Drucksache 17 / 14 015 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Baum (PIRATEN) vom 16. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2014) und Antwort Nutzungseinschränkungen von Sportanlagen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche konkreten Lärmgrenzwerte dürfen Sport- anlagen nicht überschreiten? Zu 1.: Die Lärmgrenzwerte für Sportanlagen ergeben sich aus der „Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Sportanlagen- lärmschutzverordnung - 18.BImSchV - vom 18.07.1991 ((BGBl. (Bundesgesetzblatt) I S. 1588, 1790)), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 9. Februar 2006 (BGBl. I S. 324). Diese trifft nach der planungsrechtli- chen Gebietsfestsetzung und der Tages- und Nachtzeit sowie weiteren Parametern die Festlegung zum jeweiligen Lärmgrenzwert. Die Immissionswerte für Sportanlagen in „Allgemeinen Wohngebieten“ und in „Mischgebieten“, die in der Stadt wegen des Aufeinandertreffens von Wohnnutzung und Sportanlagen besonders relevant sind, bitte ich der beigefügten Anlage „Übersicht Immissionswerte nach 18. BImSchV (Stand: 09.02.2006)“ zu entnehmen . 2. Mit welchen konkreten Nutzungseinschränkungen aufgrund welcher Überschreitung von Lärmgrenzwerten sahen sich im letzten und in diesem Jahr welche Sportan- lagen in welchen Bezirken konfrontiert? a) Wie umfangreich waren die Nutzungseinschrän- kungen pro Sportanlage? b) Wie viele Mittel wurden von welchen Bezirken zur Einhaltung der Lärmgrenzwerte pro Sportanlage ausgegeben? Zu 2.: a) Die Bezirke haben für folgende Sportanlagen 2013 und 2014 Nutzungseinschränkungen mitgeteilt. Der Um- fang der jeweiligen Einschränkung ist angefügt, ebenso die Kosten, soweit diese ausgewiesen wurden. Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg: - Sportanlage Körtestraße. Der Platz darf aufgrund Ge- richtsurteil nur bis 21.00 Uhr genutzt werden. Bezirk Tempelhof-Schöneberg: - Sportanlage Offenbacher Straße: Nutzungsende täg- lich ab 21.00 Uhr; - Sportanlage Wiesbadener Straße: Nutzungsende täglich ab 20.00 Uhr; - Sportanlage Rathausstraße: Nutzungsende täglich ab 21.00 Uhr und sonntags und feiertags Einhaltung 2 Stun- den Mittagsruhe; - Sportanlage am Südkreuz: Sonntags und an Feiertagen Einhaltung 2 Stunden Mittagsruhe (13.00 - 15.00 Uhr) auf dem Kleinspielfeld. Bezirk Spandau: - Sportanlage Sportpark Staaken: An Sonn- und Ruheta- gen darf in der Zeit von 13 bis 14 Uhr nicht gespielt wer- den; in der Zeit von 14 bis 15 Uhr darf nur auf einem Spielfeld gespielt werden (Insgesamt 2 Kunstrasenfelder auf der Sportanlage). Die Zuschauerinnen und Zuschauer halten sich die gesamte Zeit an Sonn- und Ruhetagen nur an der Südseite des Spielfeldes auf. Der Parkplatz an Sonn- und Ruhetagen darf in der Zeit von 13 bis 15 Uhr nicht genutzt werden. - Sportanlage Gößweinsteiner Gang : Trainingsbetrieb montags bis freitags bis max. 20.30 Uhr. Die Beleuch- tungsanlage darf nur montags bis freitags von Oktober bis März von 16 bis 21 Uhr genutzt werden. Dadurch ergeben sich zwangsläufig auch Einschränkungen in den übrigen Monaten, je nach Witterung und früherem Einsetzen der Dunkelheit in den Monaten April bis September. