Drucksache 17 / 13 876 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jasenka Villbrandt und Heiko Thomas (GRÜNE) vom 22. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2014) und Antwort Wie barrierefrei sind die Berliner Krankenhäuser? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Hat der Senat eine Übersicht, ob die in der Berliner Krankenhaus-Verordnung (KhsVO) vom 30. August 2006 festgeschriebene „behindertengerechte“ Ausstattung umgesetzt wird? Wenn ja, bitte ich um die Bereitstellung dieser Übersicht, wenn möglich nach einzelnen Kranken- häusern und Stationen. Wenn nein, plant der Senat eine Bestandsaufnahme? Zu 1.: Nein, eine derartige Übersicht existiert nicht. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales, Kran- kenhausaufsicht, überprüft im Rahmen der Erteilung der zum Betreiben eines Krankenhauses erforderlichen Ord- nungsbehördlichen Genehmigung bzw. Konzession, ob alle Forderungen der Krankenhaus-Verordnung - KhsVO (Verordnung über Errichtung und Betrieb von Kranken- häusern, Krankenhausaufnahme, Führung von Kranken- geschichten und Pflegedokumentationen und Katastro- phenschutz in Krankenhäusern (Krankenhaus-Verordnung - KhsVO) vom 30. August 2006, GVBl. S. 907- 915), eingehalten werden. Damit ist gewährleistet, dass alle 94 Krankenhäuser in Berlin (insgesamt ca. 21.800 Kranken- hausbetten) den Anforderungen der KhsVO entsprechen, so dass eine gesonderte Übersichtserstellung nicht not- wendig ist. 2. Was tut der Senat, um den Ausstattungsstand der Krankenhäuser hinsichtlich barrierefreier PatientInnen- mehrbettzimmer mit zugeordnetem barrierefreiem Patien- tInnenbad zu verbessern und ggf. entsprechend den Vor- gaben nach DIN 18040 anzupassen? Zu 2.: Beim Bau, Umbau oder bei der Sanierung von Krankenhäusern werden seit Jahren grundsätzlich nur noch Zimmer für Patientinnen und Patienten mit unmit- telbar zugeordnetem Sanitärbereich konzipiert. Im Rah- men der Prüfungen und der öffentlich-rechtlichen Ge- nehmigungsverfahren und der Erteilung einer Ordnungs- behördlichen Genehmigung bzw. Konzession durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales, Krankenhausauf- sicht, werden dabei die Einhaltung und Beachtung der geltenden Rechts- und Planungsgrundlagen (u. a. DIN 18040-1: Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1: Öffentlich zugängliche Gebäude) bzw. der KhsVO – überwacht. 3. Hält der Senat die bestehenden Vorgaben für ausrei- chend, um den Bedarf an barrierefreier Krankenhausaus- stattung zu decken? Inwieweit spielen bei der Bedarfspla- nung demografische Entwicklungen eine Rolle? Was tut der Senat, um letzteres zu gewährleisten? Zu 3.: Das barrierefreie Krankenhaus hat bezüglich der Planung, der baulichen Realisierung und vor allem im Betrieb einen besonderen Stellenwert unter den öffentlich genutzten Gebäuden. Versorgungsauftrag eines Kranken- hauses ist die stationäre medizinische Versorgung kranker Menschen, die zum Teil aufgrund ihrer Erkrankung oder ihrer Behandlung dauerhaft oder temporär mit der Situati- on einer Behinderung umgehen müssen. Daneben sind natürlich auch die Anforderungen zu erfüllen, die durch die Nutzung von behinderten Besucherinnen und Besu- chern und durch behindertes Personal gestellt werden. Die sich daraus ableitenden Anforderungen im Rah- men der  Baulichen Angelegenheiten  Ausstattungen und Equipment  Prozesse wie Organisation, Management, Service sind sehr differenziert. Hinsichtlich der baulichen Gestaltung sind alle Kran- kenhäuser grundsätzlich „barrierefrei“ gestaltet. Beim Bau, Umbau oder bei der Sanierung von Krankenhäusern wird im Rahmen der Prüfung der Planungsunterlagen und bei der Erteilung der Baugenehmigung die Einhaltung und Beachtung der o. a. Rechts- und Planungsgrundlagen gewährleistet. Zudem benötigt jedes Krankenhaus in Berlin für den Betrieb eine Ordnungsbehördliche Genehmigung bzw. eine Konzession durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales, Krankenhausaufsicht, auf der Grundlage der Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 876 2 KhsVO, in der weitere spezielle Anforderungen geregelt sind und die beachtet werden müssen. Für die Bewältigung der Situation steht den Patientin- nen und Patienten und auch ihren Angehörigen im Kran- kenhaus erfahrenes Personal zur Verfügung. Bei den Prozessen wie Organisation, Management, Service sind – insbesondere unter Berücksichtigung des demografischen Wandels - sicher noch Anknüpfungspunkte und Verbesse- rungspotentiale zu finden, um die Arbeit des Pflegeperso- nals, insbesondere im Umgang mit behinderten Menschen zu unterstützen. Gleiches gilt für Ausstattungen und Equipment – auch hier gibt es in den einzelnen Krankenhäusern noch Unterschiede hinsichtlich des erreichten Standards der Barrierefreiheit. Die zurzeit geltenden Leitlinien und umfangreichen detaillierten Qualitätsstandards (siehe Antwort zu Frage 4) beinhalten bereits heute wesentliche Aspekte zur Schaffung einer barrierefreien Krankenhausausstattung. 