Drucksache 17 / 13 825 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Philipp Magalski (PIRATEN) vom 15. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mai 2014) und Antwort Zootiere unter Drogen – auch in Berliner Zoos? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Der Senat nimmt keine Aufgaben im Zusammenhang mit der tiermedizinischen Versorgung von Tieren wahr. Die Antwort auf diese Schriftliche Anfrage basiert auf einer Stellungnahme des Bezirks Lichtenberg. 1. Wurden oder werden im Berliner Zoo oder im Tierpark Berlin psychoaktive Substanzen wie beispiels- weise Psychopharmaka (Diazepam, Clomipramin, Sub- stanzen aus der Gruppe der Phenothiazine und Butyro- phenone u. a.) oder andere bewusstseinsverändernde Substanzen sowie Neuroleptika oder Hormonpräparate an Tiere verabreicht? Zu 1.: Ja. 2. Falls ja, findet dies unter tierärztlicher Aufsicht bzw. nach tierärztlicher Indikation statt, in wie vielen Fällen war welche Tierart betroffen, und gibt es Fälle, in denen ohne tierärztliche Aufsicht oder Indikation unter Frage 1 benannte Substanzen verabreicht wurden oder werden, und wenn ja, wie viele? Zu 2.: Eine Verabreichung von Arzneimitteln, die die benannten Substanzen enthalten, findet ausschließlich nach tierärztlicher Indikation und unter tierärztlicher Aufsicht statt. Im Zeitraum vom 01.01.2013 bis Ende Mai 2014 ka- men im Tierpark entsprechende Arzneimittel in folgenden Fällen zur Anwendung: Anzahl Wirkstoffkombination Tierarten Indikation 70 Etorphin/ Azeproma- zin/Xylazin/ Ketamin Equiden, Wildrinder, Hirsche, Moschusochsen Vollständige Im- mobilisation 78 Xylazin/Ketamin Rinder. Hirsche, Primaten Hyänen, Antilopen, Kamele Bären, Großkatzen, Wildschafe/-ziegen Vollständige Immobilisation 10 Ketamin Affen, Flughunde Vollständige Im- mobilisation 5 Diazepam/Ketamin Affen Vollständige Im- mobilisation 1 Azaperon/Ketamin Schwein Vollständige Im- mobilisation 1 Medetomidin/Ketamin Giraffe Vollständige Im- mobilisation 31 Perphenazin Giraffen, Hirsche, Anti- lopen, Equiden, Schweine Sedation vor be- sonderen Ereignis- sen 12 Azepromazin Equiden, Hirsche Transportvorberei- tung 2 Diazepam Hund, Erdwolf Begleitende The- rapie bei Tetanus- verdacht bzw. Au- tomutilation Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 825 2 Für den Zoo liegen keine detaillierten Daten vor. Die Verabreichung der Arzneimittel erfolgt jedoch nach den- selben Indikationen und grundsätzlich bei denselben Tier- arten wie in den Spalten 3 und 4 für den Tierpark aufge- führt. 3. Wie wird in den Fällen, in denen regelmäßig oder wiederholt psychoaktive Substanzen verabreicht wurden, sichergestellt, dass bei Tieren keine Drogenabhängigkeit generiert wird, insbesondere bei der Verwendung von körperlich abhängig machenden Substanzen wie bei- spielsweise Stoffe aus der Gruppe der Benzodiazepine? Zu 3.: Eine regelmäßige oder wiederholte Verabrei- chung psychoaktiver Substanzen an Einzeltiere oder Tier- gruppen erfolgt nicht. 4. Wer ist, in Fällen, in denen keine tierärztliche Auf- sicht gegeben ist, für die Verabreichung psychoaktive oder andere unter Frage 1 genannte Substanzen zuständig, und wer ordnet, in Fällen ohne tierärztliche Indikation, die Verabreichung solcher Substanzen an? Zu 4.: Entfällt. 5. Ist der Schlüssel, nach dem 2 Tierärzte in den Ber- liner Zoos für 20.000 Tiere zuständig sind, zutreffend, wenn nein wie lautet der korrekte Schüssel, und kann der Senat sicherstellen, dass unter diesen Bedingungen eine ausreichende tierärztliche Betreuung und Überwachung der Tiere, denen psychoaktive oder andere unter Frage 1 genannte Substanzen verabreicht wurden, gegeben ist? Zu 5.: Der angeführte Schlüssel ist nicht zutreffend. Zutreffend ist, dass im Tierpark Berlin zwei festangestell- te Tierärzte sowie ein Tierarzt auf Honorarbasis (Wo- chenendvertretung) für die prophylaktische und therapeu- tische Betreuung der Säugetiere (1283 Tiere), der Vögel (2374 Tiere), der Reptilien (529 Tiere), der Amphibien (55 Tiere) und der Fische (936 Tiere) zuständig sind (Stand 31.12.2013). Im Zoo sind zwei festangestellte Tierärzte sowie eine Tierärztin auf Honorarbasis für die tierärztliche Betreuung von 1044 Säugetieren, 2092 Vö- geln und 8625 Tieren des Aquariums verantwortlich (Stand 31.12.2013). Es ist nicht Aufgabe des Senats, eine ausreichende tierärztliche Betreuung des Tierbestandes im Tierpark und im Zoo sicherzustellen. Der Senat geht aber davon aus, dass beide Einrichtungen die tierärztliche Betreuung ihrer Tiere sicherstellen. 6. Wie wird die Abgabe der psychoaktiven bzw. an- dere unter Frage 1 genannte Substanzen an die Tiere do- kumentiert? Zu 6.: Die Applikation der Substanzen wird von Tier- ärzten dokumentiert. 7. Sind die Medikamentenbücher lückenlos geführt, unterstützt durch regelmäßige Inventur der Zooapotheke, und wie wird widrigenfalls sichergestellt, dass psychoak- tive oder andere Substanzen nicht zweckwidrig verwendet oder gar entwendet werden (Stichwort Schwarzhandel)? Zu 7.: Kontrollen der tierärztlichen Hausapotheken des Tierparks am 15.05.2014 und des Zoos am 14.05.2014 durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales ergaben keine Beanstandungen bei der Doku- mentation der Arzneimittelverwendung. Psycho- pharmaka werden nur in einem verschlossenen Kühl- schrank in der Apotheke, Etorphin zusätzlich in einem Panzerschrank, zu denen nur die Tierärzte einen Schlüssel besitzen, gelagert. 8. Gibt es Überlegungen im Berliner Zoo bzw. im Tierpark Berlin, ähnlich wie z.B. im Baseler Zoo auf natürliche, pflanzliche Substanzen als Stimmungsaufhel- ler zurückzugreifen, um Tieren, die in Gefangenschaft leben, die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheiten erträglicher zu machen? Zu 8.: Nein. 9. Hat der Senat eine Strategie, die Verabreichung von psychoaktive oder andere unter Frage 1 genannte Substanzen an Zootiere zu minimieren, und mittelfristig eine Verabreichung solcher Substanzen auf die Einzelfälle zu reduzierten, in denen andere Maßnahmen nicht mög- lich sind und die Verabreichung der Substanzen aus tier- ärztlicher Sicht unabdingbar ist? Zu 9.: Der Einsatz der genannten Substanzen bei Tie- ren des Tierparks erfolgt aus-schließlich in Einzelfällen nach tierärztlicher Maßgabe. Berlin, den 3. Juni 2014 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Jun. 2014)