Drucksache 17 / 14 057 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Oliver Schruoffeneger (GRÜNE) vom 12. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Juni 2014) und Antwort Nachwuchs und Personalplanung in den Finanzämtern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele der neu eingestellten Mitarbeiter/innen der Finanzämter für Körperschaften sind in den Jahren 2012 und 2013 innerhalb der ersten 3 Jahre nach ihrem Dienstantritt in den Außendienst gewechselt? (Bitte An- gabe wie viele Mitarbeiter/innen in den Jahren 2010, 2011, 2012 und 2013 insgesamt auf Stellen übernommen wurden und wie viele davon in den ersten 3 Jahren nach Anstellung in den Außendienst gewechselt sind) Zu 1.: Die Angaben für den Bereich der Finanzämter für Körperschaften mit der erbetenen Aufschlüsselung ergeben sich aus den nachstehend aufgeführten Tabellen. Hierbei wie auch im Folgenden ist davon ausgegangen worden, dass der allgemein gewählte Begriff „Mitarbeiter /innen“ stets die gesamten beamteten Beschäftigten der Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt (ehemaliger gehobe- ner Dienst, Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter) und der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt (ehemaliger mitt- lerer Dienst, Bearbeiterinnen und Bearbeiter) sowie die entsprechenden Tarifbeschäftigten umfasst. 2010 2011 2012 2013 Gesamt Einstellungen insgesamt 71 95 136 232 534 davon Finanzämter für Körperschaften (Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt) 10 25 27 78 140 2012 2013 Gesamt Einstellung/Wechsel in den Außenprüfungsbereich insgesamt 23 61 84 davon in den Finanzämtern für Körperschaften (Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt) 23 61 84 2. Teilt der Senat meine Auffassung, dass die Tätig- keit im Außendienst normalerweise eine erhebliche Erfah- rung voraussetzt und beim zu frühen Einsatz im Außen- dienst die Gefahr des „Verheizens der Mitarbeiter/innen“ besteht? Zu 2.: Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Der Ein- satz von jüngeren Dienstkräften in eigenverantwortlichen Tätigkeiten im Außendienst ist aus den praktischen Erfah- rungen der Außenprüfung der Berliner Steuerverwaltung positiv zu beurteilen. Dem erstmaligen Einsatz als Außenprüferin und Au- ßenprüfer geht in der Regel eine dreijährige Ausbildung mit dem Abschluss als Diplom-Finanzwirtin/Diplom- Finanzwirt voraus. Diese beinhaltet Fachstudien von 21 Monaten Dauer an der Fachhochschule für Finanzen und berufspraktische Studienzeiten in den Finanzämtern. Dafür ist regelmäßig die allgemeine Hochschulreife (Abitur) Voraussetzung. Dem schließen sich an:  ein mindestens zweijähriger Einsatz in den Kernbereichen eines Finanzamts  eine einjährige fachtheoretische und praktische Qualifizierung zur Außenprüferin/zum Außenprü- fer sowie  ggf. eine weitere vierjährige Qualifizierung zur Prüferin für Großbetriebe oder zum Prüfer für Großbetriebe. 3. Welche zusätzlichen Unterstützungen und Hilfe- stellungen werden jüngeren und unerfahrenen Mitarbei- ter/innen angeboten, wenn diese in den Außendienst wechseln? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 057 2 Zu 3.: Unterstützungen und Hilfestellungen werden durch das für alle neuen Dienstkräfte der Außenprüfung geltende Berliner Qualifizierungskonzept gewährleistet. Nach § 26 der bundesweit geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung - Betriebs- prüfungsordnung (Bundessteuerblatt 2011 Teil I S. 710) sind Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer mindestens sechs Monate einzuarbeiten. Das Berliner Qualifizie- rungskonzept sieht eine Einarbeitungszeit von 12 Mona- ten vor. Es beinhaltet eine umfassende theoretische Aus- bildung und eine ausführliche praktische Unterweisung im Finanzamt durch erfahrene Betriebsprüferinnen und Betriebsprüfer, die die neuen Dienstkräfte während ver- schiedener Außenprüfungen vor Ort auf ihren Einsatz besonders vorbereiten. Ihre Befähigung zur eigenverant- wortlichen Prüfung von Betrieben vor Ort weisen sie nach Abschluss der Ausbildung nach Kriterien nach, die für die Berliner Außenprüfungsdienste jeweils einheitlich festge- legt sind. Hieran schließen sich weitere Fortbildungen zu verschiedenen Prüfungsbereichen sowie umfangreiche Fallstudien an. Diese Fallstudien werden in Arbeitsgrup- pen unter Beteiligung von besonders bewährten Praktike- rinnen und Praktikern bundesweit einheitlich erstellt. Bei der Durchführung der Fallstudien werden die Bedingun- gen der Prüfung im Unternehmen simuliert, wodurch die Vorbereitung der neuen Prüferinnen und Prüfer auf die verschiedensten Situationen erfolgen kann. Insbesondere die Simulation von Konfliktsituationen bereitet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer optimal auf ihren späteren Einsatz vor. Für die Lösung besonders schwieriger Probleme bei den eigenverantwortlichen Außenprüfungen stehen den Außendienstkräften erfahre- ne Sachgebietsleiterinnen und Sachgebietsleiter sowie eine Reihe spezialisierter Fachprüferinnen und Fachprüfer zur Seite. 