Drucksache 17 / 14 042 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Benedikt Lux und Jasenka Villbrandt (GRÜNE) vom 19. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Juni 2014) und Antwort Wie barrierefrei ist die Berliner Polizei? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat den derzeitigen Zustand der Berliner Polizeigebäude mit Publikumsverkehr im Hin- blick auf Barrierefreiheit ein? Wie viele Gebäude gelten komplett und wie viele in welchen Abstufungen als barri- erefrei(bitte differenziert nach Abschnitten und einzelnen Wachen darstellen)? 2. Was unternimmt der Senat, um die Barrierefreiheit in den Berliner Polizeigebäuden zu verbessern oder voll- ständig zu ermöglichen? 3. Welchen Zeitplan sieht der Senat jeweils vor, um die unter 2. angesprochenen Maßnahmen umzusetzen? 4. Wie stellt der Senat bis zur Vollendung der unter 2. angesprochenen Maßnahmen sicher, dass Betroffenen ein barrierefreier Zugang zu den Angeboten der Polizei ermöglicht wird? Zu 1. – 4.: Von den 37 Polizeiabschnitten sind gegenwärtig 23 mit einem rollstuhlgerechten Zugang im Erdge- schossbereich des jeweiligen Abschnitts ausgestattet: 1. Alemannenstraße A 43 2. Alt-Moabit A 34 3. Bismarckstraße A 25 4. Brunnenstraße A 31 5. Cecilienstraße A 62 6. Charlottenburger Chaussee Dir 2, A 22 7. Friedrichstraße A 53 8. Friesenstraße, Haus. 2 A 52 9. Gothaer Straße A 41/ LKA 10. Götzstraße A 44 11. Heinrich-Grüber-Straße A 63 12. Kaiserdamm A 24 13. Karlstraße A 66 14. Keibelstraße A 32 15. Kruppstraße Dir 3, A 33 16. Nöldner Straße A 64 17. Oudenarder Straße A 35 18. Pankstraße A 36 19. Rollbergstraße A 55 20. Rudolstädter Straße A 26 21. Segelflieger Damm A 65 22. Wedekindstraße A 51 23. Zwickauer Damm A 56 A = Abschnitt, Dir = Direktion, LKA = Landeskriminalamt Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 042 2 Die Berliner Immobilienmanagementgesellschaft GmbH (BIM) ist als Vermieter der von der Polizei ge- nutzten Dienstgebäude nach den einschlägigen Vorschrif- ten verpflichtet, im Rahmen von Umbaumaßnahmen auch die Barrierefreiheit der Gebäude zu prüfen und je nach baulichen Gegebenheiten herzustellen. Die BIM GmbH kommt dieser Verpflichtung im Rahmen ihrer Möglich- keiten nach. Seit dem 15. Mai 2014 steht die neue Internetwache der Polizei Berlin unter der Internetadresse https://www.internetwache-polizei-berlin.de zur Verfü- gung, in der die Anforderungen der einschlägigen Emp- fehlungen für eine barrierefreie Internetanwendung umge- setzt wurden. 5. Verfügen alle Wachen über Parkplätze für Men- schen mit Behinderung? Zu 5.: Die Polizei ist bemüht, vor allen Dienststellen Parkflächen für Fahrzeuge von Menschen mit Behinde- rung auszuweisen bzw. zu reservieren. Aus baulichen Gründen ist dies nicht überall möglich. 6. Wie viele Einrichtungen der Polizei erfüllen die Grundkriterien für die Vergabe des Signets der Aktion „Berlin Barrierefrei“, wie viele haben das Signet bereits beantragt bzw. erhalten? Zu 6.: Nach telefonischer Auskunft der BIM GmbH als Eigentümervertreter erfüllen eine Reihe der von der Polizei genutzten Gebäude große Teile der Anforderun- gen für die Verleihung des Signets, jedoch ist noch für kein von der Polizei genutztes Gebäude dieses Signet beantragt worden. 7. In welchen Wachen gibt es Personal, das der Ge- bärdensprache mächtig ist und als Sprachmittler zu Ver- fügung stehen kann, und innerhalb welchen Zeitraumes ist es in den anderen Wachen möglich, auf Gebärdendolmet- scher zurückzugreifen(bitte in einzelne Wache aufschlüs- seln)? 