Drucksache 17 / 14 010 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 17. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2014) und Antwort Hochhäuser am Alexanderplatz – Sachstand, Planänderung und Zeitperspektive Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Schritte hat der Senat eingeleitet bzw. geplant, um den Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Modifizierung der Hochhauspläne für den Alexander- platz umzusetzen, und wann ist der erste Zwischenbericht hierzu an das Abgeordnetenhaus vorgesehen? Antwort zu 1: Die für die städtebauliche und verbind- liche Bauleitplanung zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (SenStadtUm) erhielt vom Abgeordnetenhaus mit Beschluss vom 08.05.2014 den Auftrag, für den Alexanderplatz ein Workshopverfahren durchzuführen. Das Workshopverfahren soll in einem mehrstufigen Beteiligungsprozess durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage wird derzeit ein europaweites Aus- schreibungsverfahren für die Auswahl eines Büros für Beteiligungs- und Kommunikationsprozesse vorbereitet, dessen Beauftragung im III. Quartal 2014 erfolgen soll. Parallel dazu wurden die Anrainerinnen und Anrainer des Alexanderplatzes durch die Senatsbaudirektorin über die Leitlinien des bevorstehenden Workshopverfahrens in- formiert. Ein erster Zwischenbericht zum Stand des Workshopverfahrens wird bis Anfang 2015 vorliegen. Frage 2: War dem Senat seinerzeit, im November 2004, bekannt, welche zusätzlichen Probleme im unterir- dischen Bauraum die Veränderung des Hochhaus- Standortes auf dem Grundstück des Investors Hines an der Nordost-Seite des Alexanderplatzes auslösen würde und wie wurden diese in der Abwägung behandelt? Antwort zu 2: Die im Rahmen der Bauleitplanung zu prüfende grundsätzliche Realisierbarkeit aller Baufelder des Plangebietes I-B4 wurde im Rahmen des für den Gesamtbereich erstellten Gutachtens „Unterirdische Bauwerke und Netze“ 1997 als möglich eingeschätzt. Dazu gehörte auch der damals noch in der Blockmitte an der Grunerstraße geplante Standort des Turmhochhauses auf der Baufläche D4. 2004 wurde die vom Investor Hines gewünschte Standortverschiebung durch Prof. Kollhoff und den dama- ligen Senatsbaudirektor zunächst nur auf städtebauliche Aspekte hin bewertet und für möglich erachtet. Mit Hines wurde in dem daraufhin geänderten städtebaulichen Ver- trag vereinbart, dass alle im Detail zu klärenden Fragen im Rahmen des dafür erforderlichen Änderungsverfahrens zum B-Plan I-B4a sowie im städtebaulichen Vertrag bei voller Kostentragung durch HINIES zu lösen sind. Die Abwägung der im Zuge der Behördenbeteiligung gem. § 4 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) von der BVG vorgebrachten Bedenken veranlasste den bei SenStadtUm zuständigen Plangeber, die Technischen Aufsichtsbehörde (TAB) einzubinden. Im Ergebnis des noch andauernden Abstimmungsprozesses muss es zu einer möglichst risiko- freien Absicherung der Anlagen und Netze des Verkehrs und des ÖPNV während und dauerhaft nach den Bau- maßnahmen kommen. Vertraglich müssen dafür Havarie- pläne vereinbart werden. Zudem ist zu sichern, dass es für den nicht völlig ausschließbaren Havariefall bei allen Maßnahmen zur Vorbereitung und zur Beseitigung zu keinen finanziellen Belastungen für Berlin /BVG kommen darf. Die Weiterführung des Änderungsverfahrens zum B- Plan I-B4a-3 soll erst dann erfolgen, wenn hierüber zwi- schen Berlin und Hines Konsens besteht. Frage 3: Sind die BVG und die technische Aufsichts- behörde für Verkehrsanlagen in die damalige Entschei- dungsvorbereitung einbezogen gewesen und wie haben sie auf die geplanten Veränderungen reagiert? Antwort zu 3: Nein, im Übrigen vgl. Antwort zu 2. Frage 4: Welche konkreten Realisierungsabsichten für weitere Hochhäuser bestehen aktuell neben dem „HinesHochhaus “, wie ist deren planungs- und genehmigungsrechtlicher Status und welche Zeitpläne geben die Inves- toren an? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 010 2 Antwort zu 4: Für das Baufeld MK 1 Alexander- straß/Grunerstraße hat das Bezirksamt Mitte am 08.05.2014 auf Grundlage des seit 2006 rechtsverbindli- chen B-Plans I-B4d einen positiven Bauvorbescheid für das 150 m hohe Alexa Turmhochhaus erteilt. Zur Vorbe- reitung von Bauantragsunterlagen stimmt sich der Inves- tor im Juni 2014 mit dem bei der Senatsbaudirektorin angesiedelten Baukollegium ab, der Bauantrag soll spä- testens im September 2014 eingereicht werden. Der Hochhausturm soll bis Ende 2018 fertiggestellt sein. Die DEGWEO hat für das Baufeld MK 2, Alexander- straße/Voltairestraße zur baulichen Abrundung dieses Areals seit 2013 einen positiven Bauvorbescheid für ein 65 m hohes Wohnhochhaus mit angrenzender Blockrand- bebauung. Derzeit bereitet ein Investor aus Hamburg die Bauantragsunterlagen vor. Ebenfalls auf der Grundlage eines Bauvorbescheids werden die Projektunterlagen für den Komplex „car loft tower“ mit einem weiteren 65 m Turm auf der Baufläche E 4 am Holzmarkt