Drucksache 17 / 13 988 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Gelbhaar (GRÜNE) vom 13. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juni 2014) und Antwort Öffentlich-rechtlicher Rundfunk werbefrei? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie steht der Senat der Möglichkeit gegenüber, die erwarteten Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag für eine Reduzierung der Werbung in den öffentlich recht- lichen Rundfunksendern zu nutzen? Zu 1.: Die Reduzierung der Werbung im öffentlich- rechtlichen Rundfunk ist eine von mehreren Verwen- dungsmöglichkeiten für Mehreinnahmen beim Rundfunk- beitrag. Die Positionierung des Senats wird vom Ergebnis der Evaluierung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages abhängen und von den finanziellen Auswirkungen auf den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). 2. Wie hoch sind die Kosten, die die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten für die Organisation und Aus- strahlung von kommerzieller Werbung Dritter aufbringen müssen? Wie hoch ist der Anteil im rbb? Zu 2.: Aufwand und Ertrag aus Werbung und Sponso- ring des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht regelmä- ßig in die Berichte der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) ein. Der RBB hat hierzu im Einzelnen folgendes mitgeteilt: „Würde die Werbung komplett entfallen, müsste die ARD in den Jahren 2013 – 2016 auf Erträge von 1.450,9 Mio. Euro verzichten. Gleichzeitig würden Aufwendun- gen von 185,8 Mio. Euro nicht mehr anfallen. In Summe müsste die ARD in dieser Periode 1.265,1 Mio. Euro aufbringen, um den Wegfall der Hörfunk- und Fernseh- werbung zu kompensieren. Der RBB vereinnahmte 2013 einen Beteiligungsertrag von rund 6,4 Mio. Euro. Dieser ergibt sich aus Erträgen von 29,9 Mio. € (davon Nettoumsatz aus Werbung: 22 Mio. Euro) sowie Aufwendungen für die Werbegesell- schaft, Provisionen und Kosten des Rahmenprogramms von 23,5 Mio. Euro. Der Beteiligungsertrag macht 1,5 % der Gesamterträge des RBB aus, die bei Wegfall der Werbung eingespart werden müssten.“ 3. Wie berechnet der Senat die finanziellen Auswirkungen bei einem Wegfall von Werbung in den öffentlich rechtlichen Rundfunksendern? Zu 3.: Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben die KEF am 14. Juni 2012 um einen Sonderbericht zu der Frage gebeten, welche Auswirkun- gen ein Verzicht auf Werbung und Sponsoring in Hörfunk und Fernsehen auf die Finanzierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks hätte, insbesondere hinsichtlich der Höhe des Rundfunkbeitrags. Dieser Sonderbericht ist zusammen mit dem 19. KEF- Bericht vorgelegt und wie dieser veröffentlicht worden. Danach wäre bei einem vollständigen Entfall von Wer- bung in der laufenden Beitragsperiode (2013 - 2016) ein um 1,18 Euro monatlich höherer Rundfunkbeitrag erfor- derlich. Ein Verzicht auf Sponsoring würde einen zusätz- lichen Ausgleich von 0,08 Euro monatlich erfordern. 4. Wie wird sich das Land Berlin beim Treffen der Ministerpräsidenten der Länder im März 2014 zum Um- gang mit den Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag positionieren und welche Vorschläge zur Verwendung der Mittel wird das Land Berlin aktiv in den Dialog einbrin- gen? Zu 4.: In der Annahme, dass sich die Frage auf die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder im März 2015 bezieht: Der Senat wird seine Positionierung zu gegebener Zeit vornehmen. 