Drucksache 17 / 14 037 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Klaer (CDU) vom 19. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Juni 2014) und Antwort Tiefbauarbeiten der Berliner Wasserbetriebe in der Friedenauer Senke Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beant- worten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Ant- wort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Wasserbetriebe - Anstalt öffentlichen Rechts - (BWB) um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde der Beantwortung zugrunde gelegt. 1. Seit 2009 laufen im Auftrag des Landes Berlin Tiefbauarbeiten der Berliner Wasserbetriebe im Bereich der Friedenauer Senke, um dort Regen-Entlastungskanäle zu installieren oder zu vergrößern. Dabei werden Rohre unter großem Zeitaufwand unterirdisch durch die Erde getrieben. Gleichzeitig werden unterirdische Hindernisse (Steine) mit hoher Lärm- und Schmutzbelastung durch gefräste Löcher einzeln von oben entfernt. Warum wird diese komplizierte Methode angewandt? Zu 1.: Für die Verbesserung der Regenentwässerung in der Friedenauer Senke wurden Kanalnetzberechnungen für verschiedene Varianten durchgeführt. Die hydraulisch günstigste Lösung ist ein Entlas- tungskanal von der Handjerystraße durch die Varziner Straße / Südwestkorso / Stubenrauchstraße bis zur Goß- lerstraße. Diese Variante ist aufgeteilt in sieben Bauabschnitte (BA): 1. BA Varziner Straße, 2. BA Düker Bundesallee, 3. BA Südwestkorso, 4. BA Stubenrauchstraße, 5. BA Goßlerstraße, 6. BA Rheinstraße, 7. BA Handjerystraße Sie beginnt mit ca. 1.100 m Regenüberlaufkanal Nennweite (Diameter Nominal) DN 1800 am Regenüber- laufkanal DN 2000 in der Handjerystraße und endet mit ca. 200 m DN 1200 an der Goßlerstraße. Der unterirdische Rohrvortrieb ist nach dem Stand der Technik die umweltschonendste Methode Kanäle zu ver- legen, weil dadurch der Bodentransport minimiert wird, der Verbrauch von Grundwasser stark reduziert wird, es nur zu geringem Straßenaufbruch kommt, die Straßen- bäume geschützt werden, die Umwelt durch weniger Immissionen (Staub, Lärm) belastet wird und nicht zuletzt die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer sowie Anwohnerinnen und Anwohner weniger durch die Bauarbeiten beansprucht werden. 2. Wäre nicht in einigen Bauabschnitten, z.B. in der Handjerystraße, eine andere Methode als der unterirdische Vortrieb kostengünstiger und zeitsparender gewesen? Zu 2.: Die grabenlosen Einbautechniken lassen in der Regel (in Abhängigkeit der Grabentiefe und Belegung des Bauraumes) eine größere Tagesleistung zu. Im Ge- samtergebnis eines Jahres verschiebt sich der Vorteil noch klarer hin zum Vortrieb, da dieser eine deutlich geringere Witterungsabhängigkeit hat als der wenig schnee-, regen- und frostresistente Baugraben. Seitens des Senats wurde den BWB die Aufgabe ge- geben, die Überstauproblematik in Friedenau bis 2016 zu lösen. Dadurch war die Erarbeitung eines Konzepts erfor- derlich, das gerade nicht die klassische Abarbeitung der einzelnen Bauabschnitte vorsieht. Das erarbeitete Konzept sieht die parallele Planung und auch Ausführung mehrerer Bauabschnitte vor. Darüber hinaus waren Forderungen des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg zur Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens zu berücksichtigen: Aufrechterhaltung des Individualverkehrs, keine Straßensperrungen für parallele und sich kreuzende Straßen, Beschränkung des Straßen- aufbruchs sowie des Baustellenverkehrs, mögliche Zwi- schenlager und Stellflächen sowie größtmöglicher Schutz des Baumbestandes. Die nun forcierten parallelen Bauar- beiten in den Bauabschnitten 4, 6 und 7 hätten bei offener Bauweise dem widersprochen. Insbesondere der Erhalt der Bäume erhielt eine hohe Priorität. Die offene Bauwei- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 037 2 se hätte eine erheblich höhere Anzahl von Baumfällungen zur Folge gehabt. Hinsichtlich der Kosten und weiterer Ausführungen zu den Vorteilen des unterirdischen Vortriebs wird auf die Antwort zu Frage 7. verwiesen. 