Drucksache 17 / 14 073 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 23. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Juni 2014) und Antwort Gender Mainstreaming in der Politik für Menschen mit Behinderung II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Angesichts der Antwort auf die schriftliche Frage (DrsNr. 17/13770) stellt sich die Frage, welche Definition von Gender Mainstreaming die antwortende Stelle des Senates zugrunde legt? Ist der Unterschied zwischen allgemeiner Frauenförderung, Gender Mainstreaming sowie grundlegender Politik für Menschen mit Behinde- rung bekannt? Zu 1.: Dem Senat sind sowohl die Definition von Gender Mainstreaming als auch die Unterschiede zu Frauenförderung und grundlegender Politik für Menschen mit Behinderung bekannt. Die aus dem Gleichstellungs- politischen Rahmenprogramm abgeleiteten Maßnahmen werden jeweils eigenverantwortlich von den unterschied- lichen Behörden im Land Berlin geplant und umgesetzt. 2. Da nicht klar wird, welche konkreten Maßnahmen zum Abbau von Mehrfachdiskriminierung von Frauen mit Behinderung vom Senat geplant oder ergriffen werden, frage ich erneut welche spezifischen Maßnahmen der Senat aus dem erwähnten Leitbild „Gleichstellung im Land Berlin“ ableitet und umsetzt? Bitte über die allgemeinen Stichwörter von Orientierungsrahmen und Hand- lungsfeldern hinaus konkretisieren. Zu 2.: Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen bietet im Rahmen des Frauenförderpro- gramms besondere Qualifizierungs- und Beratungsange- bote an, die von Frauen mit und ohne Behinderungen bzw. gesundheitliche Einschränkungen wahrgenommen werden können. Einige der Angebote sind speziell darauf ausgerichtet, die zum Teil existierenden Mehrfachdiskri- minierungen von Frauen mit Behinderungen oder gesund- heitlichen Einschränkungen zu minimieren bzw. abzubau- en. Die Schwerpunktsetzung dieser Beratungsangebote ist auf die berufliche Integration im Arbeitsmarkt gerichtet. Ziel ist es, die Fokussierung auf den Erhalt und die Rege- neration der Gesundheit als eine der Voraussetzungen für die langfristige Berufs- und Lebensplanung von Frauen zu unterstützen. Die individuellen Beratungsangebote für Frauen mit Behinderungen und gesundheitlichen Ein- schränkungen unterstützen dabei Frauen bei dem Prozess der beruflichen (Re-)Integration, der persönlichen Per- spektiventwicklung und dem Aufbrechen der individuel- len Isolation aufgrund der gesundheitlichen Einschrän- kungen. 3. Wie hoch sind die Mittel, die das Land Berlin in dieser Legislaturperiode bereits spezifisch für den Abbau von Mehrfachdiskriminierungen von Frauen mit Behinde- rung eingesetzt hat? Welche Mittel wurden darüber hin- aus für die Weiterentwicklung von Gender Mainstreaming in der Politik für Menschen mit Behinderung eingesetzt? Zu 3.: Der Senat setzt im Bereich der Behindertenpoli- tik im Rahmen der Umsetzung und Weiterentwicklung des Landesgleichberechtigungsgesetzes im Sinne des Inklusions- und Gender Mainstreaming Gedankens grundsätzlich auf die dezentrale Verantwortung. Eine zentralisierte Information über Einzelmaßnahmen aller Bereiche im Rahmen der laufenden Legislaturperiode ist nicht abrufbar. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 2., 5. und 6. wird verwiesen. Darüber hinaus ge- hende spezielle Programme zum Abbau von Mehrfach- diskriminierungen von Frauen mit Behinderungen werden von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen nicht finanziert. 4. Angesichts der Antwort auf die Anfrage (DrsNr. 17/13770) und dem Umstand, dass § 12 der Hochschul- verträge Inklusion grundsätzlich und nicht geschlechts- spezifisch behandelt, stellt sich die Frage, in wie weit die bereits in der letzten Legislaturperiode im Berliner Hoch- schulgesetz eingeführten Beauftragten für Studentinnen und Studenten mit Behinderung tatsächlich die Möglich- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 073 2 keit und Mittel haben, Gender Mainstreaming und die dafür notwendigen spezifischen Maßnahmen für Men- schen mit Behinderung an den Hochschulen zu forcieren? Zu 4.: Wie in DrsNr. 