Drucksache 17 / 13 882 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fabio Reinhardt (PIRATEN) vom 22. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mai 2014) und Antwort Verzweiflungstaten 2013 – Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen von Asylsuchenden , Geduldeten und Ausreisepflichtigen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Suizide, Suizidversuche und Selbstverlet- zungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreise- pflichtigen gab es im Jahr 2013 in den Räumen der Aus- länderbehörde Berlin? (Bitte aufschlüsseln nach Datum, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, An- lass sowie einer kurzen Beschreibung der zugrunde lie- genden Umstände.) Zu 1.: Suizide, Suizidversuche und Selbstverletzungen im Zusammenhang mit den Verfahren im Bereich Asyl oder Aufenthaltsrecht sind absolute Ausnahme- und Ein- zelfälle, die der Senat dessen ungeachtet bedauert. Im Jahr 2013 gab es einen Vorfall der versuchten Selbsttötung eines zu diesem Zeitpunkt 50 Jahre alten türkischen Staatsangehörigen, dessen Niederlassungs- erlaubnis nach § 51 Absatz 1 Nr. 6 Aufenthaltsgesetz wegen eines mehr als sechsmonatigen Auslandsaufenthal- tes erloschen war. Während einer Vorsprache im zustän- digen Sachgebiet gelang es dem Betroffenen, auf das Fensterbrett zu steigen und das Fenster zu öffnen. Er begehrte die Rückgabe des eingezogenen Passes. Die Situation konnte deeskaliert werden. 2. Wie viele Suizide, Suizidversuche und Selbstverlet- zungen gab es im Jahr 2013 von Ausreisepflichtigen im polizeilichen Gewahrsam (Berliner Abschiebeknast, Ge- fangenensammelstelle, Wache etc.)? (Bitte aufschlüsseln nach Datum, Örtlichkeit, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Be- schreibung der zugrunde liegenden Umstände.) Zu 2.: Im Berichtszeitraum kam es zu acht Selbstver- letzungen bzw. Suizidversuchen von ausreisepflichtigen Personen, deren Aufenthaltsstatus nicht gesondert statis- tisch erfasst wird. Eine genaue Unterscheidung zwischen Selbstverletzung und Suizidversuch ist abschließend nicht möglich. Die verfügbaren Daten sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Datum Örtlichkeit Land m/w Alter Anlass/kurze Beschreibung 26.02.2013 Abschiebungsgewahrsam Grünauer Str. 140 12557 Berlin Algerien m 21 Der Insasse verletzte sich unmittelbar vor seiner Abschiebung im Rahmen eines Toilettenganges sowie bei der anschließenden Überführung ins Kran- kenhaus mit einem scharfkantigen Ge- genstand am linken Handgelenk. 01.03.2013 Flüchtlingsunterkunft Rognitzstr. 8 14057 Berlin Tunesien m 38 Der Betroffene versuchte bei der Durch- setzung seiner Ausreisepflicht erfolglos, seinen Unterarm mit einem Messer zu verletzen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 882 2 22.03.2013 Abschiebungsgewahrsam Grünauer Str. 140 12557 Berlin Nigeria m 43 Der Insasse verschluckte anlässlich seiner bevorstehenden Abschiebung diverse Geldmünzen. 30.03.2013 Abschiebungsgewahrsam Grünauer Str. 140 12557 Berlin Bosnien m 35 Der Insasse verschluckte Geldmünzen. 30.03.2013 Abschiebungsgewahrsam Grünauer Str. 140 12557 Berlin Türkei m 38 Der Insasse verschluckte Geldmünzen. 09.05.2013 Abschiebungsgewahrsam Grünauer Str. 140 12557 Berlin Kongo m 34 Der Insasse randalierte einen Tag vor seiner geplanten Abschiebung und schlug sich ins Gesicht. 29.08.2013 Abschiebungsgewahrsam Grünauer Str. 140 12557 Berlin Serbien m 23 Der Insasse verletzte sich unmittelbar vor seiner Abschiebung im Rahmen eines Toilettenganges mit einem Plas- tikmesser leicht am linken Unterarm. 29.10.2013 Flüchtlingsunterkunft Lahnstr. 56, 12055 Berlin Serbien m 58 Der Betroffene griff bei der Durchset- zung seiner Ausreisepflicht unvermittelt nach einer Glasflasche und zerschlug sie auf seinem Hinterkopf. Den Rest führte er zum eigenen Hals und fügte sich eine oberflächliche und nicht lebensbedro- hende Schnittwunde im Bereich des Halses zu. 3. Wie viele Suizide, Suizidversuche und Selbstverlet- zungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreise- pflichtigen gab es im Jahr 2013 in den Räumen des Lan- desamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo)? (Bitte aufschlüsseln nach Datum, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Be- schreibung der zugrunde liegenden Umstände.) Zu 3.: Im Jahr 2013 gab es in Berlin allein beim Lan- desamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) insgesamt 18.625 Vorsprachen von Asylsuchenden. In den Räumen des Landesamtes für Gesundheit und Soziales ist es in dieser Zeit nicht zu Suiziden, Suizidversuchen oder Selbstverletzungen gekommen. 4. Wie viele Suizide, Suizidversuche und Selbstverlet- zungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreise- pflichtigen gab es im Jahr 2013 in Gemeinschafts- und Notunterkünften im Land Berlin? (Bitte aufschlüsseln nach Datum, Örtlichkeit, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Be- schreibung der zugrunde liegenden Umstände.) 5. Wie viele Suizide, Suizidversuche und Selbstverlet- zungen von Asylsuchenden, Geduldeten und Ausreise- pflichtigen gab es im Jahr 2013 in vertragsfreien Unter- künften im Land Berlin? (Bitte aufschlüsseln nach Datum, Örtlichkeit, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufent- haltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Beschreibung der zugrunde liegenden Umstände.) Zu 4. und 5.: Eine statistische Erfassung von Suiziden, Suizidversuchen und Selbstverletzungen nach Unterkünf- ten im Land Berlin findet nicht statt. In Bezug auf Vor- kommnisse im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Ausreisepflicht wird auf die Antwort zu 2. verwiesen. 6. Wie viele Suizide, Suizidversuche und Selbstverlet- zungen gab es im Jahr 2013 bei Maßnahmen der Alters- feststellung? (Bitte aufschlüsseln nach Datum, Örtlich- keit, Herkunftsland, Geschlecht, Alter, Aufenthaltsstatus, Anlass sowie einer kurzen Beschreibung der zugrunde liegenden Umstände.) Zu 6.: Im Jahre 2013 ist seitens der Charité ein Fall von Selbstverletzung mitgeteilt worden, der sich dort am 1. Februar ereignet hat. Hierbei handelte es sich um einen männlichen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling aus Bangladesch, der nach eigenen Angaben an diesem Tag 17 Jahre alt war. Er nahm freiwillig an einer Altersunter- suchung teil und begab sich in pädagogischer Begleitung durch die Erstaufnahme- und Clearingstelle sowie beglei- tet durch einen Sprachmittler in die Charité. Berlin, den 11. Juni 2014 In Vertretung Dirk Gerstle _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juni 2014)