Drucksache 17 / 13 963 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Beck (GRÜNE) vom 10. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juni 2014) und Antwort Kein Dialog des Senats mit Weltanschauungsgemeinschaften? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den seit 2011 stattfindenden Dialog der Religionen? Zu 1.: Der Senat begrüßt das religionsübergreifende, zivilgesellschaftliche Engagement, das sich im „Berliner Dialog der Religionen“ zeigt. Menschen aus 60 unterschiedlichen Religionsgemeinschaften und über 50 inter- religiösen Initiativen haben sich auf verschiedenen Platt- formen zusammengefunden, um in diversen Formen reli- gionsübergreifender Zusammenarbeit konkrete Beiträge zu besserer Verständigung, zu Integration und zum gesell- schaftlichen Engagement zu leisten. Dieser partizipatori- sche Ansatz des „Berliner Dialogs der Religionen“ wird vom Senat als zukunftsweisend gewertet. Beim „Berliner Dialog der Religionen“ stehen praktische Fragen des Zusammenlebens im Vordergrund. 2. Welche finanziellen Mittel wurden seitdem ausgegeben für a) Veranstaltungen, b) Werbung/ Öffentlich- keitsarbeit und c) Personal? Zu 2 a): Für 15 Veranstaltungen (Jahresveranstaltun- gen, Konferenzen, Workshops) mit zum Teil bis zu 300 Personen wurden seit 2011 38.961,00 € ausgegeben. Zu 2 b): Auf der Internetseite der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten wird auf den „Berliner Dialog der Religionen“ hingewiesen. Ansonsten findet keine Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit statt. Zu 2 c): Die Arbeitsanteile, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den „Berliner Dialog der Religionen “ geleistet werden, lassen sich nicht beziffern. Die für den „Berliner Dialog der Religionen“ verantwortliche Projektleiterin bezieht derzeit ein Gehalt in der Höhe E 13. 3. Welche Ergebnisse hat die Evaluation dieser Veranstaltungen hervorgebracht? Zu 3.: Der „Berliner Dialog der Religionen“ ist seit der Auftaktveranstaltung auf breite Resonanz gestoßen. An den nachfolgenden Konferenzen im Rathaus haben sich jeweils bis zu 300 Akteurinnen und Akteure aktiv eingebracht. In multireligiös besetzten Projektgruppen arbeiten sie unter anderem an folgenden Themen: • Die Lange Nacht der Religionen findet unter der Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters von Berlin seit 2012 statt, seit 2013 in Kooperation mit der Langen Nacht der Synagogen. Rund 100 teilnehmende Religionsgemeinschaften öffnen ihre Türen für alle Berlinerinnen und Berliner und er- möglichen Informationen und Begegnungen. • Gründung des Berliner Forums der Religionen durch die Akteurinnen und Akteure aus Religions- gemeinschaften und interreligiösen Initiativen, um vor allem bei sozialen Themen in der Stadt lang- fristig religionsübergreifend zusammenzuarbeiten. • Stadtweiter religionsübergreifender Dialog mit Kindern und Jugendlichen. Die dauerhafte und krisenfeste Verständigung über die eigenen Religionsgrenzen hinweg, steht bei allen Vorha- ben im Mittelpunkt. Das größtenteils ehrenamtlich geleis- tete Engagement der Beteiligten ist ein positives Beispiel für zivilgesellschaftliche Partizipation. Es zeigt die Ver- bundenheit mit der Stadt gerade von Menschen mit ver- schiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen. Das Zusammenleben in Berlin wird auf diese Weise befördert. 