3. Warum erhielt die W. & F. Ingenieurbau AG den Zuschlag für die Arbeiten? Zu 3.: Für den 2. Bauabschnitt wurde eine EU-weite Ausschreibung im offenen Verfahren durchgeführt. Es haben sich 21 Firmen bzw. Bietergemeinschaften um die Ausführung beworben, davon gaben 8 Bieter ein Angebot ab. Die Fa. W. & F. Ingenieurbau AG ging als günstigster Bieter mit dem wirtschaftlichsten Angebot aus dem Wett- bewerb hervor und erhielt somit den Zuschlag auf ihr Angebot. 4. Wird diese Baufirma pauschal bezahlt oder gibt es Zuschläge für extra anfallende Arbeiten, wie z.B. die Beseitigung unterirdischer Hindernisse, und wenn ja, in welcher Höhe sind Zuschläge bisher geflossen? Zu 4.: Die Bauleistung wird nicht pauschal bezahlt. Die Bauleistungen der Baufirmen werden so vergeben, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird und zwar zu Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, deren Menge nach Maß, Ge- wicht oder Stückzahl vom Auftraggeber in den Vertrags- bedingungen anzugeben ist (Einheitspreisvertrag). Für extra anfallende Arbeiten gibt es keinen Zuschlag. Nicht im Leistungsverzeichnis enthaltene Leistungen sind über Nachträge anzubieten, die separat verhandelt werden. Die Position „Baugruben für das Bergen von Hindernissen“ unterliegt ebenfalls dem Wettbewerb. 5. Was unternimmt der Senat, um die Belastung der Anwohner durch Lärm, Staub, Baumüll und Absperrun- gen so gering wie möglich zu halten, bzw. wird die aus- führende Baufirma diesbezüglich kontrolliert? Zu 5.: Um derartige Beeinträchtigungen zu vermeiden, ist die Verordnung über Sicherheit- und Gesundheits- schutz auf Baustellen (Baustellenverordnung - BaustellV - ) vom 10.06.1998 zu berücksichtigen: Einreichung der Vorankündigung beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo Berlin), Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans sowie Erarbeitung eines Verkehrsführungskonzepts für die bauzeitliche Verkehrs- führung, das die erforderlichen Verkehrssicherungsmaß- nahmen, Verkehrsbeschilderung, Absperrungen und Hin- weisschilder beinhaltet, aus dem die verkehrsrechtliche Anordnung resultiert. Dies stellt sicher, dass Belastungen durch Lärm, Staub, Bauschutt und Absperrungen mini- miert werden. Die Kontrolle bezüglich der Einhaltung dieser Vorgaben erfolgt durch die Bauleitung und Ober- bauleitung der BWB, durch den Sicherheitskoordinator und auch durch die Bauleitung des Auftragnehmers. 6. Was haben die Bauarbeiten bisher gekostet, welche Gesamtkosten sind geplant und können diese einge- halten werden? Zu 6.: Die Bauarbeiten für das gesamte Projekt Frie- denauer Senke (Bauabschnitte 1 bis 7) haben bisher rund 9,3 Mio. € gekostet. Nach bisherigem Kenntnisstand werden die geplanten Kosten in Höhe von 18,2 Mio. € eingehalten. 7. Was hätten die Bauarbeiten insgesamt ohne unterirdischen Vortrieb gekostet? Zu 7.: Die eingesetzten Bauweisen wurden nach öko- logischen und ökonomischen Gesichtspunkten ausge- wählt. Bei allen Bauabschnitten wurde unter Berücksich- tigung der Auswirkungen auf die Umwelt das wirtschaft- lichere Verfahren ausgesucht. Hierbei wurden Alternati- ven für die Trassen und die einzusetzende Technik unter- sucht. Die Vorteile der grabenlosen Verfahren haben jeweils überwogen. Auch die ökologischen Anforderun- gen, Eingriffe in den Boden- und Wasserhaushalt auf ein Mindestmaß zu reduzieren, wurden bei der Planung be- rücksichtigt. Die Komplexität der Aufgabenstellung, große Kanal- profile in den gut ausgelasteten Baugrund im öffentlichen Straßenland des innerstädtischen Bereichs einzubringen, bedarf einer Reihe von Untersuchungen und Betrachtun- gen. Grundsätzlich ist durch die