8. Gibt es eine gesetzliche Regelung, innerhalb wel- chen Zeitraumes die Anwesenheit eines Gebärdendolmet- schers ermöglicht werden muss? Zu 7. und 8.: Im Bedarfsfall besteht über die örtlichen Lagedienste jederzeit die Möglichkeit, schnellstmöglich vereidigte Dolmetscherinnen und Dolmetscher (auch für Gebärdensprache) anzufordern. Eine gesetzliche Rege- lung, innerhalb welchen Zeitraumes deren Anwesenheit ermöglicht werden muss, ist nicht bekannt. Weder das Berliner Gesetz über die Gleichberechti- gung von Menschen mit und ohne Behinderung (Landes- gleichberechtigungsgesetz, LGBG) noch die für entspre- chend anwendbar erklärte Kommunikationshilfenverord- nung (KHV) des Bundes enthalten eine zeitliche Festle- gung, innerhalb derer eine Behörde Gebärdendolmetsche- rinnen oder -Gebärdendolmetscher im Bedarfsfalle bereit- stellen muss. Eine konkrete zeitliche Bestimmung er- scheint auch sachfremd, weil die jeweils nicht vorherseh- baren individuellen Einzelfallumstände einer solchen Regelung kaum zugänglich sein dürften. Zur gleichberechtigten Teilnahme hör- und sprachbe- hinderter Menschen gehört, dass eine Bereitstellung sei- tens der Behörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraus- setzungen im Bedarfsfall ohne schuldhaftes Zögern er- folgt. 9. Verfügen die Dienstausweise der Berliner Polizei- beamtInnen über eine Kennzeichnung in Braille-Schrift, so dass sich die BeamtInnen auch blinden BürgerInnen gegenüber identifizieren können? Wenn nein, warum nicht und wenn ja, seit wann bzw. ab wann ist eine Ein- führung geplant? Zu 9.: Nein. Eine Karte mit der Aufschrift „Polizei“ o.ä. bringt wegen der einfachen Fälschungsmöglichkeit keine Sicherheit für sehbehinderte Menschen. Da die Dienstausweise auch als Chipkarte und Identifikations- mittel für polizeiinterne Dienstanwendungen genutzt werden und über besondere Fälschungssicherungen ver- fügen, ist eine Information in Brailleschrift auf der Karte nicht möglich. Selbst wenn es möglich wäre, eine solche Kennzeichnung anzubringen, könnte sich ein sehbehin- derter Mensch ohne die Unterstützung eines ihm vertrau- ten nicht sehbehinderten Menschen dadurch nicht ohne weiteres Gewissheit darüber verschaffen, ob die Ausweis- trägerin oder der Ausweisträger tatsächlich Polizeibeam- tin oder Polizeibeamter ist (Abgleich Ausweis- bild/Person). 10. Wie viele Beschäftigte mit Behinderung sind bei der Berliner Polizei angestellt? In welchen Bereichen sind sie tätig? Zu 10.: Bei der Polizei sind 1138 schwer behinderte und ihnen gleichgestellte Dienstkräfte beschäftigt. Davon sind 430 als Beamtinnen und Beamte im Polizeivollzugs- dienst tätig. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 042 3 Tätigkeitsbereich Anzahl der Dienstkräfte mit Behinderung Direktion 1 89 Direktion 2 76 Direktion 3 54 Direktion 4 61 Direktion 5 58 Direktion 6 65 Direktion Zentrale Aufgaben 286 Landeskriminalamt (LKA) 21 LKA 1 13 LKA 2 25 LKA 3 31 LKA 4 18 LKA 5 24 LKA 6 14 LKA 7 17 LKA Kriminaltechnik 38 Stab Polizeipräsident 12 Zentrale Serviceeinheit 236 Gesamtergebnis 1138 11. Gibt es feste AnsprechpartnerInnen für Beschäftig- te und BürgerInnen mit Behinderung bei der Berliner Polizei? Gibt es eine Beschwerdestelle? Wenn ja, wie ist sie erreichbar und wie wird das bekannt gemacht? Zu 11.: Bei der Polizei gibt es gemäß § 98 Sozialge- setzbuch (SGB) IX Beauftragte des Arbeitgebers, die diesen in Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen verantwortlich vertreten und die vor allem darauf achten, dass die dem Arbeitgeber obliegenden Verpflichtungen gegenüber schwerbehinderten Dienstkräften erfüllt wer- den. Die Schwerbehindertenvertretung bei der Polizei ver- tritt die besonderen Interessen der schwerbehinderten und der gleichgestellten Dienstkräfte. Ihre vorrangige Aufgabe besteht darin, die Eingliederung schwerbehinderter Men- schen in die Dienststelle zu fördern, ihre Interessen in der Dienststelle zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen. Bürgerinnen und Bürger sowie Dienstkräfte der Poli- zei können sich bei Bedarf mit ihrem Anliegen unmittel- bar an die Zentrale Beschwerdestelle bei der Internen Revision wenden, die direkt dem Polizeipräsidenten un- terstellt ist. Sie können ihre Hinweise oder Beschwerden per Brief, Fax oder per E-Mail an die Zentrale Beschwer- destelle senden. Darüber hinaus steht ihnen auf der Seite der Internetwache der Polizei Berlin ein Formular zur Verfügung, das sie ebenfalls nutzen können. 