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 015 2 Bezirk Pankow: - 2-fach Sporthalle In der Str. 18 in 13156 Berlin (neu erbaut): Die Anwohnerklage gegen eine Nutzung im Rahmen der Betriebsbeschreibung war erfolgreich, die Sporthalle darf nur für den Schulsport bis 16:00 Uhr ge- nutzt werden. Vereinssport findet dort zurzeit nicht statt. Die Klage richtete sich vor allem gegen den Lärm der an- und abfahrenden Sportlerinnen bzw. Sportler und den Lärm vor der Sporthalle. Der Bezirk hat für den angegebenen Fall jetzt Zusatzkos- ten für ein neues Lärmschutzgutachten zu tragen. Die voraussichtlichen Kosten dafür betragen 4000,- Euro. Weitere Kosten bleiben abzuwarten. Bezirk Mitte: Sportplatz Holzmarkstraße Nutzungseinschränkungen an Wochentagen ab 20.30 Uhr, samstags ab 14.30 Uhr; sonn- tags keine Nutzung. Senatsverwaltung für Inneres und Sport Von den zentralen Sportanlagen mit gesamtstädtischer Bedeutung ist der Olympiapark Berlin (einschließlich Olympiastadion) von der Beschränkung der Durchfüh- rung lärmintensiver Veranstaltung (maximal 18) regelmä- ßig betroffen. b) Darüber hinaus haben einzelne Bezirke noch folgende Maßnahmen zur Einhaltung von Lärmgrenzwerten für einzelne Sportanlagen mitgeteilt. (Da lärmschutztechni- sche Anforderungen in der Regel im Rahmen von Ge- samtsanierungen mit durchgeführt werden und keine separate Erfassung erfolgt, hat ein größerer Teil der Be- zirke angegeben, zu den Kosten keine Angaben machen zu können. Soweit Kosten angegeben wurden, sind diese aufgeführt): Bezirk Lichtenberg: - Sportanlage Hauffstr. (2014): Überholung des Ballfang- zaunes durch Austausch von 209 Gummimuffen und Wechsel von 5 Zaunfeldern im Wert von 3.671,27 Euro. Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf: - Mommsenstadion: Es gab insbesondere in den Jahren 2012/2013 wegen mehrfacher Lärmbeschwerden Lärmsa- nierungsarbeiten. Es wurde ein Schallschutzgutachten erstellt und im Anschluss daran wurden durch den Bezirk technische Lärmminderungsmaßnahmen an der Beschal- lungsanlage vorgenommen. - Horst-Dohm-Eisstadion: Ordnungsbehördliche Schall- pegelmessungen des Umwelt- und Naturschutzamtes haben am 3.12.2002 ergeben, dass während der Ruhezei- ten Immissionsrichtwertüberschreitungen durch den Be- trieb auftreten. Auch hier wurden als Konsequenz keine formalen Nutzungseinschränkungen ausgesprochen. Als Lärmsanierungsarbeiten wurde ein Schallschutzgutachten erstellt und im Anschluss daran wurden durch den Bezirk technische Lärmminderungsmaßnahmen an der Beschal- lungsanlage vorgenommen. - Sportplatz Fritschestraße: Aufgrund von Anwohner- lärmbeschwerden wurden ordnungsbehördliche Schallpe- gelmessungen des Umwelt- und Naturschutzamtes im Jahr 2009 durchgeführt. Auch hier wurden als Konse- quenz keine formalen Nutzungseinschränkungen ausge- sprochen. In Abstimmung mit dem hauptsächlich nutzen- den Sportverein wurden freiwillige Nutzungseinschrän- kungen an Sonn- und Feiertagen von 7:00 bis 9:00 Uhr, 13:00 bis 15:00 Uhr, 20:00 bis 22:00 Uhr, eingeführt. - Hubertussportplatz: Aufgrund von Anwohnerlärmbe- schwerden wurden ordnungsbehördliche Schallpegelmes- sungen des Umwelt- und Naturschutzamtes durchgeführt. Auch hier wurden als Konsequenz keine formalen Nut- zungseinschränkungen ausgesprochen. Auf Aushängen auf der Sportanlage wurde auf den Anwohnerlärmschutz hingewiesen, der hauptsächlich nutzende Sportverein wurde sensibilisiert. Bezirk Steglitz-Zehlendorf: Bei allen Baumaßnahmen (Neubauten, Sanierungsmaß- nahmen, Umbauten oder auch Erweiterungsbauten) auf Sportanlagen und auch bei allen anderen Baumaßnahmen in der Nähe von Sportanlagen (Wohnungsbau) werden entsprechende Lärmschutz- bzw. Lichtschutzgutachten erstellt, um schon im Vorfeld Nutzungseinschränkungen zu vermeiden. 