17/13770 ausgeführt, hat sich ein Bedarf nach spezifischen Gender Mainstreaming Maß- nahmen für Studierende mit Behinderung bislang nicht gestellt. Die Aufgaben, die der Gesetzgeber in § 28a Ber- liner Hochschulgesetz für die Beauftragten für Studieren- de mit Behinderungen vorgesehen hat, sind überwiegend geschlechtsübergreifend. Beispielhaft sei hier die Mitwir- kung bei der der Planung behinderungsgerechter techni- scher und baulicher Maßnahmen genannt. Darüber hinaus handelt es sich sowohl bei der Bera- tung als auch bei der Betreuung und Förderung von Stu- dierenden mit Behinderungen um sehr individuelle Leis- tungen, die die jeweiligen Bedürfnisse der Studierenden (auch die, die eventuell aus dem Geschlecht resultieren) sehr intensiv berücksichtigen. 5. Wie viele Frauen mit Behinderung wurden und werden im laufenden Haushalt über die in der DrsNr. 17/13770 erwähnten Fraueninfrastrukturstellen finanziert? Wie viele profitieren pro Jahr von den erwähnten ergän- zenden Angeboten? Zu 5.: Hervorzuheben ist, dass die Situation behinder- ter Frauen nach wie vor frauenpolitischer Aufmerksam- keit bedarf. Im Rahmen des Programms zur Stärkung der Fraueninfrastruktur der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen werden die Stellen von zwei Frau- en finanziert, die das Kriterium einer „Behinderung“ aufweisen. Der überwiegende Teil der beschäftigten Frauen ist aufgrund des Kriteriums „Alter“ eingestellt worden. Hier geht der Senat davon aus, dass auch einige dieser Frauen zu der Zielgruppe „Behinderung“ zu zählen sind. Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Anteil von Frauen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Ein Träger, der eine Stelle aus diesem Programm hat, wendet sich ausschließlich an die Zielgruppe der Frauen mit Behinderungen. Andere Träger richten sich wiederum dezidiert an ältere Frauen und auch an Frauen mit ge- sundheitlichen Einschränkungen. Statistische Aussagen zu der Anzahl der Frauen mit Behinderungen, die von den ergänzenden Angeboten erreicht werden, sind nicht mög- lich, da diese Daten nicht erhoben bzw. in den Sachbe- richten der Träger nicht dargestellt werden. Der Senat strebt an, frauenpolitisch aktive Projekte im Sinne des „Disability Mainstreaming“ innerhalb dieser Thematik zur Übernahme von Verantwortung zu sensibilisieren. 6. Welche konkreten Maßnahmen und Regeln wurden, z.B. aus dem in DrsNr. 17/13770 erwähnten Workshop, verbindlich für alle durch das Land Berlin finanzierten Projekte festgelegt? Zu 6.: Hierzu wird auf die Beantwortung der DrsNr. 17/13770, Frage 4, verwiesen. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen führte im Oktober 2012 und 2013 zwei Work- shops „HERZLICH WILLKOMMEN – Wie können Frauen mit Behinderungen Ihre Angebote wahrnehmen?“ für Mitarbeiterinnen der von der Abteilung Frauen und Gleichstellung finanzierten Frauenbeschäftigungs-, Bera- tungs- und Qualifizierungsprojekte sowie der Migrantin- nen- und Anti-Gewalt-Projekte durch. In den Workshops ging es nicht darum, verbindliche Maßnahmen und Re- geln festzuschreiben, sondern die genannten Mitarbeite- rinnen für eine Willkommenskultur für Frauen mit Behin- derungen zu sensibilisieren. Im Ergebnis erarbeiteten die Workshop-Teilnehmerinnen konkrete nächste Schritte für ihr Projekt aus, wie z. B die barrierefreie Neugestaltung von Flyern und Websites, den Gebrauch Leichter Spra- che, oder die barrierefreie Umgestaltung von Eingängen und WCs. In diesem Jahr richtet sich ein weiteres Work- shop-Angebot an die Mitarbeiterinnen der Berliner Frau- enzentren und Frauenselbsthilfeprojekte. 7. Wie viele der in DrsNr. 17/13770 erwähnten 180 neuen Arbeitsplätze in Betrieben und Dienststellen wur- den, bzw. werden tatsächlich a) für Menschen mit Behin- derung und b) dabei für Frauen mit Behinderung festge- schrieben und eingerichtet? Zu 7.: Die 180 erwähnten Plätze in dem Handlungs- feld 3 der Initiative Inklusion stehen ausschließlich Men- schen mit Behinderung zur Verfügung. Eine Festschrei- bung einer Zahl der dafür reservierten Plätze für Frauen mit Behinderung gibt es im Programm nicht. Von den bisher beschiedenen 94 Fällen im Handlungsfeld 3 (Ar- beitsplätze) betreffen 41 Frauen. Berlin, den 11. Juli 2014 In Vertretung Barbara L o t h Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Juli 2014)