Drucksache 17 / 13 765 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 08. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Mai 2014) und Antwort »Somebody's Watching Me« – Schutz der privaten Wohnräume, der Intimsphäre und des Postgeheimnisses in Flüchtlingsunterkünften Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Unter welchen Umständen darf das Heimpersonal die Zimmer der Bewohner_innen von Flüchtlingsunter- künften a) in deren Anwesenheit und b) in deren Abwesenheit betreten? Welche Vorgaben hierzu gibt es seitens des Landes- amtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo)? Sollte es keine geben, sieht der Senat hier Regelungsbedarf? 2. Ist dem Senat bekannt, dass Heimbetreiber unab- hängig von der Anwesenheit der Bewohner_innen per Generalschlüssel routinemäßig Zimmerkontrollen durch- führen? Welche Heimbetreiber betrifft dies nach Kenntnis des Senats und hält der Senat diese Praxis im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte der Bewohner_innen für zuläs- sig? Zu 1. und 2.: Das Betreten des individuellen Wohnbe- reichs ist bei Anwesenheit und im Einvernehmen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern grundsätzlich jederzeit möglich. Diese Regelung ist erforderlich, um die Über- prüfung des Inventars und Kontrollen zur Einhaltung hygienischer Erfordernisse im Sinne des Infektions- schutzgesetzes uneingeschränkt gewährleisten zu können. Das Betreten in deren Abwesenheit ist auf besonders gelagerte Ausnahmefälle Fälle zu beschränken, in denen Gefahr im Verzug ist (etwa bei Wasserdurchbrüchen, Störungen in der Stromversorgung, die auf eine Netzüber- lastung hinweisen oder ähnliche Vorkommnisse). Vorgaben durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) gibt es hierzu nicht. Ein diesbezüglicher Regelungsbedarf kann nicht er- kannt werden, da konkrete Fälle von Missbrauch des Hausrechts und damit eine Verletzung der Privatsphäre durch Bewohnerinnen und Bewohner bisher nicht vorge- tragen wurden. 3. Welche Vorgaben bzgl. der Abschließbarkeit von Schränken und Wohnräumen von Heimbewohner_innen gibt es seitens des LAGeSo an die Heimbetreiber? Sollte es keine geben, sieht der Senat hier Regelungsbedarf? 4. Wie können Bewohner_innen von Mehrbettzim- mern ihre Wertgegenstände sicher aufbewahren, wenn ihnen – wie z.B. in der Notunterkunft der GIERSO in der Levetzowstraße – regelmäßig keine abschließbaren Schränke zur Verfügung stehen? 5. Wie können Bewohner_innen von Familienzim- mern ihre Wertgegenstände sicher aufbewahren, wenn sie – wie z.B. in der Notunterkunft der GIERSO in der Levetzowstraße – regelmäßig keinen Schlüssel für ihre Zimmer erhalten? 6. Welche Vorgaben gibt es seitens des LAGeSo an die Heimbetreiber hinsichtlich der Abschließbarkeit der individuellen Wohnräume (Vergabe von Schlüsseln etc.)? Sollte es keine geben, sieht der Senat hier Regelungsbe- darf? Zu 3 bis 6.: Die Abschließbarkeit von Schränken und Wohnräumen wird als notwendig erachtet; bisher fehlen- de Vorgaben hierzu sollen in die zurzeit vorbereitete Neufassung der Qualitätsanforderungen aufgenommen werden. Der Betreiber der in der Fragestellung genannten Ein- richtung ist um Stellungnahme gebeten worden. Diese steht noch aus. Soweit dem LAGeSo derzeit bekannt ist, wird die Nachrüstung von Schränken mit Schlössern dessen ungeachtet bereits vorge-nommen. 