Drucksache 17 / 13 934 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt (GRÜNE) vom 04. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Juni 2014) und Antwort Nicht nur am 8. März: Gleichstellung in der Justiz verwirklichen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist der aktuelle Anteil von weiblichen Richterinnen: a. an der Berliner Richterschaft, b. an den Richtern am Oberverwaltungsgericht Ber- lin/Brandenburg, c. an den Vorsitzenden Richtern am Oberverwal- tungsgericht Berlin/Brandenburg, d. an den Richtern beim Landessozialgericht Ber- lin/Brandenburg, e. an den Vorsitzenden Richtern am Landesozialge- richt Berlin/Brandenburg, f. an den Richtern am Kammergericht, g. an den Vorsitzenden Richtern am Kammergericht? Zu 1.: a. Aktuell sind 1357 Richterinnen und Richter bei den Berliner Gerichten – darunter 696 Frauen – tätig . Das entspricht einem Anteil von 51,2%. b. Beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg sind im R 2-Amt aktuell elf Richterinnen beschäf- tigt. Der Frauenanteil beträgt 29,7%. c. Zwei Frauen sind beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im R 3-Amt tätig. Dies ent- spricht einem Frauenanteil von 22,2%. d. Beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ar- beiten 21 Richterinnen, die das Statusamt R 2 in- nehaben. Der Frauenanteil beträgt demnach 36,2%. e. Die Frauenquote bei den Vorsitzenden Richtern am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg be- trägt 33,3% (fünf Vorsitzende Richterinnen). f. Beim Kammergericht sind 48 Frauen als Richte- rinnen tätig, die nach R 2 besoldet werden. Dies entspricht einem Anteil von 40,3%. e. Die Frauenquote bei den Vorsitzenden Richtern am Kammergericht beträgt 25,8% (acht Vorsitzen- de Richterinnen). 2. Wie hat sich der Anteil der Frauen an 1. c., e. und g. in den vergangenen 10 Jahren entwickelt? Zu 2.: In der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit konnte in den letzten zehn Jahren der Frauenanteil im R 3-Amt signifikant erhöht werden. So betrug im Jahr 2004 der Frauenanteil bei den Vorsitzenden Richtern am Ober- verwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 12,5%. Zehn Jahre später konnte ein Frauenanteil von 22,2% erreicht werden. Eine deutliche Erhöhung der Frauenquote gelang auch bei den Vorsitzenden Richtern am Landessozialge- richt Berlin-Brandenburg. Im Jahr 2004 betrug der Frau- enanteil bei den R 3-Richtern 23,1% und zehn Jahre spä- ter 33,3%. Beim Kammergericht belief sich im Jahr 2004 der Frauenanteil bei den Vorsitzenden Richterinnen auf 24,1%. 2014 betrug der Anteil 25,8%. 3. Wie hoch ist der Frauenanteil in den an der Beför- derung von Richterinnen beteiligten Organen (Justizver- waltung, Präsidialrat, Richterwahlausschuss)? Zu 3.: Grundlage einer Beförderungsentscheidung sind die dienstlichen Beurteilungen der Richterinnen und Richter, die Aussagen zur Eignung, Befähigung und fach- licher Leistung der zu beurteilenden Richterinnen und Richter treffen. Die dienstliche Beurteilung erfolgt jeweils durch die Präsidentin/den Präsidenten des Gerichts, bei dem die Richterinnen und Richter beschäftigt sind. Der Frauenanteil bei den Präsidenten der ordentlichen Ge- richtsbarkeit beträgt 46, 2 %, in der Sozial- und Verwal- tungsgerichtsbarkeit jeweils 50% und in der Arbeitsge- richtsbarkeit 100%. Der Beförderungsvorschlag erfolgt durch die Präsi- dentin/den Präsidenten des jeweiligen oberen Landesge- richts. Diese/dieser beantragt gemäß § 61 Abs. 2 Berliner Richtergesetz (RiGBln) die Stellungnahme des Präsidial- rats zu ihrem oder seinem Personalvorschlag. Die Präsi- dentenstelle des Landessozialgerichts ist zurzeit nicht besetzt, so dass der Frauenanteil im Übrigen - bezogen auf die Präsidentenstellen des Kammergerichts, des Lan- desarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg und des Oberver- waltungsgerichts Berlin-Brandenburg – 66,7% beträgt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 934 2 Der Präsidialrat ist bei jeder Beförderung (Übertra- gung eines Richteramtes mit höherem Endgrundgehalt