Drucksache 17 / 13 841 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 20. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Mai 2014) und Antwort Überholtes Bundesrecht – Familienzuschlag für Alleinerziehende Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Unterschiede bestehen derzeit bei der Bemessung des Familienzuschlages gem. § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG für alleinerziehende Bundesbeamte im Vergleich zu denen des Landes Berlin (§ 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG i.v.m. § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG)? Zu 1.: Rechtsgrundlage für die Gewährung des Fami- lienzuschlags der Stufe 1 im Land Berlin bildet § 40 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) in der für das Land Berlin geltenden Fassung vom 31. August 2006, das durch Artikel III § 1 Nummer 3 des Zweiten Dienst- rechtsänderungsgesetzes in Form des § 1b Absatz 1 Nummer 1 des Landesbesoldungsgesetzes (LBesG) in Landesrecht überführt wurde. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG in der Überleitungsfassung für Berlin gehö- ren zur Stufe 1 unter anderem ledige oder geschiedene Beamtinnen und Beamte, die keine Unterhaltsverpflich- tung aus der Ehe haben und eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben, der sie Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sitt- lich dazu verpflichtet sind. Der Anspruch auf Familienzu- schlag ist nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG in der Überleitungsfassung für Berlin abhängig von der Höhe der für den Unterhalt des Kindes zur Verfügung stehen- den Mittel. Wenn diese sogenannte Eigenmittelgrenze, die das Sechsfache des Betrages der Stufe 1 nicht übersteigen darf, überschritten wird, bedarf es keiner Alimentierung durch den Dienstherrn mehr, da genügend Mittel für das Kind zur Verfügung stehen und ein Ausgleich für eine verbleibende geringe wirtschaftliche Belastung der auf- nehmenden Dienstkraft nicht erforderlich ist. In diesen Fällen steht ein Familienzuschlag der Stufe 1 demgemäß nicht zu. Der Bund hat die Regelung zur Eigenmittelgrenze für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte mit Gesetz vom 15. März 2012 (Bundesgesetzblatt (BGBl.) I S. 462) zur Reduzierung des damit verbundenen Verwaltungsauf- wandes abgeschafft (vgl. Bundestags-Drucksache 17/7142, S. 24). Die Verwaltungspraxis hat gezeigt, dass die Überprüfung der Anspruchsberechtigung für den Familienzuschlag der Stufe 1 und die erforderlichenfalls vorzunehmende Rückforderung der überzahlten Beträge in einem Missverhältnis zur Höhe der zurückzufordernden Beträge stehen. Die Neuregelung auf Bundesebene sieht daher als einzige Tatbestandsvoraussetzung den Kinder- geldbezug an, an den auch der Familienzuschlag der Stufe 2 gekoppelt ist. 2. Wie beurteilt der Senat diese Unterschiede? Sieht er darin eine Benachteiligung Alleinerziehender? Zu 2.: Der Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg hat es in einem Beschluss vom 19. April 2000 zum Aktenzeichen - 4 S 2060/99 - für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten, dass der Gesetzgeber in § 40 Abs. 1 BBesG zwischen den Ver- gleichsgruppen der verheirateten bzw. ehemals verheirate- ten Bediensteten einerseits und den nicht verheirateten Bediensten andererseits differenziert hat. Hierbei ist von Bedeutung, dass die durch die höhere Stufe des Familien- zuschlags begünstigten verheirateten oder geschiedenen Beamtinnen und Beamten, anders als Alleinstehende, ihren Ehepartnerinnen beziehungsweise Ehepartnern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet sind. Wegen der unterschiedlichen Gegebenheiten muss daher eine allein- stehende Dienstkraft trotz des Zusammenlebens mit ihrem Kind keinen Anspruch auf denselben Familienzuschlag wie die verheirateten oder ehemals verheirateten Bediens- teten haben (vgl. Verwaltungsgerichtshof, Recht im Amt 2001, 190 ff.). Der Senat stimmt der im Beschluss des Verwaltungs- gerichtshofs Baden-Württemberg zum Ausdruck kom- menden Rechtsauffassung zu, strebt aber aus den unter der Antwort zu 1. aufgeführten Beweggründen für die seinerzeitige Rechtsänderung im Bereich des Bundes die Aufhebung der Eigenmittelgrenze auch für das Land Berlin an. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens für ein einheitliches Landesbesoldungsgesetz wird daher eine entsprechende Anpassung der Vorschrift für das Land Berlin geprüft werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 841 2 3. Welche konkreten Änderungen im Vergleich zur derzeitigen Rechtslage ergäben sich, würde man § 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG dahingehend ändern, dass ein Verweis auf das Bundesbesoldungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung erfolgt? Zu 3.: Durch das Gesetz zur Änderung des Grundge- setzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) sind die Gesetzgebungskompetenzen zwischen dem Bund und den Ländern im Rahmen der Föderalismusreform I grundle- gend neu geregelt worden. Nach der Aufhebung des Arti- kels 74a des Grundgesetzes liegt die Gesetzgebungskom- petenz für das Besoldungsrecht seit dem 1. September 2006 bei den Ländern. Seit diesem Zeitpunkt regeln der Bund und die Länder das Besoldungsrecht für ihre jewei- ligen Bereiche - der Zielsetzung der Föderalismusreform I entsprechend - in eigener Zuständigkeit. In der Folge hat sich zum einen die Höhe der Besoldungsbezüge beim Bund und in den Ländern unterschiedlich entwickelt. Zum anderen weichen die Regelungen beim Bund und in den Ländern aufgrund unterschiedlicher politischer Zielset- zungen und der für deren Umsetzung zur Verfügung ste- henden Haushaltsmittel inzwischen auch inhaltlich vonei- nander ab. Eine Änderung des § 1b Abs. 1 Nr. 1 LBesG dahingehend, dass ein Verweis auf das Bundesbesol- dungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung erfolgt, führte dazu, dass die Beamtinnen und Beamten des Lan- des Berlin Bezüge in derselben Höhe erhielten wie die Beamtinnen und Beamten des Bundes. Darüber hinaus würden im Falle einer entsprechenden Änderung des Landesbesoldungsgesetzes künftig sämtliche Rechtsände- rungen bezüglich des Bundesbesoldungsgesetzes unmit- telbar auch auf den Bereich des Landes Berlin Anwen- dung finden. Der Gesetzgeber verzichtete damit indirekt auf die ihm zugewiesene Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Besoldungsrechts. Insbesondere hätte der Haushaltsgesetzgeber Land Berlin keine Möglichkeit, auf künftige Besoldungsmehrausgaben Einfluss zu nehmen. In der verfassungsrechtlichen Literatur werden entspre- chende „dynamische“ Verweisungen im Hinblick auf die damit verbundene Aufgabe künftigen Regelungseinflusses ganz überwiegend als unzulässig angesehen. Berlin, den 3. Juni 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2014)