilmersdorf 96 Charlottenburg-Wilmersdorf Westend 62 Charlottenburg-Wilmersdorf Westend 81 Friedrichshain-Kreuzberg Kreuzberg 23 Friedrichshain-Kreuzberg Kreuzberg 92 Friedrichshain-Kreuzberg Friedrichshain 0 Lichtenberg Alt-Hohenschönhausen 64 Marzahn-Hellersdorf Marzahn 46 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 734 2 Art der Einrichtung Bezirk Ortsteil Kinder und Ju- gendliche 0 bis 18 Jahre Mitte Moabit 33 Mitte Wedding 29 Mitte Tiergarten 49 Mitte Mitte 187 Neukölln Neukölln 100 Pankow Weißensee 49 Pankow Pankow 81 Reinickendorf Wittenau 86 Reinickendorf Reinickendorf 78 Tempelhof-Schöneberg Lankwitz 31 Tempelhof-Schöneberg Marienfelde 284 Treptow-Köpenick Köpenick 87 Treptow-Köpenick Baumschulenweg 0 Notunterkünfte Lichtenberg Fennpfuhl 64 Mitte Moabit 70 Mitte Moabit 50 Mitte Wedding 0 Marzahn-Hellersdorf Hellersdorf 60 Pankow Prenzlauer Berg 79 Reinickendorf Wittenau 190 Treptow-Köpenick Grünau 52 Spandau Spandau 59 Spandau Staaken 26 Steglitz-Zehlendorf Steglitz 24 gesamt 2.709 4. Wie viele Flüchtlingskinder (0-18 Jahre), die in Gemeinschaftsunterkünften leben, besuchen aktuell eine Kita bzw. eine Schule? Zu 4.: Die erfragten Daten werden statistisch nicht er- fasst. Es ist lediglich bekannt, wie viele Schülerinnen und Schüler sich als „Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse“ in den Schulen befinden: Demnach sind mit Stand 06.05.2014 die in Berlin eingerichteten Lerngruppen für Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse an allgemein bil- denden öffentlichen Schulen mit 2.944 Schülerinnen und Schülern belegt. 5. Welche Schritte wurden von Seiten des Senates im Rahmen des Netzwerkes Kinderschutz und innerhalb der Senatsverwaltungen unternommen, um auch für Flücht- lingskinder die Standards des Berliner Kinderschutzes zu garantieren? Zu 5.: Die Regelungen und Verfahren des Kinder- schutzes in Berlin gelten grundsätzlich auch für Flücht- lingskinder. Das betrifft das Tätigwerden der Jugendämter im Rahmen ihres gesetzlichen Wächteramtes bei Anzei- chen einer Kindeswohlgefährdung, aber auch alle anderen Angebote und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe für Flüchtlingskinder und -familien im Einzelfall. Zur Unter- stützung einer allgemeinen und vernetzten Zusammenar- beit ist eine Arbeitsgruppe beim Landesamt für Gesund- heit und Soziales (LAGeSo) mit Vertreterinnen und Ver- tretern der Jugendämter und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft eingerichtet worden. Hierbei ist auch das Verfahren in Fällen des Verdachts auf Kindeswohlgefährdung Gegenstand der Abstimmun- gen. Darüber hinaus wird derzeit ein Projekt entwickelt, das die Möglichkeiten für Flüchtlingsfamilien zur Betreu- ung und Pflege ihres Kindes während der Wartezeit im Rahmen der Erstaufnahme Asylbegehrender verbessern soll. 6. Welche Hilfen stehen konkret in den Flüchtlingsun- terkünften und in ihrem Umfeld von Seiten der Kinder- und Jugendhilfe und von Seiten des Gesundheitsbereiches zur Verfügung, wenn davon auszugehen ist, dass bis zu 50 Prozent der Kinder die in Flüchtlingsunterkünften leben, auf die Belastungen ihrer Flucht mit psychischen Auffälligkeiten reagieren? Zu 6.: Notwendige Hilfen im Rahmen der Jugendhilfe einschließlich Hilfen zur Erziehung werden auf Antrag bei festgestelltem Bedarf durch das zuständige Jugendamt gewährt. Die Art der Hilfe orientiert sich am individuellen Hilfebedarf, das schließt auch die Berücksichtigung psy- chischer Belastungen mit ein. Für die Bereit-stellung der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Achtes Buch (SGB VIII), zugeschnitten auf den Einzelfall, sind die bezirklichen Jugendämter zuständig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 734 3 7. Wie viele dieser Kinder erhalten ein psychothera- peutisches Angebot, wenn davon auszugehen ist, dass ohne Hilfe Posttraumatische Belastungsstörungen, also eine Chronifizierung des Traumas, mit allen damit ver- bundenen negativen lebenslangen Folgen, droht? Zu 7.: Die erfragten Daten werden statistisch nicht er- fasst. Insoweit wird auf die Antwort des Senats vom 06.06.2013 auf Frage 4 der Kleinen Anfrage 17/11976 vom 25.04.2013 verwiesen. Die fachgerechte Versorgung traumatisierter Kinder und Jugendlicher erfolgt im Rahmen einzelfallbezogener Hilfen auf der Grundlage des Sozialgesetzbuchs – Fünftes und Achtes Buch (SGB V bzw. SGB VIII). Berlin, den 21. Mai 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2014)