Drucksache 17 / 13 852 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf (PIRATEN) vom 20. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mai 2014) und Antwort Zusammenarbeit der Länder Berlin und Brandenburg in der Kindertagesbetreuung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Länder Berlin und Brandenburg in der Kindertagesbetreuung? 2. Welche Gesetze, Verordnungen und Verfahrensrege- lungen gibt es bei der Kitagutscheinvergabe im Falle eines Umzug bzw. einer Ummeldung eines Kindes von Berlin nach Brandenburg bzw. von Brandenburg nach Berlin? 3. Wie setzt das Land Berlin bzw. wie setzen insb. die Bezirke und wie setzt das Land Brandenburg den “Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Bran- denburg über die gegenseitige Nutzung von Plätzen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung” in der Praxis konkret um? Zu 1. bis 3.: Die Zusammenarbeit zwischen den Län- dern Berlin und Brandenburg ist im Staatsvertrag zwi- schen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die gegenseitige Nutzung von Plätzen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung geregelt. Gemäß Artikel 7 Abs. 5 des Staatsvertrages wurde die Umsetzung dieses Ver- trages mit dem Brandenburger Ministerium für Bildung, Jugend und Sport abgestimmt und verbindliche Verfah- renshinweise für beide Länder festgeschrieben. Die Gewährleistungspflicht des Landes Berlin für die bedarfsgerechte Versorgung von Kindern in Tageseinrich- tungen nach § 86 des Achten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bezieht sich gemäß § 2 Abs. 1 Kindertages- förderungsgesetz (KitaFöG) auf in Berlin mit gewöhnli- chen Aufenthalt lebende Einwohnerinnen und Einwohner (sog. Landeskinderregelung). Die Aufnahme von Kindern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im jeweils anderen Bundesland haben, erfolgt nur im Rahmen freier Kapazitäten der Einrichtungen und bei entsprechendem Kostenausgleich, wenn die jeweils geltenden Leistungsverpflichtungen erfüllt sind. Eine Aufnahmeverpflichtung besteht nicht. 4. Gemäß Artikel 5 des in der Frage 3 genannten Staatsvertrags erfolgt die Aufnahme von Kindern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im jeweils anderen Bun- desland haben, im Rahmen freier Kapazitäten der Einrich- tungen. a) Wie viele Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufen- talt in Brandenburg haben erhielten auf der Grund- lage dieser Regelung in den Jahren 2012 bis 2014 einen Kitaplatz in Berlin? b) Wie viele Kinder, die ihren gewöhnlichen Aufen- talt in Berlin haben erhielten auf der Grundlage dieser Regelung in den Jahren 2012 bis 2014 einen Kitaplatz in Brandenburg? Zu 4.: 5. Wie ist der Artikel 5 des Staatsvertrages zu verste- hen, wenn gleichzeitig gemäß § 2 Abs. 1 KitaFöG der Anspruch auf einen Kitaplatz in Berlin sofort an dem Tag erlischt, an dem ein Kind in Brandenburg gemeldet wird? a) Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen? 6. Welche Ausnahmeregelungen oder Verfahren gibt es im Land Berlin, sodass in bestimmten Fällen (z.B. in Grenzregionen) das Kind, das von Berlin nach Branden- burg umgezogen ist und umgemeldet wurde, weiterhin die bisher besuchte Kita in Berlin besuchen darf? 7. Ein Kitagutschein kann frühestens 9 Monate zuvor und soll spätestens 2 Monate vor dem gewünschten Be- treuungsbeginn beantragt werden. Welche Verfahren gibt es in den Bezirken für die Fälle, in denen die Familie innerhalb der genannten Zeiträume nach Brandenburg umzieht und das Kind ummeldet? Kita-Kinder mit Betreuungs- vertrag Jahr 31.12.2012 31.12.2013 30.04.2014 Brandenburger Kinder in Berlin 655 626 716 Berliner Kinder in Brandenburg 217 294 314 Auswertungsstand: 26.05.2014 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 852 2 a) Welches Verfahren gibt es in den Bezirken für die Fälle, in denen die Erziehungsberechtigten im ge- nannten Zeitraum von Brandenburg nach Berlin ziehen wird? Zu 5. bis 7.: Ein Widerspruch des § 2 Abs. 1 KitaFöG im Verhältnis zu Artikel 5 des Staatsvertrages besteht