Drucksache 17 / 14 092 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Gelbhaar (GRÜNE) vom 26. Juni 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Juni 2014) und Antwort Warum ist die Mitnahme von besonderen Fahrradtypen wie bspw. Tandems untersagt worden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum ist die Mitnahme von Tandems, von dreirädrigen Fahrrädern und anderen besonderen Fahrrad- typen seit 1. Januar 2014 gemäß den Beförderungsbedin- gungen des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (§11 Absatz 1 VBB-Tarif) nicht mehr zulässig? Antwort zu 1: Die in der Frage enthaltene Aussage ist nicht richtig. Der Tarif des Verkehrsverbundes Berlin- Brandenburg (VBB) ist bzgl. der Mitnahme von Tan- dems, von dreirädrigen Fahrrädern und von anderen be- sonderen Fahrradtypen zum 01.01.14 nicht geändert wor- den. Eine Rücknahme von Mitnahmemöglichkeiten durch die Verkehrsunternehmen wäre beim Senat auch auf ent- sprechenden Widerstand gestoßen. Die Initiativen des Senates haben vielmehr dazu ge- führt, dass seit dem 01.01.12 Blinde mit Begleitperson Tandems auch in den Regionalzügen innerhalb des VBB- Tarifgebietes mitnehmen dürfen. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Tandemmitnahme nur in der S-Bahn erlaubt. Im VBB-Tarif (§ 11, Abs. 1, 2. Absatz) ist zwar wei- terhin enthalten, dass grundsätzlich u.a. Tandems und dreirädrige Fahrräder von der Beförderung ausgeschlos- sen sind. Im gleichen § 11 gibt es jedoch das Kapitel „Besondere Regelungen für den EisenbahnRegionalverkehr und die S-Bahn“, nach dem Blinde mit Begleitperson ein Tandem mitnehmen dürfen. Diese Re- gelung zur Tandemmitnahme ist nicht geändert worden. Der Senat hat sich gegenüber den Verkehrsunterneh- men bereits vor zehn Jahren dafür eingesetzt, dass in den Regional- und S-Bahnzügen Tandems und Dreiräder auch innerhalb des VBB-Gebietes mitgenommen werden soll- ten, da dies für bestimmte in ihrer Mobilität eingeschränk- te Fahrgäste eine Hilfestellung ist. Die Verkehrsunter- nehmen haben daraufhin ab 2012 entsprechend der oben erwähnten Regelung die Mitnahme von Tandems für Blinde mit Begleitperson zugelassen. Der Senat hat aktuell eine neue Initiative gestartet, um die Verkehrsunternehmen davon zu überzeugen, dass in den erwähnten Zügen auch Dreiräder mitgenommen wer- den sollten und die Mitnahme von Tandems nicht nur auf Blinde beschränkt sein sollte. Die Mitnahme von Tandems und Dreirädern in den anderen Verkehrsmitteln (U-Bahn, Straßenbahn und Bus) ist nach einer Untersuchung allein aus physischen Grün- den nicht möglich. Der Senat hat sich bei der Deutschen Bahn AG im Rahmen der Änderung des „normalen“ Eisenbahntarifs erfolgreich dafür eingesetzt, dass seit vielen Jahren in den Regionalzügen grundsätzlich auch Tandems und Dreirä- der mitgenommen werden können. Der „normale“ Eisenbahntarif gilt nur für Fahrten außerhalb des VBB- Tarifgebietes bzw. im ein- und ausbrechenden Verkehr. Allein zur Herstellung transparenter und harmonisierter Beförderungsbedingungen bei den beiden Tarifen der Deutschen Bahn AG und des VBB ist es zielführend, dass diese Sonderfahrräder auch für Fahrten innerhalb des VBB-Gebietes in den Regional- und S-Bahn-Zügen mit- genommen werden sollten. Der Senat war weiterhin erfolgreich initiativ, damit in den Zügen des Regionalverkehrs, der S-Bahn und der U- Bahn Fahrräder mit Trethilfe durch einen Elektro- Hilfsmotor (z.B. Pedelecs) mitgenommen werden dürfen. Mit der damaligen Regelung war dies wegen des Mit- nahmeverbots von Fahrrädern mit Hilfsmotor nicht mög- lich. Seinerzeit konnten Fahrradtrethilfen nur mit Ver- brennungsmotoren realisiert werden. Diese Fahrräder sind aus Sicherheitsgründen weiterhin von der Mitnahme aus- geschlossen. Durch entsprechende Änderung der VBB- Beförderungsbedingungen wurde der neuen Entwicklung bei den Fahrrädern mit Elektromotor Rechnung getragen. Damit könnten diese Fahrräder mitgenommen werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 092 2 Frage 2: Zwei Personen, die ein Tandem benutzen, brauchen weniger Platz, als zwei Personen, die jeweils ein „einsitziges, zweirädriges Fahrrad“ mitführen. Mit welcher Begründung wird danach die Mitnahme von Tan- dems verweigert? Antwort zu 2: Es wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Frage 3: Warum sind die Ausnahmen zur Einstellung von Tandems auf blinde Menschen mit Begleitperson begrenzt und warum gibt es keine Ausnahmeregelungen für andere in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen bzw. für Menschen, die nicht eigenständig ein „einsitziges , zweirädriges Fahrrad“ führen können? Antwort zu 3: Möglicherweise sind die Verkehrsun- ternehmen, die für die Tarife verantwortlich sind, davon ausgegangen, dass bei den in ihrer Mobilität einge- schränkten Menschen nur bei blinden Fahrgästen ein Nachfragepotenzial für eine Tandem-Mitnahme besteht. Im Gegensatz zum „normalen“ Eisenbahntarif der Deutschen Bahn AG ist beim VBB-Tarif die Mitnahme eines Tandems zwar auf Blinde beschränkt. Der Senat geht jedoch davon aus, dass die Eisenbahnverkehrsunter- nehmen im Rahmen kulanter Tarifanwendung die Tan- demmitnahme nicht nur auf eine Behinderungsart begren- zen. Aus gegebenem Anlass und zur Harmonisierung mit den Bestimmungen des „normalen“ Eisenbahntarifs hat der Senat jedoch den VBB gebeten, gemeinsam mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen eine entsprechende Öff- nung der Tandemmitnahme umzusetzen. Frage 4: Wie bewertet der Senat diese Einschränkun- gen im Hinblick auf die Inklusion und Teilhabe behinder- ter Menschen und wie bewertet der Senat in diesem Kon- text diese Einschränkungen in Hinblick auf barrierefreies Reisen? Antwort zu 4: Es wird auf die Beantwortung der Fra- gen 1 bis 3 verwiesen. Berlin, den 07. Juli 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Juli 2014)