offene Bauweise die Belastung der Anliegerinnen und Anlieger am größten. Die engen Straßen mit überdurchschnittlichem Baumbe- stand in den meisten Bauabschnitten hätten bei dessen Beseitigung - die Genehmigungsfähigkeit vorausgesetzt - einen nicht unerheblich zusätzlichen Kostenanteil verur- sacht. Einsparungen durch Entfall von Wasserhaltungs- und Straßenbauarbeiten haben der geschlossenen Bauwei- se wirtschaftliche Vorteile gebracht. Der Platzbedarf für die ausgehobenen Bodenmassen hätte als Konsequenz die Suche nach entfernt liegenden Lagerflächen verbunden mit Bodentransporten zur Folge. Auch die bruchgefährde- ten, alten Druckrohrleitungen, denen eine Freilegung ohne Materialwechsel nicht zugemutet werden könnte, wären als zusätzlicher Kostenträger bei der offenen Bauweise anzusetzen. Grundsätzlich waren Reduzierungen von Leitungsumlegungen nur durch den Rohrvortrieb zu errei- chen. Das in den letzten Jahren erweiterte Fernwärmenetz hat die Trassenwahl erheblich beeinflusst. Volkswirtschaftliche Einsparungen sind nicht genau zu beziffern. Jedoch sind Entlastungen hinsichtlich Ver- kehrs- und Anliegerbeeinträchtigungen, Reduzierungen von Lärm- und Emissionsbelastungen sowie Vegetations- schutz durch grabenlosen Vortrieb der einschlägigen Fachliteratur anerkannt. In Abhängigkeit der örtlichen Gegebenheiten wurden unterschiedliche Vortriebstechni- ken eingesetzt bzw. werden noch zum Einsatz kommen. Im 1. BA ist allein schon die Tiefenlage des neuen Stauraumkanals für die geschlossene Bauweise zwingend. Ebenfalls war der Einsatz einer Microtunnelmaschine für die Unterquerung der Senats- und U-Bahn Anlagen in Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 037 3 18 m Tiefe am Bundesplatz (2. BA) konkurrenzlos. Im 3. BA hat sich im Wettbewerb der Vortrieb mit offenem Schild für den Stauraum DN 1800 durchgesetzt. Notwen- dige Abstimmungen zwischen den BWB und der Ver- kehrslenkungsbehörde hinsichtlich Verkehrsbeschrän- kungen und Wegfall vieler Anliegerparkplätze im Süd- westkorso verzögern derzeit den Baubeginn. Die Mög- lichkeit, mit einem Nebenangebot die offene Bauweise durch einen Preisvorteil nach vorne zu bringen, wurde z. B. im 4. BA (Stubenrauchstraße) vom Wettbewerb nicht genutzt. Im 6. BA (Rheinstraße) standen zusätzlich auch die Interessen des Handels im Mittelpunkt. Im 5. bis 7. BA waren - wie vorstehend bereits ausgeführt - das vor- handene Fernwärmenetz und die Baumalleen - zu berück- sichtigen. Die BWB stimmten alle Entscheidungen mit dem Be- zirksamt Tempelhof-Schöneberg, Abt. Bauwesen, ab, die Planungsunterlagen wurden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in funktionaler, techni- scher, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht - insbe- sondere im Hinblick auf die Angemessenheit der Kosten - geprüft und einem offenen Wettbewerb unterworfen. Kosteneinsparungen bei der offenen Bauweise sind nicht erkennbar. 8. Wann werden die noch laufenden Bauabschnitte fertig gestellt und wann werden die Bauarbeiten insge- samt beendet sein? Zu 8.: Der (ggf. geplante) Abschluss der einzelnen Bauabschnitte ist der nachfolgenden Tabelle zu entneh- men: 1. BA Varziner Straße abgeschlossen am 18.11.2010 2. BA Düker Bundesallee: abgeschlossen am 13.01.2014 3. BA Südwestkorso abgeschlossen am 19.03.2014 4. BA Stubenrauchstraße geplanter vertraglicher Baubeginn 22.04.2014, Verzögerung aufgrund ausstehender verkehrsrechtlicher Anordnung durch die Verkehrslenkung um unbekannte Zeit, ursprünglich geplantes Bauende 23.10.2015 5. BA Goßlerstraße: geplanter Baubeginn 09.2015 (jedoch erst nach Bauende 4. BA) geplante Bauzeit 12 Monate 6. BA Rheinstraße geplantes Bauende 26.04.2015 7. BA Handjerystraße geplantes Bauende 28.11.2014 Berlin, den 30. Juni 2014 In Vertretung Henner B u n d e .................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Juli 2014)