nicht. Artikel 5 regelt die Bedingungen für die Fälle, in denen eine Zuständigkeit bzw. Leistungsverpflichtung Berlins nicht besteht (Brandenburger Kinder). Dies um- fasst auch die Fälle, in denen eine Zuständigkeit nicht mehr besteht, beispielsweise dann, wenn eine Familie nach Brandenburg umgezogen ist. Das KitaFöG stellt klar, ab wann die Zuständigkeit Berlins endet und damit ein Fall des Staatsvertrages entsteht. Art. 5 des Staatsver- trages ist dann in seinen Voraussetzungen für den Ver- bleib in der Berliner Tagesbetreuung einschlägig. Erfolgt ein Umzug von Berlin nach Brandenburg ent- fällt die Zuständigkeit des Landes Berlin für die Gewähr- leistung eines Platzes in einer Tageseinrichtung. Die El- tern werden in den Nebenbestimmungen und Hinweisen zum Gutschein für die Tagesbetreuung des Kindes auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Eltern nutzen daher in aller Regel den zeitlichen Vorlauf ihres Umzuges, eine Kostenübernahmeerklärung der betreffenden Branden- burger Gemeinde und eine Platzzusage des Berliner Ju- gendamtes, in dessen Zuständigkeitsbereich die Einrich- tung liegt, zu erhalten. Das Berliner Jugendamt entschei- det, ob hinreichend freie Plätze vorhanden sind, d.h. ob die eigene Gewährleistungsverpflichtung gegenüber Ber- liner Eltern und Kindern erfüllt werden kann. Für nach Berlin zugezogene Kinder gilt die Anmelde- frist von frühestens neun und spätestens zwei Monaten vor Beginn der gewünschten Förderung nicht. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 der Kindertagesförderungsverordnung (VO- KitaFöG) ist in diesen Fällen unverzüglich eine Bedarfs- feststellung vorzunehmen und auf Wunsch ein geeigneter Platz nachzuweisen. 8. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KitaFöG kann für Bran- denburger Kinder ein befristeter Gutschein beantragt wer- den, wenn die Erziehungsberechtigten in Berlin eine be- fristete Arbeit ausüben. a) Wie kurz ist die Mindest- und wie lang die Höchstdauer der Befristung? b) Wie häufig haben in den Jahren 2012 bis 2014 Er- ziehungsberechtigte von dieser Ausnahmeregelung Ge-brauch gemacht? Zu 8.: Bei der Bestimmung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KitaFöG handelt es sich um eine Kann-Regelung. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die Möglichkeit geschaffen, eine Förderleistung im besonderen Einzelfall auch dann gewähren zu können, wenn die Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts der Eltern in Berlin nicht erfüllt ist. Bei dieser Regelung wurde insbesondere an Personen gedacht, die aus beruflichen Gründen zeitweise in Berlin tätig sind (bspw. Gastwissenschaftler, Lehrkräf- te). Ob ein über den Regelfall hinausgehender Einzelfall vorliegt, ist vom jeweiligen örtlichen Berliner Jugendamt im Wege der Ermessensausübung zu prüfen. Entspre- chend ist auch die Dauer der Befristung am jeweiligen Einzelfall auszurichten. Die Verpflichtung zur Sicherung und Geltendmachung etwaiger Kostenerstattungsansprü- che gegen den auswärtigen Jugendhilfeträger nach den Regelungen des SGB VIII bleibt unberührt. Eine statisti- sche Auswertung über Einzelfallentscheidungen der Ber- liner Jugendämter liegt nicht vor. 9. Gibt es Mittel, die die Bezirke für die Betreuung von Kindern in Brandenburg vorhalten? a) Wenn ja, wie hoch sind diese Mittel in den jeweili- gen Bezirken? b) Wo sind diese Mittel in den Bezirken etatisiert und wie lauten die entsprechenden Produkte? Zu 9.: Nein. Die Ausgleichszahlungen an die Bran- denburger Gemeinden erfolgen kindbezogen entsprechend den vereinbarten Kostensätzen. Das Produkt (Nr. 79441) trägt die Transferkosten der Bezirke für die Betreuung, Erziehung und Bildung von Berliner Kindern in Tagesbetreuungseinrichtungen des Landes Brandenburg. Die Transferzahlungen erfolgen durch die Jugendämter der Bezirke direkt an das jeweilige Brandenburgische Jugendamt. Die Einziehung des Eltern- beitrages erfolgt durch das zuständige Berliner Jugend- amt. Berlin, den 11. Juni 2014 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2014)