7. Welche Vorgaben gibt es seitens des LAGeSo an die Heimbetreiber hinsichtlich der Abschließbarkeit von Toiletten und Duschkabinen sowie hinsichtlich des Sicht- schutzes von Duschkabinen? Sollte es keine geben, sieht der Senat hier Regelungsbedarf? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 765 2 Zu 7.: Die Abschließbarkeit von Sanitäranlagen und Waschräumen wird als notwendig erachtet; bisher fehlen- de Vorgaben sollen ebenfalls in die Neufassung der Qua- litäts-anforderungen aufgenommen werden. 8. In welchen Wohnheimen gibt es Gemeinschafts- duschräume für die Bewohner_innen? Zu 8.: In 24 von 35 Vertragseinrichtungen gibt es Gemeinschaftsduschräume. 9. Teilt der Senat die Einschätzung, dass durch die Gemeinschaftsduschen ohne Abtrennung zwischen den einzelnen Duschen die Intimsphäre der Bewohner_innen verletzt werden kann und deshalb abschließbare und blickdichte Duschkabinen vorgehalten werden müssen? Welche Vorgaben seitens des LAGeSo gibt es hierzu an die Heimbetreiber? Sollte es keine geben, sieht der Senat hier Regelungsbedarf? Zu 9.: Die Abtrennung zwischen den einzelnen Du- schen wird als notwendig erachtet; bisher fehlende Vor- gaben sollen ebenfalls in die Neufassung der Qualitäts- anforderungen aufgenommen werden. 10. Hält der Senat es für angemessen, wenn Duschka- binen in Flüchtlingsunterkünften nur durch durchsichtige Klarglastüren abgetrennt sind bzw. auf eine Geschlechter- trennung verzichtet wird – wie z.B. in der Notunterkunft des ASB in Alt-Moabit? Zu 10.: In abschließbaren Gemeinschaftsduschräumen kann hierin kein Mangel erkannt werden. 11. Welche Vorgaben gibt es seitens des Senats an die Betreiber hinsichtlich der fristgerechten Zustellung, Auf- bewahrung und Ausgabe von Post an die Bewoh- ner_innen? Welches Verfahren hält der Senat dem Brief- geheimnis entsprechend für angemessen? Zu 11.: Hierzu gibt es keine Vorgaben. Ein übliches und auch als angemessen beurteiltes Verfahren ist eine listenmäßige täglich aktualisierte Bekanntgabe von Zim- mernummern, für welche Post abgeholt werden kann; die Listen hängen beispielsweise im Verwaltungsbereich oder dem Empfang aus, so dass sie für alle Bewohnerinnen und Bewohner jederzeit zugänglich sind. 12. In welchen Unterkünften gibt es eigene, ab- schließbare Briefkästen für alle Bewohner_innen und wo fehlen diese und weshalb? Zu 12.: Die erfragten Daten werden statistisch nicht erfasst; entsprechende Erhebungen wären nicht mit ver- tretbarem Aufwand möglich. 13. Wird bei den Heimbegehungen durch das LAGeSo auch geprüft, ob in den Heimen die Privatsphäre und Selbstbestimmungsrechte der Bewohner_innen geachtet werden (z.B. Briefgeheimnis, Vorhandensein abschließ- barer Schränke, Abschließbarkeit der Wohnräume, Ge- schlechtertrennung, Sichtschutz und Abschließbarkeit von Duschkabinen und Sanitärräumen etc.)? Wenn ja, inwie- fern? Zu 13.: Die vorrangige Zielsetzung der Begehungen ist zu prüfen, ob die vertraglich vereinbarten Qualitätsan- forderungen eingehalten werden. Die Aktualisierung der Qualitätsanforderungen ist noch nicht abgeschlossen; derzeit sind die in der Fragestellung genannten Aspekte somit nur zum Teil Gegenstand der Begehungen. Der Ablauf einer Routineprüfung beinhaltet aktuell etwa Fra- gen zum Vorhandensein von Gemeinschaftsduschen ge- trennt nach Damen und Herren und in Augenscheinnahme dazu, ob der erforderliche Sichtschutz vorhanden ist. Berlin, den 20. Mai 2014 In Vertretung Dirk G e r s t l e _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2014)