Drucksache 17 / 13 795 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 12. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mai 2014) und Antwort „Scheibenputzer“ und „Straßenverkäufer“ – Eine Gefahr für die Verkehrssicherheit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Dürfen Fußgänger während der Fußgängeram- pel-Grünphase die Fahrbahn nur zum Überqueren der Straße betreten und stellt das Putzen von Autoscheiben oder der Verkauf von Taschentüchern, Feuerzeugen oder Ähnlichem gegen eine Geldspende während der Rotlicht- phasen an Straßenampeln auf der Fahrbahn eine Ord- nungswidrigkeit dar? Zu 1.: Gem. § 25 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) müssen Fußgängerinnen und Fußgänger den Gehweg benutzen. Wenn sie die Gehwegseite wechseln möchten, haben sie die Fahrbahn zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung, wenn die Verkehrslage es erfor- dert, nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Licht- zeichenanlagen innerhalb von Markierungen oder auf Fußgängerüberwegen zu überschreiten. Personen, die Scheibenputzer-Tätigkeiten nachgehen bzw. Taschentücher, Feuerzeuge o. ä. verteilen, laufen in der Regel während der Rotphase des Fahrzeugverkehrs die Fahrbahn entlang, um „Kundschaft“ zu akquirieren. Somit kann von einem Verstoß gegen die StVO ausge- gangen werden, der sich im rechtlichen Sinne als eine Verkehrsordnungswidrigkeit darstellt. Als tateinheitlicher Verstoß könnte auch eine weitere Zuwiderhandlung nach der StVO vorliegen, wenn durch das Scheibenputzen oder Betteln andere Verkehrsteilnehmerinnen oder Verkehrs- teilnehmer belästigt, behindert oder möglicherweise sogar gefährdet werden. Unter der Überschrift des Verbotes von Verkehrsbe- einträchtigungen ist nach § 33 StVO auch das Anbieten von Waren und Leistungen aller Art auf der Straße unter- sagt, wenn dadurch Verkehrsteilnehmerinnen oder Ver- kehrsteilnehmer in einer den Verkehr gefährdenden oder erschwerenden Weise abgelenkt oder belästigt werden könnten. Abhängig vom Einzelfall kommen nachfolgende Tat- bestände der StVO in Betracht:  § 1 StVO Grundregeln  § 25 StVO Fußgänger  § 33 StVO Verkehrsbeeinträchtigungen 2. Ist der Senat der Auffassung, dass das Anbieten solcher „Dienstleistungen“ die Verkehrssicherheit gefährdet ? Zu 2.: Von einer grundsätzlichen Gefährdung kann nicht ausgegangen werden. Dennoch sind Situationen, in denen es in Einzelfällen zu Behinderungen, Belästigungen oder Gefährdungen kommt, nicht auszuschließen. 3. Wie viele „Scheibenputzer“ und „Straßenverkäufer “, die seitens der Autofahrerinnen und -fahrer unerwünscht und gegen eine Geldspende während Rotlicht- phasen an Straßenampeln Autoscheiben putzten oder Feuerzeuge und Taschentücher verteilten, wurden in den Jahren 2012 und 2013 jeweils registriert? Zu 3.: Im Jahr 2012 wurden 59 Personen und im Jahr 2013 insgesamt 134 Personen von der Polizei Berlin in diesem Zusammenhang festgestellt. Personen, die Feuer- zeuge oder Taschentücher verteilen, wurden nicht geson- dert erfasst. 4. In wie vielen Fällen wurden von der Berliner Po- lizei jeweils in den Jahren 2011, 2012 und 2013 eigenini- tiativ Platzverweise gegenüber „Scheibenputzern“ und „Straßenverkäufern“ ausgesprochen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 795 2 Zu 4.: Im Zusammenhang mit Scheibenputzer- Tätigkeiten wurden  2011 insgesamt 130,  2012 insgesamt 48 und  2013 insgesamt 80 Platzverweise ausgesprochen. Für die Erteilung eines Platzverweises ist weder eine konkrete Beschwerde noch eine Anzeige erforderlich. In der Vergangenheit war jedoch seitens der Polizei Berlin festzustellen, dass in vielen Fällen schon mit Ein- treffen der Einsatzkräfte die Tätigkeiten eingestellt wur- den und die Personen fluchtartig den Bereich verließen. 