Drucksache 17 / 14 017 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 16. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Juni 2014) und Antwort Anerkennung von ausländischen Abschlüssen im Gesundheitsbereich: Scheitert sie an der Approbation? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anträge auf Approbation sind seit 2011 von Menschen mit im Ausland erworbenen Abschlüssen gestellt worden? Zu 1.: Das (Bundes-) Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen vom 6. Dezember 2011 (Anerken- nungsG) ist am 01. April 2012 in Kraft getreten. Durch dieses Gesetz wurde in den einzelnen Berufsgesetzen (z. B. Bundesärzteordnung) die Möglichkeit geschaffen, auch Angehörigen von Staaten außerhalb der EU/ des Europäi- schen Wirtschaftsraumes (EWR) eine Approbation zu erteilen. Voraussetzung ist die Gleichwertigkeit des Aus- bildungsstandes. Abschlüsse (mit Ausnahme der Ausbil- dungen nach dem Psychotherapeutengesetz) aus dem EU- Ausland unterliegen bereits seit dem Jahr 2005 der sog. automatischen Anerkennung, die auf einer Koordinierung der Mindestanforderungen der Ausbildung beruht (Artikel 21 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parla- ments und des Rates). Erst durch das AnerkennungsG wurde die statistische Erfassung der Verfahren (ab Antragstellung) zur Feststel- lung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsquali- fikationen eingeführt. Deshalb kann zu Frage 1 nur mitge- teilt werden, dass im Jahr 2013 insgesamt 423 Anträge auf Erteilung der Approbation auf der Grundlage einer ausländischen Berufsqualifikation gestellt wurden. Dar- über hinaus wurden 219 Anträge auf Erteilung einer Be- rufserlaubnis gestellt. 2. In welchen Ländern wurden die Abschlüsse der An- tragsteller_innen erworben? Für welche Berufe sind An- träge gestellt worden? Zu 2.: Anträge auf Erteilung von Approbationen wer- den auf der Grundlage von Ausbildungsabschlüssen aus fast allen Ländern der Welt gestellt. Aus der EU sind im Land Berlin die Ausbildungsländer Griechenland, Öster- reich, Polen, Spanien, Italien und Zypern am stärksten vertreten. Ausbildungen aus den Drittstaaten stammen mehrheitlich aus Russland, der Ukraine, Saudi-Arabien, Aserbaidschan, Syrien und Libyen. Gestellt wurden Anträge auf Erteilung der Approbati- on als: Ärztin und Arzt, Zahnärztin und Zahnarzt, Apotheke- rin und Apotheker, Tierärztin und Tierarzt, Psychologi- sche Psychotherapeutin und Psychologischer Psychothe- rapeut (PPT) und Kinder- und Jugendlichen Psychothera- peutin und Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut (KJPT). 3. Wie viele Approbationen wurden erteilt? (Bitte ge- sondert angeben für die diversen Berufe im Gesundheits- bereich). Zu 3.: Über die tatsächlich erteilten Approbationen lassen sich ab 2011 folgende Angaben machen: Ärztinnen und Ärzte Zahnärztinnen und Zahnärzte Apothekerinnen und Apotheker Tierärztinnen und Tierärzte PPT KJPT 2011 154 16 12 2 0 0 2012 297 28 10 8 1 0 2013 197 29 14 6 4 0 2014 Stand: 31.05.2014 117 11 6 3 0 0 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 017 2 4. Wie viele Anträge wurden abgelehnt und mit wel- chen Begründungen? Zu 4.: Ablehnungen werden statistisch nicht erfasst. Deshalb lassen sich weder Angaben zu den Zahlen noch zu Gründen machen. In der Regel erfolgen Ablehnungen wegen fehlender Gleichwertigkeit des Ausbildungs- und Kenntnis-standes, aber auch wegen fehlender Unterlagen, wenn die Antragstellerinnen oder Antragsteller das Aner- kennungsverfahren nicht weiter verfolgen. Zahlreiche Anträge werden auch während des Verfahrens zurückge- nommen. 5. Welche Möglichkeiten haben abgelehnte Antrag- steller_innen zur Nachqualifikation? Zu 5.: Wird die mangelnde Gleichwertigkeit des Aus- bildungsstandes (Ausbildung und Berufserfahrung werden berücksichtigt) festgestellt, sehen die Berufsgesetze als Anpassungsmaßnahme die Kenntnisprüfung vor. Diese erstreckt sich auf den Stoff der deutschen staatlichen Abschlussprüfung, Einzelheiten sind in der Verordnung zur Durchführung und zum Inhalt von Anpassungsmaß- nahmen sowie zur Erteilung und Verlängerung von Be- rufserlaubnissen in den Heilberufen des Bundes geregelt (in Kraft seit dem 01. Januar 2014). Diverse Bildungsträ- ger, in Berlin z. B. die Charité, bieten