Drucksache 17 / 14 131 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 03. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juli 2014) und Antwort Nach dem erfolgreichen Volksentscheid Tempelhof (II) – Kommt jetzt endlich das naturnahe Regenwassermanagement? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Konsequenzen zieht der Senat aus dem erfolgreichen Volksbegehren 100% Tempelhofer Feld? 1. Hinsichtlich der Regenwasserbewirtschaftung auf dem Tempelhofer Feld einschließlich der Gebäude und versiegelten Flächen? 2. Hinsichtlich der Regenwasserbewirtschaftung der angrenzenden Straßen und Quartiere sowie der Entlastung des Landwehrkanals? 3. Hinsichtlich des weiteren Planungsverfahrens für die Umsetzung einer Regenwasserbewirtschaftung auf dem Tempelhofer Feld? Antwort zu 1: Der Grundbaustein des bisherigen Re- genwasserkonzeptes war die Anlage eines Wasserbeckens in der Parklandschaft. Dieses Wasserbecken sollte das Regenwasser von ca. 63 % der versiegelten Fläche des Einzugsgebietes des Regenrückhaltebeckens (RHB) Lili- enthalstraße aufnehmen und war damit die entscheidende Voraussetzung dafür, dass im RHB Flächenpotentiale für eine Neuordnung der Fläche entstehen. Geplant war die Reinigung des verbleibenden Niederschlagswassers und die Nutzung der frei werdenden Flächen für eine Sport- nutzung durch das Bezirksamt Friedrichshain - Kreuz- berg. Da das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes (ThFG) die Anlage dieses Wasserbeckens nicht ermög- licht, verfolgt der Senat dieses Konzept nicht weiter. Welche mit dem ThFG zu vereinbarenden Maßnah- men des Regenwassermanagements ökologisch, technisch und wirtschaftlich sinnvoll sind und auch von der Bevöl- kerung unterstützt werden können, kann erst im Zuge des aufzustellenden Pflege- und Entwicklungsplans geklärt werden. Erst nach Abschluss dieses Planungsprozesses können Aussagen zu einer möglichen Umnutzung des RHB getroffen werden. Frage 2: Wieviel Gelder sind für die Regenwasserbe- wirtschaftung des Tempelhofer Feldes im Berliner Haus- halt eingestellt? 1. Wie viel entfällt davon auf die bisher geplan- ten, investiven Maßnahmen für das Regenwasserbe- cken mit Wall und Rundweg? (Bitte separat Planungs- und Bauleistungen jeweils für Wall, Becken, Rund- weg etc. aufschlüsseln) Sind davon bereits Mittel ver- braucht oder vertraglich gebunden? Von welchem Verlust geht daher der Senat insgesamt aus? 2. Wie viel entfällt von den im Haushalt einge- stellten Geldern auf die für die zentrale Entwässerung zu zahlende Niederschlagswassergebühr pro Jahr? Für wie viele Jahre ist diese Zahlung noch vorgesehen? Antwort zu Frage 2.1: Zur Bewirtschaftung und Ent- wicklung des Tempelhofer Feldes sind in den Haushalt jährlich Globalsummen eingestellt worden. Die Planungskosten für das Wasserbecken und den Wall betrugen bisher rd. 2.000 TEUR. Hierin sind Pla- nungskosten für den Rundweg in Höhe von rd. 130 TEUR enthalten. Hinzu kommen rd. 1.000 TEUR für Baukosten und geschätzte Kosten für Baustillstand und Entschädi- gungen. Antwort zu Frage 2.2: Das Niederschlagswasserent- gelt des ehemaligen Flughafenstandortes beträgt ca. 500 TEUR / Jahr. Es ist nicht absehbar, wann mit einem alternativen Regenwassermanagement diese Kosten eingespart werden können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 131 2 Frage 3: Wie werden die angrenzenden Straßen und Quartiere in Bezug auf das Niederschlagswasser entwäs- sert? 1. Bitte um eine qualifizierte Auflistung der be- reits durchgeführten, dezentralen Maßnahmen und ab- gekoppelten Grundstücke. 2. Wie hoch ist das Niederschlagswasserentgelt der anliegenden Straßen und Quartiere? (Bitte nach Abschnitten bzw. Quartieren sowie Zahlungspflichti- gen (Bund, Land, Bezirk, Privat) aufschlüsseln) Antwort zu 3: Der Einzugsbereich des RHB umfasst den kompletten Columbiadamm, den Platz der Luftbrü- cke, einen kleinen südlichen Teil der Friesenstraße und die Schwiebusser Straße sowie Grundstücke, die im Ab- schnitt zwischen Columbiadamm und Schwiebusser Stra- ße westlich an die Friesenstraße angrenzen sowie die Grundstücke zwischen Schwiebusser Straße und Colum- biadamm. Dieser Einzugsbereich entwässert direkt in den Landwehrkanal. Die angrenzenden Quartiere in Kreuzberg und Neu- kölln werden über das Mischkanalnetz entwässert. Die Quartiere in Tempelhof über eine Trennkanalisation in den Teltowkanal. Die Flächenanteile des Einzugsgebietes RHB sind, soweit sie gutachterlich erfasst wurden, bei der Antwort zu Frage 4 dargestellt. Daten in dem gewünschten Detail- lierungsgrad liegen dem Senat nicht vor. Frage 4: Welche versiegelten Flächen haben