vorbereitet. Für weitere Turmhochhäuser im Planungsbereich des Alexanderplatzes sind der Senatsverwaltung für Stadt- entwicklung und Umwelt keine Realisierungspläne be- kannt. Frage 5: Welche konkreten Nutzungen sind in dem am Einkaufszentrum Alexa geplanten Hochhaus vorgesehen und sind diese mit den planungsrechtlichen Festlegungen vereinbar? Antwort zu 5: Gemäß der im B-Plan I-B4d geregelten allgemeinen Zulässigkeit von Wohnen oberhalb von 35 m über Gehweg sollen Wohnungen und im Sockelbereich großflächiger Einzelhandel und sonstige kerngebietstypi- sche Nutzungen realisiert werden. Frage 6: Wie beabsichtigt der Senat die stadträumliche Wirkung des am Einkaufszentrum Alexa geplanten Hoch- hauses, insbesondere auf die städtebaulich bedeutsamen Sichtachsen zum Fernsehturm von der Karl-Marx-Allee und der Frankfurter Allee, zu überprüfen und wie sollen das Abgeordnetenhaus und die Öffentlichkeit in den Ab- wägungsprozess einbezogen werden? Antwort zu 6: Die grundsätzliche Standortfindung und städtebauliche Einordenbarkeit war Bestandteil des Ab- wägungsverfahrens des seit 2006 rechtsverbindlichen B- Plans I-B4d, in das die Öffentlichkeit und das Abgeordne- tenhaus einbezogen wurden. Das Baugenehmigungsver- fahren sieht weder eine parlamentarische noch eine Öf- fentlichkeitsbeteiligung vor. Die Gestaltung des Turm- hochhauses unter Berücksichtigung seiner städtebaulichen Einbindung in das nähere und weitere Umfeld wird durch das Baukollegium begleitet. Frage 7: Wie ist der Stand der Prüfung der Denk- malwürdigkeit des Hauses des Reisens, des Hauses des Berliner Verlages und ggf. weiterer Bestandsbauten, wel- che Rolle spielt in diesem Zusammenhang das Haus der Statistik an der Ecke Karl-Marx-Allee und Otto-Braun- Straße? Antwort zu 7: Derzeit untersucht das Landesdenkmal- amt die Denkmalwürdigkeit verschiedener Bestandsbau- ten, wie für das Hauses des Reisens oder das Haus der Berliner Verlage. Mit einem Ergebnis ist bis Ende des Jahres zu rechnen. Die Bewertung der Denkmalwürdigkeit für das Haus der Statistik ergab, dass es keine Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung gibt. Frage 8: Aus welchen Gründen stagniert das bezirkli- che Bebauungsplanverfahren für das Areal des ehemali- gen Hauses der Statistik? Antwort zu 8: Das Bebauungsplanverfahren stagniert nicht. Derzeit wird die Behördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) durchgeführt. Allerdings erforderten drei Themenbereiche tiefgreifende und zeit- aufwändige Klärung für ein abwägungsgerechtes B- Planverfahren: - Umgang mit einem Abwasserkanal im Bereich Karl- Marx-Allee, der die Bebaubarkeit des Areals erheb- lich beeinflusst. Erst nach Fertigstellung einer auf- wendigen Untersuchung konnte die frühzeitige Be- hördenbeteiligung gemäß § 4 Abs. 1 BauGB (ab 28.11.2011) und anschließend die frühzeitige Öf- fentlichkeitsbeteiligung (ab 23.04.2012) durchge- führt werden. - Abstimmungen mit SenStadtUm über Anpassung von Nutzungsdichten des im städtebaulichen Gut- achterverfahren ausgewählten Konzepts an das ge- mäß Baunutzungsverordnung (BauNVO) planungs- rechtlich festsetzbare Maß. Erst danach konnte das erforderliche Verkehrs- und Immissionsschutzgut- achten beauftragt werden. Beide Gutachten erforder- ten auf Grund von Überlastungen mit Aufträgen ei- nen ungewöhnlich langen Zeitraum von Ende De- zember 2012 bis Anfang Juni 2014. Frage 9: Welche näheren Erkenntnisse hat der Senat über die Gründe, die den Fachbeirat der KMK bewogen haben, den Berliner Antrag, Karl-Marx-Allee und Inter- bau 57 gemeinsam für die deutsche Liste des Weltkultur- erbes zu nominieren, nicht zur Aufnahme zu empfehlen? Antwort zu 9: Zur Ablehnung des Vorschlags "Zwei deutsche Architekturen: Karl-Marx-Allee und Interbau 1957" für die neue deutsche Tentativliste liegt dem Senat der Abschlussbericht des von der Kultusministerkonfe- renz (KMK) eingesetzten Fachbeirates und die darin ent- haltene Begründung vor. Der Bericht wurde am 12.6.14 durch die KMK beschlossen. Teil des Beschlusses ist die Veröffentlichung des Berichtes auf der Homepage der KMK. Danach wurde durch den Fachbeirat bewertet, dass der Vorschlag zwar die unterrepräsentierte Kategorie der Architektur aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts und der Stätten, die die ehemalige Teilung Europas dokumentie- ren, stärken könnte. Der im eingereichten Vorschlag mit den Kriterien (ii), (iii), (iv) und (vi) in Verbindung mit Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 010 3 immateriellen Werten begründete „Outstanding universal value“ (OUV) war für den Fachbeirat hingegen nicht ausreichend ersichtlich. Daher empfahl der Fachbeirat, die Thematik weiter zu erforschen. Um nähere Erkenntnisse zu erlangen, beabsichtigt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt die antragstellenden Initiativen und die Vorsitzende des Fachbeirates zu einem Gespräch einzuladen. Berlin, den 01. Juli 2014 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juli 2014)