12. Ist der Umgang mit Menschen mit Behinderung Teil der Ausbildung bei der Polizei? Gibt es Schulungen zum Umgang mit straffälligen Menschen mit Behinde- rung? Zu 12.: Im Rahmen des Verhaltenstrainings werden die Auszubildenden des gehobenen (gD) und mittleren (mD) Polizeivollzugsdienstes u. a. im Umgang mit psy- chisch Kranken oder anderweitig benachteiligten Perso- nen geschult. Der zeitliche Ansatz des Verhaltenstrainings beträgt dabei für den mD insgesamt 20 Tage (5 Tage davon kurz nach der Ausbildung) und für den gD insge- samt 15 Tage. Das Verhaltenstraining findet in jeweils fünftägigen Seminarblöcken einmalig in jedem Ausbildungsjahr statt, in denen auch Inhalte zu den Bereichen Reiz-Reaktions- Schemata, Erregungsskala und Kommunikation u. a. in stressbeladenen Einsatzsituationen vermittelt werden. Seit dem 21. Dezember 2013 wurden zudem die Ausbildungs- inhalte der Ausbildungsseminare (gD) verändert. Als Ausfluss der Evaluation und Nachbereitung der tödlichen Schusswaffengebräuche gegenüber vermeintlichen oder tatsächlich psychisch kranken Personen wurde das Thema „Umgang mit psychisch erkrankten oder anderweitig benachteiligten Menschen“ erweitert. Die Auszubildenden bekommen hierzu theoretische Grundlagen vermittelt, welche in sich anschließenden Situationstrainings vertieft werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 042 4 Ein Teil der ausbildenden Trainerinnen und Trainer hat zur Vorbereitung der Seminare an einem viertägigen Seminar in einer Einrichtung für Behinderte in Lobetal (bei Bernau) teilgenommen. Für den Umgang mit straffäl- lig gewordenen Menschen mit Behinderung gelten die allgemeingültigen Verhaltensweisen im Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Besondere Seminare im Rahmen der Fortbildung werden nicht angeboten. Selbst- verständlich ist der Umgang mit Diversität und der ziel- gruppenorientierte Ansatz dem Sinne nach aus- und fort- bildungsimmanent und spiegelt sich in verschiedenen Themenbereichen wider. 13. Welche Möglichkeiten des barrierefreien Notrufs bietet die Berliner Polizei insbesondere hörgeschädigten Menschen? Wie werden diese Möglichkeiten der Bevöl- kerung bekannt gemacht und was kosten sie jeweils? Zu 13.: Seit dem Jahr 1999 können sowohl die Not- rufzentrale der Polizei Berlin (über die Notrufnummer 110) als auch die der Berliner Feuerwehr (über die Not- rufnummer 112) per Fax kostenlos erreicht werden. Wei- terführende Hinweise und ein Formular des Gehörlosen- verbandes Berlin e. V. (das nach den Empfehlungen auch schon vorbereitet werden sollte, um im Notfall Zeit zu sparen) sind auf den Internetseiten beider Behörden ein- gestellt. Auf der Startseite der Internetwache (siehe Ant- wort zu 4.) werden ebenfalls Hinweise zur Notrufabgabe (auch von hörgeschädigten Menschen) gegeben. 14. Setzt sich der Senat auf Bundesebene für einen kostenlosen barrierefreien Notruf ein? Gibt es entspre- chende Initiativen, unterstützt er sie bzw. plant er einen eigenen Vorschlag? Zu 14.: Der Senat hat stets entsprechende Initiativen der Verbände unterstützt und sich auch auf Bundesebene dafür eingesetzt. Berlin, den 02. Juli 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Juli 2014)