Drucksache 17 / 13 758 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 08. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2014) und Antwort Keine Homöopathie-Studiengänge an Hochschulen III Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist es aus der Sicht des Senats wissenschaftspoli- tisch vertretbar oder wünschenswert, das Ansehen Berlins als Wissenschafts- und Forschungsstandort zu gefährden oder lächerlich zu machen, indem man Bachelor- und Masterabschlüsse für das Studium von Inhalten aus dem 19. Jahrhundert vergibt, die als wissenschaftlich obsolet gelten? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 1.: Das Land Berlin genehmigt nicht die Vergabe von Abschlüssen für wissenschaftlich obsolete Inhalte. 2. Ist es aus der Sicht des Senats wissenschaftspoli- tisch vertretbar oder wünschenswert, dass Hoch-schulen und ihre Titelvergabe zur Sicherung künftiger Märkte von interessierten Lobbygruppen instrumentalisiert werden? a) Wenn ja, warum? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Nein; das ist im Fall des ursprünglich geplanten Homöopathiestudiengangs der Steinbeis-Hochschule auch nicht geschehen. 3. Gibt die geplante, inzwischen gescheiterte Einrich- tung des Studienganges “Complementary Medicine and Management, Vertiefungsrichtung Homöopathie” an der Steinbeis Hochschule dem Senat keinen Anlass, dass das Land Berlin seine liberale Zulassungspraxis gewerblicher Unternehmen als Hochschule überdenkt und Mindest- standards wie das Betreiben eigener Forschung im dem Fachgebiet, in dem Titel vergeben werden sollen, und das Vorhandensein einer kritischen und wirksamen akademi- schen Selbstverwaltung prüft und auch durchsetzt? Zu 3.: Die staatliche Anerkennung privater Hochschu- len erfolgt in allen deutschen Bundesländern weitestge- hend nach den gleichen Vorgaben; dementsprechend haben sich die Formulierungen in den Hochschulgesetzen der Länder zu den Anforderungen an private Hochschulen mittlerweile sehr aneinander angeglichen. Dazu tragen auch die deutschlandweit einheitlichen Qualitätssiche- rungsverfahren bei (Programmakkreditierung, Systemak- kreditierung, institutionelle Akkreditierung). Die genannten Punkte (Forschung in dem Bereich des Studiengangs, Mitwirkung der Angehörigen der Hoch- schule an der akademischen Selbstverwaltung) werden bei der staatlichen Anerkennung sowie in den verschiedenen Qualitätssicherungsverfahren überprüft. 4. Ist es aus der Sicht des Senats gesundheitspolitisch wünschenswert, zur Komplementärmedizin Studiengänge an Hochschulen einzurichten und so eine Akademisierung der Homöopathie voranzutreiben? a) Wenn ja, warum und auf welcher medizinischen Bedarfsgrundlage? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Ja. Die Homöopathie ist im medizinischen An- wendungsbereich fest im deutschen Gesundheitssystem verankert. 70 % der gesetzlichen Krankenkassen finanzie- ren homöopathische Behandlungen durch entsprechend ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner, es gibt ca. 7.000 homöopathische Ärztinnen und Ärzte, die in von den Landesärztekammern anerkannten homöopathischen Weiterbildungen ausgebildet wurden. Millionen von Bür- gerinnen und Bürgern vertrauen auf die Wirkungskraft der Homöopathie. Angesichts dessen ist es sehr sinnvoll, dass die Homöopathie Gegenstand akademischer For- schung und Lehre ist, in Einrichtungen, welche transpa- rent und wissenschaftsgeleitet von externen Fachleuten überprüft werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 758 2 5. Ist aus der Sicht des Senats die Gefahr eines Rück- schrittes hinter Qualitätsstandards der Evidenz-basierung und die Gefahr, durch die Akademisierung solcher Dis- ziplinen, Kranke von einer wirksamen Therapie abzuhal- ten nicht wesentlich höher zu bewerten als das Interesse gewerblicher Anbieter an akademischen Titeln? Zu 5.: Die Frage, ob Kranke durch Homöopathie wirksam therapiert werden, lässt sich sehr viel besser überprüfen, wenn die Homöopathie Gegenstand akademi- scher Forschung und Lehre ist in Einrichtungen, welche durch externe Evaluationen transparent und wissen- schaftsgleitet überprüft werden. 6. Welche Senatsverwaltungen, welche Abteilungen und welche weiteren Stellen waren an der Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage beteiligt? 7. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen? Zu 6. und 7.: Zuständig für die Bearbeitung ist der Se- nat, vertreten durch die federführende Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berlin, den 13. Mai 2014 In Vertretung Dr. Knut Nevermann Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mai 2014)