hinsicht- lich der Entlastung des Landwehrkanals von Schadstoff- einträgen die höchste Priorität bei der Abkopplung (Diffe- renzierte Darstellung des Verschmutzungsgrades der Abflüsse nach den Einzelflächen.) Antwort zu 4: Über das RHB Lilienthalstraße entwäs- sert zeitlich verzögert das Niederschlagswasser (NW) von folgenden Flächen in das RHB: stark verschmutztes NW vom Columbiadamm und Platz der Luftbrücke: 10 ha mäßig verschmutztes NW des Grundstücks des ehe- maligen Flughafens: 46 ha mäßig verschmutztes NW von sonstigen privaten Grundstücke:6 ha Für die Entlastung des Landwehrkanals hat die Reini- gung des stark verschmutzten Niederschlagswassers vom Columbiadamm grundsätzlich die höchste Priorität. Ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist es, die Re- genwässer soweit es möglich ist, nach Verschmutzungs- graden getrennt zu behandeln, indem gering verschmutz- tes Wasser versickert wird und NW von stark befahrenen Straßen gereinigt in Oberflächengewässer eingeleitet werden. Dieser Ansatz war Teil des Regenwasserkonzep- tes. Im Rahmen der Bemühungen, möglichst viel Fläche des RHB für Sportnutzungen abkoppeln zu können, wur- den auch Varianten geprüft, das Straßenabwasser unab- hängig von der Fläche des RHB zu reinigen. Frage 5: Ist es Ziel des Senats die für die versiegelte Fläche des ehemaligen Flughafengebäudes eingestellten 300.000 Euro jährlich an Niederschlagsentgelt durch ein dezentrales, naturnahes Regenwassermanagement einzu- sparen? Wenn ja, welcher Zeitplan ist für die Planungen vorgesehen? Mit welchen Maßnahmen wird hierbei eine möglichst große ökologische Vorbildwirkung erzielt? Antwort zu 5: Wie in der Antwort zur Frage 1 be- schrieben, sind ggf. neue Konzepte zu erarbeiten. Von deren Ergebnissen wird es abhängen, ob und wieviel des Niederschlagswasserentgeltes eingespart werden kann. Regenwasserkonzepte, die das Wasser möglichst lan- ge oberflächlich in der Stadt belassen und damit Verduns- tungskälte erzeugen und für Bewässerungszwecke zur Verfügung stehen, werden angesichts des Klimawandels aktuell als innovativ bezeichnet. Gerade aufgrund der Flächenknappheit in innerstädtischen Bereichen sind hierbei integrative Lösungen durch ein Zusammenspiel zwischen Freiraumplanung und Wasserwirtschaft gefor- dert. Das Wasserbecken in der Parklandschaft war Bei- spiel für ein innovatives und multifunktionales Wasser- managementprojekt als Best Practice Projekt, sowohl in dem europäischen Forschungsprojekt „Blue Green Dream“, als auch in dem ExWost Projekt „Klimaanpassungsstrategien zur Überflutungsvorsorge verschiedener Siedlungstypen“ des Bundesinstitutes für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Der Senat ist bestrebt, auch weiterhin innovative was- serwirtschaftliche Projekte zu konzipieren und umzuset- zen. Die Rahmenbedingungen hierfür haben sich im Ein- zugsgebiet des RHB deutlich erschwert. Frage 6: Plant der Senat angrenzende Quartiere um das Tempelhofer Feld durch ein umfassendes, naturnahes Regenwassermanagement finanziell und ökologisch zu entlasten? Wenn ja, bitte Erläuterung der Überlegungen und Planungen. Wenn nein warum nicht? Antwort zu 6: Die wasserwirtschaftlichen Aktivitäten des Berliner Senats beziehen sich nicht explizit auf an- grenzende Quartiere um das Tempelhofer Feld. Unter Berücksichtigung der Europäischen Wasserrahmenrichtli- nie sowie begrenzter Haushaltsmittel gibt der Senat Pro- jekten Vorrang, die geeignet sind, akute Schadenssymp- tome infolge von Mischwasserüberläufen in Oberflächen- gewässer zu minimieren. Die Option sich von den Niederschlagswasserentgel- ten zu entlasten, obliegt den jeweiligen Grundstücksei- gentümerinnen und Grundstückseigentümern. Durch die naturnahe Versickerung von Niederschlagswasser oder durch Dachbegrünung können sie diese Kosten sparen. Nach der Gebührenordnung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) sind teilweise oder vollständige Befreiungen von der Regenwasserableitungsgebühr möglich, wenn keine zentrale Regenentwässerung mehr erfolgt. Eine finanziel- le Förderung von Versickerungsmaßnahmen oder auch von Regenwassernutzungsanlagen erfolgt im Land Berlin nicht. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 131 3 Frage 7: Wird durch das zukünftige Regenwasserma- nagement auf dem Tempelhofer Feld das Regenwasserbe- cken nördlich des Columbiadamms zwischen Züllichauer- straße und Lilienthalstraße überflüssig und der angedach- ten Nutzung als Sportfläche zugeführt? Wenn nein, wa- rum ist dies kein Ziel? Antwort zu 7: Siehe Antwort zu 1. Berlin, den 18. Juli 2014 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2014)