4. Welche vergleichbaren Modelle dieses Formats sind dem Senat in anderen Bundesländern oder Städten bekannt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 963 2 Zu 4.: Es gibt in fast allen größeren deutschen Städten Foren der Zusammenarbeit und des Austausches zwischen den ansässigen Religionsgemeinschaften sowie mit Ver- treterinnen und Vertretern der Städte. Beispielsweise: Interreligiöses Forum Hamburg, Rat der Religionen in Frankfurt am Main, Interreligiöser Runder Tisch Leipzig, Forum und Rat der Religionen Hannover, Rat der Religi- onen in Bonn, Rat der Religionen in Köln. Die Modelle sind an die örtliche Situation angepasst und nur bedingt miteinander vergleichbar. 5. Warum ist bislang keine Einladung zu der für 2012 angekündigten Veranstaltung Dialog der Weltanschau- ungsgemeinschaften (vgl. DS 17/10152) erfolgt? 6. Welche Gründe sprechen aus Sicht des Senats dagegen , in Berlin einen gemeinsamen Dialog der Religio- nen und Weltanschauungsgemeinschaften zu organisie- ren? Zu 5. und 6.: Im November 2013 fand die Veranstal- tungsreihe „Vorhof der Völker - Freiheitserfahrungen mit und ohne Gott“ in Berlin statt. Bei den Veranstaltungen diskutierten Gläubige und Nichtgläubige über ausgewähl- te Themen des ethischen Humanismus und seines Ver- hältnisses zu Glaubensfragen. Zu der Auftaktveranstal- tung im Berliner Rathaus, zu der der Regierende Bürger- meister von Berlin Erzbischof Gianfranco Kardinal Rava- si, den Präsidenten des päpstlichen Kulturrates, eingela- den hatte, waren insbesondere die Berliner Weltanschau- ungsgemeinschaften eingeladen. Eine Resonanz auf die Veranstaltung von Seiten der Weltanschauungsgemein- schaften blieb aus. Der „Berliner Dialog der Religionen“ ist eine Reaktion des Senats auf das Bedürfnis nach einer neutralen Moderation, welches von religionsübergreifend arbeiten- den Initiativen und Religionsgemeinschaften an den Senat herangetragen wurde. Etablierte Foren des Austausches und der Zusammen- arbeit verschiedener Weltanschauungsgemeinschaften sind bisher nicht bekannt. Mit Ausnahme des Humanisti- schen Verbandes Deutschlands, Landesverband Berlin- Brandenburg, hat bisher keine der Berliner Weltanschau- ungsgemeinschaften Bedarf für einen durch den Staat moderierten Dialog geäußert. Gleichwohl war für die erste Jahreshälfte 2014 ein Gesprächstermin mit den Weltanschauungsgemeinschaften geplant, der aus termin- lichen Gründen auf die zweite Jahreshälfte verschoben werden musste. 7. Wie ist die Aussage des Staatssekretärs für Kulturelle Angelegenheiten vom 13. Mai 2014 zu verstehen, dass Religionen der soziale Kitt seien, der Berlin zusam- menhalte? Zu 7.: Kirchen und Religionsgemeinschaften legen in der Regel großen Wert auf soziales Engagement. Sie haben daher seit jeher Konzepte entwickelt, sich insbe- sondere um Benachteiligte und am Rand der Gesellschaft Stehende zu kümmern. Auch weil dieses soziale Engage- ment aus einer religiösen Überzeugung heraus meistens ehrenamtlich erfolgt, hat der Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten bei seinem Grußwort auf diese Bedeu- tung hingewiesen. 8. Ist der Senat der Meinung, dass die zwei Drittel konfessionslosen BerlinerInnen die Religionsgemein- schaften als Bindemittel wünschen und welche Rolle spielt diese Mehrheit der BerlinerInnen beim Dialog von Weltanschauungen und Religionen? Zu 8.: Die Frage, ob die Berlinerinnen und Berliner, die keine formellen Mitglieder einer Religionsgemein- schaft sind, die Religionsgemeinschaften als Bindemittel wünschen und inwieweit sie sich in einen Dialog einbrin- gen möchten, kann nur von jenen selbst beantwortet wer- den. Berlin, den 23. Juni 2014 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Tim Renner Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juni 2014)