5. Welchen Mehrwert für eine Akzeptanz des öffentlich rechtlichen Rundfunks sieht der Senat bei einer Re- duzierung des monatlichen Rundfunkbeitrag um 73 Cent bzw. um 1,46 Euro? Zu 5.: Die Akzeptanz der Finanzierung des öffentlich- rechtlichen Rundfunks hängt u. a. von der Höhe des Rundfunkbeitrags ab. Der Senat sieht es als akzeptanzför- derlich an, wenn Mehrerträge den Beitragszahlenden zu Gute kommen. Dies ist eine Grundsatzfrage, auch unab- hängig vom Umfang der Absenkung. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 988 2 6. Wie sieht der Senat eine mögliche Absenkung des Rundfunkbeitrags gerechtfertigt vor dem Hintergrund, dass die tatsächlichen Einnahmen erst im Jahr 2017 ermit- telt werden können? Zu 6.: Die KEF hat in ihrem 19. Bericht zur Mitte der laufenden Beitragsperiode eine Beitragssenkung empfoh- len, da sie von entsprechenden Mehreinnahmen der Rund- funkanstalten bis zum Ablauf der Beitragsperiode Ende 2016 ausgeht. Dies ist notwendigerweise mit Prognosen verbunden, die sich aber auf die Entwicklung der Ist- Zahlen des Rundfunkbeitrags seit Anfang 2013 stützen. Dem Ausgleich dieser unvermeidlichen Unsicherheit der Datenlage dient die Bildung einer Rücklage aus den erwarteten Beitragsmehreinnahmen, die nicht für eine Beitragssenkung verwendet werden. Die weitere Entwick- lung der tatsächlichen Einnahmen wird in den 20. KEF- Bericht mit der Empfehlung zur Höhe des Rundfunkbei- trags ab 2017 einfließen. 7. Welchen prozentualen Anteil der Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag hält der Senat für eine Rückla- genbildung der Sendeanstalten für angemessen? Zu 7.: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben nach § 1 Absatz 4 Rundfunkfinanzierungsstaatsver- trag Überschüsse verzinslich anzulegen und Rücklagen zu bilden, wenn die Gesamterträge die Gesamtaufwendungen um mehr als 10% übersteigen. Diese Mittel werden in die Bedarfsermittlung einbezogen. 8. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, einzelne Gruppen von BeitragszahlerInnen durch die erwarteten Mehreinnahmen zu entlasten und für welche dieser Mög- lichkeiten wird sich der Senat aktiv einsetzen? Zu 8.: Die Entlastung einzelner Gruppen von Bei- tragszahlenden geht notwendiger Weise zu Lasten einer allgemeinen Beitragssenkung. Inwiefern es durch den Rundfunkbeitrag zu Mehrbelastungen von Beitragszah- lenden gekommen ist, die es zu korrigieren gilt, wird im Rahmen der Bewertung der Ergebnisse der Evaluierung zu entscheiden sein. 9. 0Wie präzisiert der Senat seine in Antwort auf Frage 1 der Kleinen Anfrage Drucksache 17/12989 ge- machten Aussage: „Die KEF gibt ihre Beitragsempfehlung auf Basis des geltenden Beitragsrechts. Insofern ist es folgerichtig, wenn mit Mehrerträgen die individuelle Beitragslast sinkt. Im Rahmen der Evaluierung wird aber auch zu prüfen sein (s. o.), ob die Mehreinnahmen der Mehrbelastung von bestimmten Beitragszahlenden (im privaten und nicht-privaten Bereich) zuzurechnen sind und folglich an partielle Korrekturen des Staatsvertrages (etwa bei der Belastung der öffentlichen Hand) zu denken ist. Diese Punkte sind erst noch zu ermitteln und die ent- sprechenden Gelder würden dann nicht mehr für eine generelle Senkung des Rundfunkbeitrages zur Verfügung stehen.“ hinsichtlich des Zeitrahmen, in welchem die benannte „Ermittlung dieser Punkte“ erfolgen soll, und welche Konsequenzen sind bereits zum heutigen Zeit- punkt abzusehen? Zu 9.: Der Senat geht davon aus, dass das für die Eva- luierung erforderliche Zahlenmaterial in den ersten Mona- ten des Jahres 2015 vorliegen wird. Auch angesichts der Bestätigung des Rundfunkbeitrags durch zwei Landesver- fassungsgerichtshöfe ist derzeit kein zwingender Verän- derungsbedarf am Staatsvertrag ersichtlich. Berlin, den 24. Juni 2014 K l a u s W o w e r e i t Regierender Bürgermeister (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Juni 2014)