3. Welche Strategien verfolgen der Senat und die Be- zirke im Land Berlin, um einerseits Nutzungseinschrän- kungen von Sportanlagen möglichst zu minimieren und um andererseits für die Einhaltung von Lärmgrenzwerten zu sorgen? Zu 3.: Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport wie auch die Bezirke versuchen Auseinandersetzungen zu diesem Thema schon im Vorfeld auszuschließen. Als Strategien präferieren beide die Prüfung von mög- lichen Nutzungskonflikten im Vorfeld bei heranrückender Wohnbebauung in Bebauungsplanverfahren und bei Aus- nahmen vom Planungsrecht. Die Umwelt- und Natur- schutzbehörde bringt hier ihre technische Expertise ein. Besonders bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die Erarbeitung im Einzelfall erforderlicher Schallschutz- maßnahmen (bauliche Abschirmungen, technische Maß- nahmen und ähnliches). Bei Konflikten zu bestehenden Sportanlagen setzen al- le Bezirke und die Senatsverwaltung auf ein Konfliktma- nagement in Form vermittelnder Gespräche zwischen Sportanlagennutzenden, Sportanlagenbetreiber und der Ordnungsbehörde. Häufig führt dies zu Kompromissen und freiwilligen Änderungen in der Nutzung beziehungs- weise dem Nutzungsverhalten. Bei Vorliegen konkreter Beschwerden hat es sich bewährt, diese durch ordnungs- behördliche Messungen bzw. durch Beauftragung von Schallgutachten zu prüfen und einer Objektivierung und Bewertung zuzuführen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 015 3 4. In welchen konkreten Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien sind die Lärmgrenzwerte für Sportanla- gen, ihre Einhaltung, die Sanktionen bei Nicht-Einhaltung und die Zulassung von Ausnahmen geregelt? Zu 4.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 5. Welche weiteren Gesetze, Verordnungen oder Richtlinien führten im letzten und in diesem Jahr zu wel- chen Nutzungseinschränkungen von welchen Sportanla- gen in welchen Bezirken? Zu 5.: Konkrete Nutzungseinschränkungen für 2013 beziehungsweise 2014, die nicht auf den Vorgaben der 18. BImschV, sondern auf anderen rechtlichen Regelun- gen beruhten, wurden von den Bezirken nicht benannt. Generell ist noch die auf dem „Gesetz über die Sonn- und Feiertage“ vom 28. Oktober 1954 ((Gesetz- und Verordnungsblatt (GVBl.) S. 615)), zuletzt geändert durch Art. VI G zur Regelung von Partizipation und Integration in Berlin vom 15. 12. 2010 (GVBl. S. 560), beruhende „Verordnung über den Schutz der Sonn- und Feiertage (Feiertagsschutz-Verordnung - FSchVO)“ des Landes Berlin vom 5. Oktober 2004, (GVBl. S. 441), zu nennen, die den Betrieb auf Sportanlagen oder die Durchführung von Sportveranstaltungen einschränkt oder verbietet. Berlin, den 02. Juli 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juli 2014) Übersicht Immissionswerte nach 18. BImSchV (Stand: 09.02.2006) Mischgebiete (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 BImSchV) Tag/ Uhrzeit ab 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonn-/Feiertag bis 60 dB bis 55 dB bis 45 dB bei Nutzung von über 4 h gilt: Ruhezeit Allgemeine Wohngebiete ( § 2 Abs. 2 Nr. 3 BImSchV) Tag/ Uhrzeit ab 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonn-/Feiertag bis 55 dB bis 50 dB bis 40 dB bei Nutzung von über 4 h gilt: Ruhezeit S17-14015 S1714015 Anlage