Drucksache 17 / 13 896 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 23. Mai 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Mai 2014) und Antwort Steuervergünstigungen bei Sportveranstaltungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele und welche Sportveranstaltungen, die in Berlin stattfanden, wurden seit 2009 von der Einkom- mensteuer befreit? Zu 1.: Seit 2009 haben zwei Sportveranstaltungen in Berlin stattgefunden, die teilweise von der Einkommens- teuer befreit wurden. Die strafbewehrte Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 Abgabenord- nung (AO) lässt es nicht zu, die Verhältnisse bestimmter Steuerpflichtiger zu offenbaren. Dies gilt auch für die Angabe konkreter sportlicher Veranstaltungen und ihrer steuerlichen Behandlung. 2. Bei welchen Sportveranstaltungen, die in Berlin stattfanden, gab es seit 2009 bis heute welche Steuerer- mäßigungen im Sinne einer Pauschalbesteuerung nach § 50 Abs. 4 EStG? Zu 2.: Es sind keine Berliner Sportveranstaltungen be- kannt, die seit 2009 einer Pauschalbesteuerung nach § 50 Absatz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) unterlegen haben. 3. Existieren weitere steuerrechtliche Regelungen zur Förderung von Sportveranstaltungen? a) Seit wann sind diese Rechtsgrundlagen in Kraft? Zu 3.: Sportveranstaltungen werden grundsätzlich nach allgemeinen Regeln besteuert. Sie können jedoch im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts (§ 67a AO) ertrag- steuerlich und umsatzsteuerlich begünstigt sein. Auch sind seit 1980 Einnahmen aus sportlichen Veranstaltun- gen von bestimmten Unternehmern (z.B. juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken dienen) nach § 4 Nr. 22 Buch- stabe b des Umsatzsteuergesetzes umsatzsteuerfrei, soweit es sich dabei um Teilnehmergebühren handelt. Darüber hinaus können die obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die Einkommensteuer bei beschränkt Steuer- pflichtigen ganz oder teilweise erlassen, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt (§ 50 Absatz 4 EStG). Ein besonderes öffentliches Interesse besteht ins- besondere an der inländischen Veranstaltung international bedeutsamer sportlicher Ereignisse, um deren Ausrich- tung ein internationaler Wettbewerb stattfindet. Daneben gibt es in Einzelsteuergesetzen vereinzelt begünstigende Normen für den Bereich des Sports, die jedoch nicht auf einzelne Sportveranstaltungen abstellen. 4. Wie hoch ist der Betrag, der dem Land Berlin durch Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen insgesamt pro Jahr entgeht? a) Wie wird dieser Betrag hergeleitet? Zu 4.: Hierzu liegen keine Daten vor. Der Betrag, der dem Land Berlin durch Steuerermäßigungen und Steuer- befreiungen für Sportveranstaltungen insgesamt pro Jahr entgeht, wird nicht statistisch erfasst. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die entstehenden Mindereinnahmen wie auch die durch Sekundäreffekte entstehenden Mehr- einnahmen gemäß den Regelungen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs auf Bund und Länder verteilt werden. Dies ist auch ein Grund dafür, dass (positive) Erlassent- scheidungen nach § 50 Abs. 4 EStG von den obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des Bun- desministeriums der Finanzen zu treffen sind. 5. Welche Auswirkungen haben diese steuerlichen Vorteile auf die Attraktivität Berlins als Austragungsort? Zu 5.: Eine Facette der "Sportmetropole Berlin" ist die Durchführung internationaler Sportgroßveranstaltungen, die weltweit Beachtung finden und eine erhebliche Wer- bewirkung für die Stadt entfalten. Sie erhöhen sportpoli- tisch die Attraktivität von Berlin als Austragungsort für weitere internationale Großveranstaltungen. Durch Sport- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 896 2 großveranstaltungen wie die FIFA-Weltmeisterschaften im Fußball, die Leichtathletik-Weltmeisterschaft und die kommenden Finalspiele der UEFA Champions League zeigt sich Berlin als hoch attraktive Sportmetropole, die auch für andere Weltereignisse im Sport weiterhin in Frage kommt. Ohne die Gewährung der vom Rechteinhaber der je- weiligen Veranstaltung gesetzten Bedingungen würden derartige Großereignisse nicht nach Berlin vergeben. Die Wirtschaft der Stadt verlöre damit nicht nur die Einnah- men unmittelbar aus der jeweiligen Veranstaltung, die etwa durch die hohe Zahl von in- und ausländischen Be- sucherinnen und Besuchern ausgelöst werden. Berlin verlöre darüber hinaus eine attraktive Plattform für die Stadtwerbung beziehungsweise müsste diese bezahlen. Berücksichtigt man, dass schon das DFB-Pokalendspiel von über zweihundert Fernsehanstalten weltweit ausge- strahlt wurde, wäre dies für Berlin nicht finanzierbar. 