4. Wie viele Auszubildende wurden in den Jahren 2011/12/13 nach der Ausbildung im a) mittleren Dienst und b) höheren Dienst jeweils in den Finanzämtern über- nommen und wie viele davon haben den Dienst in den Finanzämtern mittlerweile schon wieder verlassen? Zu 4.: Der Senat geht davon aus, dass hinsichtlich des Begriffs „Auszubildende“ Anwärterinnen und Anwärter, also Beamtinnen und Beamte auf Widerruf, gemeint sind. Weiterhin wird unterstellt, dass unter Buchstabe b) der Fragestellung nicht die Laufbahngrup- pe 2, 2. Einstiegsamt (ehemaliger höherer Dienst) erfragt wird, sondern die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt (ehemaliger gehobener Dienst), da die Ausbildung in den Finanzämtern für diese Personengruppen erfolgt. Die entsprechenden Zahlen ergeben sich aus der folgenden Tabelle: Übernahme von Anwärterinnen und Anwärtern 2011 bis 2013 2011 2012 2013 Gesamt Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt 28 53 119 200 Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt 67 83 113 263 Gesamt 95 136 232 463 davon bereits ausgeschieden 3 7 8 18 5. Wie viele Auszubildende haben in den entspre- chenden Jahren nach der Ausbildung keine Übernahme erhalten? Zu 5.: Die Angaben für den Bereich der nicht über- nommenen Anwärterinnen und Anwärter sind mit der erbetenen Aufschlüsselung in der nachstehenden Tabelle dargestellt: 2011 2012 2013 Gesamt Nicht-Übernahme von Anwärterinnen und Anwärtern 10 12 26 48 6. Wie bewertet der Senat den Aufwand der Ausbil- dung in den Finanzämtern für die Ausbilder und welche Entlastung gibt es für diese Mitarbeiter/innen von ihren Regelaufgaben? Zu 6.: Im Rahmen der Personalbedarfsberechnung (PersBB) für die Finanzämter wird auch die Aufgabe „Ausbildung von Anwärtern“ als typische Aufgabe berücksichtigt . In dem dafür vorgesehenen PersBB-Muster wird ein Zeitwert i.H.v. 11.570 Minuten für jede Anwär- terin und jeden Anwärter der Laufbahngrup- pe 2, 1. Einstiegsamt und 6.890 Minuten für jede Anwär- terin und jeden Anwärter der Laufbahngrup- pe 1, 2. Einstiegsamt berücksichtigt. Die Zeitwerte bein- halten für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt eine 3- jährige und für die Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt eine 2-jährige Ausbildungszeit. Somit wird der Aufwand für Ausbildung bereits im Rahmen der Bedarfsermittlung berücksichtigt. 7. Wie viele Mitarbeiter/innen und Mitarbeiter wur- den in den Jahren 2010/11/12/13 in den einzelnen Finanz- ämtern jeweils vorzeitig aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt? (Wenn möglich differenziert unter bzw. über dem 50 Lebensjahr) Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 057 3 Zu 7.: Die Angaben für den Bereich der vorzeitig in den Ruhestand versetzten und der vorzeitig verrenteten Dienstkräfte mit der erbetenen Aufschlüsselung ergeben sich aus der nachstehend aufgeführten Tabelle: 2010 2011 2012 2013 Gesamt Vorzeitige/r Ruhestand/Rente ab dem 50. Le- bensjahr 83 75 88 92 338 Vorzeitige/r Ruhestand/Rente vor dem 50. Le- bensjahr 22 14 20 12 68 Gesamt 105 89 108 104 406 Die Gründe für eine vorzeitige Versetzung in den Ru- hestand oder eine vorzeitige Verrentung werden nicht statistisch erfasst. 8. Welche Möglichkeiten gibt es für die Mitarbei- ter/innen der Finanzämter zu berufsbegleitenden Studien, wie zum Beispiel der Erlangung eines Masterabschlusses? Zu 8.: Fortbildung und Höherqualifizierung sind aus- drücklich zu begrüßen und werden grundsätzlich am Be- darf ausgerichtet. Daher werden nicht berufsbezogene Studien während der Arbeitszeit im Allgemeinen nicht befürwortet. Hingegen können berufsbegleitende Studien während der Arbeitszeit für besonders leistungsstarke Dienstkräfte im Rahmen der Aufstiegsmöglichkeiten in die nächsthöhere Laufbahngruppe oder das nächsthöhere Einstiegsamt ermöglicht werden. Näheres hierzu regelt das Steuerbeamten-Ausbildungsgesetz in Verbindung mit der Steuerverwaltungslaufbahnverordnung (Gesetz- und Verordnungsblatt Berlin 2014 vom 14.05.2014, Seite 108). Für Tarifbeschäftigte besteht bedarfsbezogen eben- falls die Möglichkeit, sich über eine Teilnahme an einem berufsbegleitenden Fachlehrgang für die Übernahme höherwertiger Tätigkeiten zu qualifizieren. Im Rahmen von rechtlich möglichen Arbeitszeitredu- zierungen (z.B. Teilzeitbeschäftigung) werden berufsbe- gleitende Studien grundsätzlich zugelassen. Berlin, den 08. Juli 2014 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Juli 2014)