Drucksache 17 / 13 870 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer und Simon Kowalewski (PIRATEN) vom 22. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Mai 2014) und Antwort Sexuelle Belästigung und geschlechterbasierte Gewalt innerhalb der Berliner Polizei Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie und durch welche Stelle werden sexuelle Be- lästigung und geschlechterbasierte Gewalt innerhalb der Berliner Polizei dokumentiert und in welcher Geschäfts- anweisung ist dies geregelt? Zu 1.: Die Datenerhebung der Polizei Berlin unter- scheidet bei Straftaten mit sexuellem Hintergrund im Sinne der Fragestellung nicht, ob diese innerhalb der Polizei Berlin oder gegenüber Nicht-Polizeiangehörigen begangen wurden. Lediglich bei der Erfassung von einge- leiteten Disziplinar- und Abmahnverfahren wird unter- schieden, ob ein sexuelles Fehlverhalten gegenüber Kol- leginnen bzw. Kollegen oder gegenüber einem Nichtan- gehörigen der Polizeibehörde vorlag. 2. Wie viele Fälle von sexueller Belästigung und ge- schlechterbasierter Gewalt innerhalb der Berliner Polizei wurden in den Jahren seit 2008 bei der Berliner Polizei dokumentiert? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr und Art des Vorfalls.) Zu 2.: Bezugnehmend auf die Ausführungen zu Frage 1 wurden ab 2008 die folgenden eingeleiteten Strafverfah- ren dokumentiert (die Erfassung erfolgte bis 2009 als Sexualdelikt und danach als Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung): Eingeleitete Strafverfahren 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Sexualdelikte 18 3 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung 7 9 5 5 Daten bezüglich der Art des Vorfalls werden nicht er- hoben. 3. Wie und durch welche Stelle wurden die Vorfälle verfolgt und wie wurden die Verantwortlichen bzw. Täter*innen sanktioniert? Wie viele Disziplinar- /Strafverfahren etc. wurden wegen sexueller Belästigung und geschlechterbasierter Gewalt in den Jahren seit 2008 eingeleitet und mit welchem Ergebnis? Zu 3.: Jeder strafrechtlich relevante Sachverhalt, der der Polizei Berlin zur Kenntnis gelangt, führt nach dem Legalitätsprinzip gemäß § 152 Abs. 2 Strafprozessord- nung (StPO) zur Fertigung einer Strafanzeige und mithin zur Einleitung eines polizeilichen Ermittlungsverfahrens. Zur Bearbeitungszuständigkeit siehe Antwort zu Frage 1. Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen wer- den die Strafermittlungsakten an die Justiz abgegeben. Statistiken zum jeweiligen Verfahrensausgang liegen der Polizei Berlin nicht vor. Die Einholung entsprechender Statistiken der Justiz über die Verfahrensergebnisse war im Rahmen der für die Bearbeitung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Einleitung von Disziplinar- und Abmahnverfahren gegen Polizeibedienstete erfolgt durch den Dienstvorgesetzten. Die Anzahl der in den Jahren seit 2008 eingeleiteten Strafverfahren ergibt sich aus der Antwort zu Frage 2. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 870 2 Strafverfahren wegen Sexualdelikten bzw. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden seit 2008 wie folgt abgeschlossen: Abgeschlossene Strafverfahren wegen Sexualde- likten bzw. Straftaten gegen die sexuelle Selbsstim- mung 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Einstellung gem. § 170 II StPO 11 10 0 3 Einstellung gem. § 153 StPO 0 0 0 0 Einstellung gem. § 153 a StPO 2 0 1 0 Verurteilungen 1 3 2 1 0 0 Wie aus der Tabelle ersichtlich, wird eine detaillierte Erfassung der abgeschlossenen Strafverfahren erst seit dem Jahr 2010 vorgenommen. In den Jahren seit 2008 wurden Disziplinar- und Ab- mahnverfahren wie folgt eingeleitet: Eingeleitete Disziplinar- und Abmahnverfahren 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz 1 0 Vorwurf, ggü. Kolleginnen oder Kollegen eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung begangen zu haben 1 0 1 1 Vorwurf, ggü. Nichtpolizeiangehörigen eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung begangen zu haben 0 0 3 1 Daten bezüglich abgeschlossener Disziplinar- und Abmahnverfahren, aufgeschlüsselt nach einzelnen Delik- ten, werden nicht erhoben. 4. Welche Maßnahmen unternimmt die Berliner Polizei, um sexuelle Belästigung, Belästigung und Diskriminierung aufgrund sexueller Identitäten sowie geschlechterbasierte Gewalt innerhalb der Berliner Polizei zu verhindern? Zu 4.: Die polizeilichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen informieren in Zusammenarbeit mit MANEO, dem schwulen Anti-Gewalt-Projekt in Berlin, in Fortbildungen über polizeispezifische und allgemeine Fragen zur sexuel- len Orientierung und geschlechtlichen Identität. Die Fort- bildungen werden bei allen Auszubildenden und Studie- renden durchgeführt und behandeln auch die Themen Coming-Out, Transition und Intergeschlechtlichkeit. Hierbei werden allgemeine Klischees thematisiert und bestehende Vorurteile hinterfragt. Darüber hinaus wird auf interne Ansprechpersonen für den Konfliktfall ver- wiesen. 5. Auf welche Unterstützung können von sexueller Belästigung, Belästigung und Diskriminierung aufgrund sexueller Identitäten sowie geschlechterbasierter Gewalt Betroffene innerhalb der Berliner Polizei zurückgreifen? Zu 5.: Die Betroffenen können sich an die Personal- und Frauenvertretungen, den Sozialdienst, die Sozialen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner ihres Dienst- bereiches sowie die Konfliktkommission beim Polizeiprä- sidenten wenden. Letztgenannte kann dafür Sorge tragen, dass eine dienstliche Weiterbeschäftigung ohne zusätzli- che Viktimisierung gewährleistet wird. Gemäß § 12 Lan- desgleichstellungsgesetz sind sowohl die dienstlichen Vorgesetzen als auch die Frauenvertretungen verpflichtet, unterstützende Maßnahmen für die Betroffenen zu ge- währleisten. Bei Sachverhalten mit Bezug zu Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) sind die Ansprechpartnerinnen und Ansprech- partner für gleichgeschlechtliche Lebensweisen eine zusätzliche Anlaufstelle. Gegebenenfalls kann von dort an externe oder interne Hilfsangebote vermittelt werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 870 3 Eine dauerhafte Begleitung im einzelnen Konfliktfall wird angeboten. Zudem besteht dort ein enger Kontakt zum Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter (VelsPol) Berlin-Brandenburg e.V., der auch in Fällen sexueller Belästigung und Diskriminierung Rat und Hilfe anbietet. 6. Hält der Senat die derzeitigen Unterstützungsleis- tungen für ausreichend? Zu 6.: Aus Sicht des Senats steht den Betroffenen ein umfassendes Unterstützungs- und Betreuungsangebot zur Verfügung. Berlin, den 03.. Juni 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juni 2014)