6. Welche zusätzlichen Veranstaltungen konnten seit 2009 durch Steuerermäßigungen und Steuerbefreiungen nach Berlin geholt werden? Zu 6.: Auf die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen. Darüber hinaus wurde für eine weitere Sportveranstal- tung, die in der Zukunft in Berlin stattfinden wird, eine Steuerbefreiung erteilt. Steuerermäßigungen und Steuer- befreiungen sind jedoch nur ein Bestandteil der Entschei- dungskriterien im Rahmen von Vergabeentscheidungen. Insofern können Steuerbefreiungen immer nur mitursäch- lich für die konkrete Vergabeentscheidung sein. 7. Wie hoch schätzt der Senat die zusätzlichen Ein- nahmen Berlins durch Sportveranstaltungen, die das Land auf Grund der Steuererleichterungen nach Berlin holen konnte? Zu 7.: Veranstaltungsbezogene Schätzungen lassen sich aus den hier vorliegenden Zahlen nicht herleiten. Erfahrungsgemäß beleben sportliche Großveranstaltungen das regionale Tourismusgeschäft und ziehen branchen- verbundene Folgeumsätze nach sich. Aus steuerlicher Sicht dürften sich insbesondere zusätzliche Umsatzsteuer- einnahmen hieraus ableiten lassen. Eine seriöse Beziffe- rung von Sekundäreffekten aus Steuererleichterungen für Berliner Sportveranstaltungen ist jedoch nicht möglich. 8. Hält der Senat die Steuererleichterungen von Sport- veranstaltungen für berechtigt? a) Falls ja, mit welcher Begründung? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 8: § 50 Absatz 4 EStG führt die Regelung des § 50 Absatz 7 EStG in der Fassung des Steueränderungsgeset- zes 1992 in veränderter, zeitgemäßer Form fort. Nach § 50 Absatz 7 EStG in der Fassung des Steueränderungs- gesetzes 1992 war eine Pauschalierung oder ein Erlass der Steuer zulässig, wenn dies aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig oder wenn eine gesonderte Berech- nung der Einkünfte besonders schwierig war. Die Neufas- sung des § 50 Absatz 4 EStG durch das Jahressteuerge- setz 2009 erweitert den Anwendungsbereich auf solche Fälle, in denen eine Pauschalierung oder ein Erlass der Steuer aus anderen als volkswirtschaftlichen Gründen, z.B. aus wettbewerbs-, kultur- oder sportpolitischen Gründen, im öffentlichen Interesse liegt. Die wünschens- werte und im öffentlichen Interesse liegende Ausrichtung überragender sportlicher Veranstaltungen soll letztlich nicht an steuerrechtlichen Aspekten scheitern. Die Besteuerung des gemeinnützigen Vereinssports ist seit jeher durch Sonderregelungen gekennzeichnet. Diese sind aus sportpolitischen Gründen auch zu befürworten. Die Einführung des § 67a AO durch das Steuerbereini- gungsgesetz von 1985 trug der allgemeinen Entwicklung einer zunehmenden Professionalisierung im Sport Rech- nung, der sich auch die Amateursportvereine nicht gänz- lich verschließen konnten. Er gewährleistet, dass den Amateursportvereinen der steuerbegünstigende Gemein- nützigkeitsstatus nicht allein dadurch verloren geht, dass sie auch (halb-) kommerzielle sportliche Veranstaltungen durchführen. Soweit damit umsatzsteuerliche Begünsti- gungen einhergehen, basieren diese mittlerweile auf der für alle EU-Länder maßgeblichen Mehrwertsteuer- Systemrichtlinie. Der Senat hält daher die Steuererleichterungen für Sportveranstaltungen, insbesondere auch die Möglichkeit des Steuererlasses nach Maßgabe des § 50 Absatz 4 EStG, für berechtigt. 9. Sind dem Senat vergleichbare Regelungen aus dem europäischen Ausland bekannt? a) Wenn ja, welche? Zu 9: Erkenntnisse über vergleichbare Regelungen in anderen Staaten liegen nicht vor. Berlin, den 10. Juni 2014 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Juni 2014)