als dem eines Eingangsamtes) zu beteiligen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 RiGBln). In der ordentlichen Gerichtsbarkeit entspricht der Frauenanteil der Präsidialratsmitglieder 57,1%, in der Sozialgerichtsbarkeit 40%, in der Verwaltungsgerichts- barkeit 20% und in der Arbeitsgerichtsbarkeit 50%. Die Frauenquote beim Richterwahlausschuss, der über die Beförderung entscheidet, beträgt bei den ständigen Mitgliedern 18% und bei den nichtständigen Mitgliedern 33,3%. Die Frauenquote beim Gemeinsamen Richter- wahlausschuss beträgt bei den ständigen Mitgliedern 45,5 %. Das nichtständige Mitglied für die Arbeitsgerichtsbar- keit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist jeweils eine Frau, im Übrigen ist das nichtständige Mitglied ein Mann. 4. Wie hoch war der Anteil der Bewerbungen von Frauen auf Beförderungsstellen ab R 3 in den letzten 10 Jahren und wie hoch war der Anteil an Frauen an den Beförderten? Zu 4.: Diese Daten wurden und werden im Geschäfts- bereich der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucher- schutz statistisch nicht erfasst, so dass zu dem Frauenan- teil bei den Bewerbungen und des Anteils der Frauen an den Beförderten ohne unzumutbaren Aufwand keine Aussage getroffen werden kann. Für die bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Integrati- on und Frauen ressortierende Arbeitsgerichtsbarkeit kann mitgeteilt werden, dass seit dem Jahr 2004 beim Landes- arbeitsgericht Berlin-Brandenburg bis heute insgesamt 33 Bewerbungen für R 3 – Beförderungsstellen eingegangen sind, davon entfielen 13 auf Frauen. Aufgrund dieser Bewerbungen sind insgesamt 12 Beförderungen erfolgt, davon entfielen sieben auf Frauen. 5. Hält der Senat die Bestimmungen des Landes- gleichstellungsgesetzes im Hinblick auf die Richterschaft für ausreichend? Zu 5.: In der Berliner Justiz werden entsprechend der Verpflichtung im Landesgleichstellungsgesetz Frauen gefördert und aktiv auf die Beseitigung bestehender Un- terrepräsentanzen hingewirkt. Mittlerweile werden Lei- tungsaufgaben bei den Berliner Gerichten überwiegend von Frauen wahrgenommen. Bei Führungsaufgaben un- terhalb der Leitungsebene gibt es noch Verbesserungsbe- darf. Eine Vielzahl der Präsidentinnen- und Präsidenten- stellen der Berliner Gerichte ist mit Richterinnen besetzt. So werden das Kammergericht, das Verwaltungsgericht, das Sozialgericht und das Arbeits- und Landesarbeitsge- richt sowie fünf der elf Amtsgerichte von einer Präsiden- tin geführt. Daneben nehmen im Kammergericht, im Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, im Landge- richt und in fünf Amtsgerichten Vizepräsidentinnen Füh- rungsaufgaben war. Noch bestehende Unterrepräsentanzen im spruchrich- terlichen Bereich in Beförderungsämtern konnten in den letzten Jahren signifikant reduziert werden. In der Ar- beitsgerichtsbarkeit sind 50% der R 3 – Stellen mit Frauen besetzt. Auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind mittlerweile bereits 38,9% der Stellen mit Frauen der Besoldungsstufe R 2 in der Rechtsprechung besetzt. So- weit ein 50% Frauenanteil in den Beförderungsämtern hier noch nicht erreicht werden konnte, ist dies eine Langzeitfolge der Einstellungspraxis bis in die 1990er Jahre, als deutlich mehr Männer als Frauen in den Justiz- dienst aufgenommen wurden. Bei Führungskräften unter- halb der Leitungsebene ist das Ziel der paritätischen Be- setzung von Männern und Frauen noch nicht erreicht. Nach den aufgezeigten positiven Entwicklungen in den letzten Jahren steht jedoch zu erwarten, dass die seit Be- ginn der 1990er Jahre in großer Zahl eingestellten hoch- qualifizierten Frauen entsprechend ihrer Beschäftigungs- quote im R-besoldeten Bereich Spitzenpositionen in der Rechtsprechung erreichen werden. Aufgrund der dargestellten Entwicklung werden die Bestimmungen des Landesgleichstellungsgesetzes nach hiesiger Auffassung im Hinblick auf die Richterschaft grundsätzlich für ausreichend erachtet. Berlin, den 24. Juni 2014 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Juni 2014)