4. Welche Richtlinien oder Vorschriften wurden nach Inkrafttreten der KhsVO seit 2006 als Grundlage zur Planung für die behindertengerechte Ausstattung in Kran- kenhäusern herangezogen? Zu 4.: Für Vorhaben des Landes Berlin und auch für durch das Land Berlin geförderte Vorhaben, wie z. B. Krankenhausbaumaßnahmen, gelten über das Bauord- nungsrecht hinausgehende Qualitätsstandards, die in dem Handbuch Berlin - Design for all / Öffentlich zugängliche Gebäude beschrieben sind. Bereits bei der Beauftragung freiberuflicher Leistungen für alle öffentlichen und öffent- lich geförderten Baumaßnahmen des Landes Berlin sind grundsätzlich die hier definierten Anforderungen des barrierefreien Bauens zu berücksichtigen. Folgende wesentliche Planungsgrundlagen (Auswahl) sind neben der KhVO als Grundlage der Planung von Krankenhäusern zu beachten:  Bauordnung für Berlin (BauO Bln)  DIN 18040-1 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen – Teil 1 – Öffentlich zugängliche Gebäude  Berlin - Design for all / Öffentlich zugängliche Gebäude  Berlin-Design for all – Öffentlicher Freiraum  Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – (SGB V)  Kassenärztliche Bundesvereinigung PraxisWissen / Barrieren abbauen 5. Vor mehreren Jahren war eine Arbeitsgruppe „Barrierefreies Krankenhaus“ als Unterarbeitsgruppe der Arbeitsgemeinschaft "Bauen und Verkehr – barrierefrei" der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt ins Leben gerufen worden, die sich unter dem Aspekt der Selbstverpflichtung u. a. mit dem Problem der mangeln- den Barrierefreiheit der Berliner Krankenhäuser beschäf- tigen sollte. Was waren die Ergebnisse dieser Arbeits- gruppe? Hält der Senat es für sinnvoll, dass diese Arbeits- gruppe reaktiviert und neu motiviert wird? Zu 5.: Die aus den Mitgliedern der AG „Bauen und Verkehr-barrierefrei“ rekrutierte Unterarbeitsgruppe „Barrierefreies Krankenhaus“ wurde 2010 eingerichtet. Als Ziel war die Festlegung von Standards zur barriere- freien Gestaltung für die Berliner Krankenhäuser formu- liert. Es wurden u. a. zwei Krankenhäuser unterschiedli- chen Typus (Bestand und Neubau) in Begehungen mit Betroffenenvertreterinnen und Betroffenenvertretern analysiert und ausgewertet. Begleitet wurde diese Arbeitsgruppe von einer extern beauftragten Planerin. Diese war betraut, einen ersten Entwurf zu allgemeinen Anforderungen in Anlehnung an die Handbücher zum Design for All Berlin der Senats- verwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt zu formu- lieren. Dieser liegt vor. Nach Auslaufen des Vertrags gab es keine Weiterführung der Arbeitsgruppe und ebenso keine weiteren Recherchen. Der Senat beabsichtigt, die Arbeiten zu gegebener Zeit durch eine erneute externe Beauftragung fortzusetzen. 6. Sieht der Senat vor dem Hintergrund der UN- Behindertenrechtskonvention die Notwendigkeit einer Überarbeitung der Krankenhaus-Verordnung? Ist eine Überarbeitung geplant und wird die Verordnung einer Normenprüfung unterworfen, und wenn ja, wann ist damit zu rechnen? Zu 6.: Die Monitoring-Stelle zur UN- Behindertenrechtskonvention am Deutschen Institut für Menschenrechte erstellt zurzeit im Rahmen des vom Se- nat finanzierten Projektes „Monitoring-Stelle Berlin“ eine „Expertise für ein Artikelgesetz zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention im Land Berlin“. Neben dem Landesgleichberechtigungsgesetz sieht das Projekt die Prüfung weiterer Gesetze, Verordnungen und Vor- schriften im Land Berlin vor. Hierzu gehören zum Bei- spiel die Bauordnung von Berlin, das Schulgesetz, das Berliner Hochschulgesetz und die Gaststättenverordnung. Bei Überarbeitung der Krankenhaus-Verordnung wird geprüft werden, welche speziell auf Krankenhäuser zu- treffenden ergänzenden Regelungen getroffen werden müssen, um die Anforderungen, die sich aus der UN- Behindertenrechtskonvention ableiten, zu erfüllen. Ein genauer Zeitplan kann hierfür zurzeit noch nicht benannt werden. Berlin, den 11. Juni 2014 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Juni 2014)