5. In wie vielen Fällen hat die Berliner Polizei je- weils in den Jahren 2011, 2012 und 2013 eigeninitiativ Anzeigen gegenüber „Scheibenputzern“ und „Straßenverkäufern “ aufgenommen? Zu 5.: Anzeigen, die von der Polizei Berlin eigeniniti- ativ aufgenommen wurden, sind nicht separat recher- chierbar. Folgende Anzeigen, die im Zusammenhang mit so genannten Scheibenputzer-Tätigkeiten stehen, sind in den Jahren 2011 bis 2013 erfasst worden: 2011 2012 2013 Strafanzeigen 3 1 3 Ordnungswidrigkeitenanzeigen 18 13 11 Anzeigen gegen Personen, die Taschentücher, Feuer- zeuge oder Ähnliches in Erwartung einer Geldspende verteilt haben, wurden nicht gesondert erfasst. 6. In wie vielen Fällen wurden jeweils in den Jah- ren 2011, 2012 und 2013 Beleidigungen, Nötigungen, Sachbeschädigungen und Körperverletzungen von „Scheibenputzern“ und „Straßenverkäufern“ durch Autofahrerinnen und -fahrer zur Anzeige gebracht? Zu 6.: Die Fallzahlen können der nachfolgenden Ta- belle entnommen werden: 2011 2012 2013 Beleidigung 0 0 0 Nötigung 0 0 0 Sachbeschädigung 0 0 3 Körperverletzung 1 1 0 Anzeigen gegen Personen, die Taschentücher, Feuer- zeuge oder Ähnliches in Erwartung einer Geldspende verteilt haben, wurden nicht gesondert erfasst. 7. Wie will der Senat die Einhaltung der Straßen- verkehrsordnung und die Einhaltung von Platzverweisen gegenüber den „Scheibenputzern“ und „Straßenverkäufern “ stärker durchsetzen, wird es auch in diesem Jahr wieder verstärkt Kontrollen von Polizei und Ordnungs- diensten zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit auf Berlins Straßen geben und bleibt es bei der einheitlichen Feststellung der Identitäten der „Scheibenputzer“ und „Straßenverkäufer“ sowie der Vorgangserfassung im polizeilichen Informationssystem POLIKS? Zu 7.: Die Einsatzhinweise zur Durchführung von po- lizeilichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Scheiben- putzer-Tätigkeiten, aggressivem Betteln und wildem Campieren gelten fort. Hiernach werden im Rahmen des täglichen Dienstes gegen Personen, die auf öffentlichem Straßenland bei Scheibenputzer-Tätigkeiten oder in Vor- bereitung dazu angetroffen werden, Platzverweise ausge- sprochen und Identitätsfeststellungen durchgeführt. Die Vorgangserfassung erfolgt im Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS). Unter Berücksichtigung erkannter Brennpunk- te werden Schwerpunktmaßnahmen zur Bekämpfung des Phänomens durchgeführt und Verstöße gegen die öffentli- che Sicherheit und Ordnung konsequent geahndet. An- lassbezogen ist hierbei eine enge Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Bezirksämtern anzustreben. 8. Was hindert das für Inneres zuständige Senats- mitglied daran, dafür Sorge zu tragen, dass die Ord- nungswidrigkeiten der „Scheibenputzer“ und „Straßenverkäufer “ durch Missachtung der Straßenverkehrsordnung durch die Berliner Polizei sofort zur Anzeige ge- bracht werden, um die Sicherheit und Ordnung auf Ber- lins Straßen entschlossener durchzusetzen? Zu 8.: Die Polizei Berlin arbeitet auch an dieser Stelle ständig an einer Verbesserung der Verkehrssicherheit. Zur Erreichung einer dauerhaften positiven Verhaltensände- rung der in Rede stehenden Personen bedarf es mehr als nur eines hohen regelmäßigen Überwachungsdrucks. Gleichwohl arbeitet die Polizei Berlin auch hier – im Rahmen des Möglichen – an einer Steigerung der Überwachungsintensität . Im Hinblick auf die Verfolgung und/oder Verhinderung von Verstößen, die durch Perso- nen nichtdeutscher Herkunft begangen werden, bestehen Kooperationsvereinbarungen zwischen der Senatsverwal- tung für Inneres und Sport und den betreffenden Ländern, um die polizeiliche Arbeit zu optimieren und den Infor- mationsaustausch zu intensivieren. Berlin, den 30. Mai 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juni 2014)