Vorbereitungskurse für die Kenntnisprüfungen an. „Nachqualifikation“ im Sinne von weiterer Ausbildung ist in den Berufsgesetzen durch das AnerkennungsG nicht vorgesehen. Es besteht nach dem Berliner Hoch- schulrecht allerdings die Möglichkeit, die Ausbildung unter Anrechnung des ausländischen Studiums zu been- den. 6. Wie lange ist die Bearbeitungszeit – von der ersten Beratung bis zur endgültigen Antwort? Zu 6.: Zeiträume von der Beratung bis zur Entschei- dung werden statistisch nicht erfasst. Erhoben wird die Bearbeitungszeit von der Antragstellung bis zur Bescheid- erteilung. Die gesetzlich vorgeschriebene Frist von vier Monaten wird in 90 Prozent aller Fälle eingehalten, rd. 24 Prozent werden innerhalb eines Monats entschieden, die meisten Anträge (43,5 Prozent) werden innerhalb von drei Monaten entschieden. Den Fällen, in welchen die Frist überschritten wird, liegen in der Regel schwierige Sach- verhalte zugrunde, insbesondere die Prüfung und Beurtei- lung von Ausbildungen und Berufserfahrung aus Dritt- staaten kann zeitaufwändig sein. 7. Welche Möglichkeiten gibt es für die Antragstel- ler_innen nach einer Ablehnung gemäß ihrer Qualifikati- on zu arbeiten? Zu 7.: Sofern die gesetzlichen Höchstfristen für die Erteilung von vorübergehenden Erlaubnissen zur Berufs- ausübung noch nicht ausgeschöpft wurden, können Be- rufs-erlaubnisse erteilt werden. Des Weiteren kann in fachverwandten Berufen wie z. B. in der Pharmaindustrie oder in der Lebensmittelüberwachung gearbeitet werden. Ebenso bieten Wissenschaft und Forschung Beschäfti- gungsmöglichkeiten. Auch besteht die Möglichkeit – unter Anrechnung des ausländischen Studiums – die Ausbildung hier zu beenden, s. o. zu Frage 5. 8. Welche Stelle ist in Berlin für die Erteilung der Ap- probation an Menschen mit ausländischen Abschlüssen zuständig? Wie ist sie personell ausgestattet? Zu 8.: Für die Erteilung von (allen) Approbationen in Berlin ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) zuständig. Für die Arbeitsgruppe „Erlaubniserteilung “ (Approbation und Berufserlaubnis) stehen 2,75 Vollzeitäquivalente (VZÄ) zur Verfügung. 9. Welche Gebühren werden für das gesamte Verfah- ren erhoben? Wie hoch sind sie? Zu 9.: In der Verordnung über die Erhebung von Ge- bühren im Gesundheits- und Sozialwesen ist für die Ap- probationserteilung eine Rahmengebühr von 100 - 430 € festgesetzt. Das LAGeSo erhebt in der Regel folgende Mittelgebühren:  Approbation mit EU-Ausbildung: 192 €  Approbation mit Drittstaatenausbildung: 350 €  Approbation nach vorheriger Berufserlaubnis: 271 € Die höhere Gebühr für die Approbation mit Drittstaa- tenausbildung rechtfertigt sich durch den deutlich erhöh- ten Aufwand bei der Feststellung der Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes. Ggf. kommen noch Gebühren für Kenntnisprüfungen hinzu. Hier ist der Gebühren-rahmen auf 250 - 2000 € festgelegt. Das LAGeSo erhebt in der Regel folgende Gebühren: Ärztinnen und Ärzte Zahnärztinnen Zahnärzte Apothekerinnen und Apotheker Tierärztinnen und Tierärzte PPT KJPT 450 € 1.731 € 250 € 1.395 € 600,00 € 600,00 € Die Gebührenunterschiede kommen durch die Kosten für praktische Anteile der Prüfungen zustande. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 017 3 10. Hält der Senat angesichts der Bedarfe insbesonde- re an muttersprachlicher psychologischer und psychothe- rapeutischer Versorgung die erteilten Approbationen für ausreichend und die bestehende Praxis für angemessen? Zu 10.: Die Entscheidung über die Erteilung einer Approbation hat sich allein nach den am Patientenschutz orientierten Voraussetzungen in den jeweiligen Berufsge- setzen zu richten (vgl. z. B. § 3 der Bundesärzteordnung, § 2 Psychotherapeutengesetz). Dort ist eine Prüfung des Bedarfes nicht vorgesehen und wäre auch ver- fassungsrechtlich nicht zulässig (Artikel 12 Grundgesetz). Eine etwaige Überversorgung darf genauso wenig zu der Ablehnung eines Approbationsantrags führen wie eine Unterversorgung zu einer erleichterten Erteilung. Das LAGeSo hat sich bei der Prüfung aller Approbationsan- träge ausschließlich an die Berufsgesetze zu halten, Er- messensspielräume im Hinblick auf Bedarfe bestehen nicht. Berlin, den 01. Juli 2014 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Juli 2014)