Drucksache 17 / 14 142 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 03. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Juli 2014) und Antwort Was folgt aus dem erfolgreichen Volksentscheid Tempelhof? III – Friedhof für die Sehitlik-Gemeinde Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Gespräche werden zwischen dem Se- nat und der Sehitlik Gemeinde darüber geführt, wie nach dem erfolgreichen Volksentscheid das Problem gelöst werden kann, dass die Friedhofsfläche am Columbia- damm sehr bald vollständig belegt sein wird? Antwort zu 1: Bei dem Friedhof Columbiadamm han- delt es sich um einen landeseigenen Friedhof, der grund- sätzlich allen Bürgerinnen und Bürgern unabhängig von Konfession und Weltanschauung offen steht. Friedhofs- träger ist das Bezirksamt Neukölln. Die auf dem Friedhof für Bestattungen nach islamischem Ritus ausgewiesenen Grabfelder sind nicht allein den Mitgliedern der Sehitlik- Gemeinde vorbehalten, sondern es können dort auch andere Muslima und Muslime ein Nutzungsrecht an einer Grabstätte erwerben. Da seit Ende 2012 die Flächenpoten- tiale für weitere Neubelegungen für islamische Bestattun- gen erschöpft sind, war eine Erweiterung des Friedhofs nach Westen geplant. Darüber ist die benachbarte Sehit- lik-Gemeinde informiert worden. Mit der Zustimmung zum Gesetz der Initiative 100% Tempelhof kann nun diese Erweiterung nicht stattfinden. Auch darüber wurde die Sehitlik-Gemeinde in Kenntnis gesetzt. Nach wie vor gibt es ausreichend Kapazitäten für islamische Bestattun- gen auf dem Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Span- dau. Daneben wird aber auch nach Möglichkeiten im räumlichen Zusammenhang zum Friedhof Columbi- adamm gesucht, um eine wohngebietsbezogene Versor- gung mit entsprechenden Friedhofsflächen anbieten zu können. Frage 2: Hat es im Vorfeld des Volksentscheids Zusa- gen an die Gemeinde gegeben, den Friedhof auf die Park- fläche auszudehnen? Wenn ja: Welche Flächen waren gemeint? Wenn nein: Wie konnte bei der Gemeinde der Eindruck entstehen, dass sie auf jeden Fall „vom Senat“ ein Stück des Feldes für die Friedhofserweiterung be- kommen wird? Antwort zu 2: Nein, es hat keine Zusagen gegeben. Im Vorfeld wurde der Gemeinde erläutert, dass bei einem positiven Volksentscheid für das Gesetz des Abgeordne- tenhauses die Erweiterungsarbeiten des Friedhofs in Rich- tung Westen im Juni 2014 beginnen können bzw. bei Zustimmung zum Gesetz der Initiative 100% Tempelhof keine Erweiterung der bestehenden Friedhofsanlage statt- finden kann. Frage 3: Welche Maßnahmen zur planungsrechtlichen und technischen Umsetzung der Friedhofserweiterung auf dem Tempelhofer Feld hat es bereits gegeben? (Bitte aufführen) Antwort zu 3: Planungsrechtliche Maßnahmen hat es keine gegeben, da eine Friedhofsnutzung auf der Erweite- rungsfläche als möglich beurteilt wurde. Eine Machbar- keitsstudie zur Erweiterung des Friedhofes am Columbi- adamm wurde veranlasst. Die technische Umsetzung zur Herstellung einer bestattungsfähigen Fläche sollte durch die Grün Berlin GmbH erfolgen. Im Frühjahr 2015 sollte die „baureife“ Erweiterungsfläche an den Bezirk Neukölln übergeben werden. Nach Vorliegen des Ergebnisses des Volksentscheides zur Zukunft des Tempelhofer Fel- des musste die geplante Umsetzung jedoch gestoppt wer- den. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 142 2 Frage 4: Wann gab es zum letzten Mal Gespräche zwischen der Arbeitsgemeinschaft Friedhöfe beim Berli- ner Islamforum und dem Senat über die Einrichtung isla- mischer Grabfelder und welche Vereinbarungen wurden getroffen? Antwort zur 4: Die in der vergangenen Legislaturperi- ode arbeitende informelle Arbeitsgruppe, bestehend aus islamischen Verbänden und Verwaltungen, hat seinerzeit regelmäßig über ihre Ergebnisse im Islamforum berichtet. So wurde über die Regelung zur Friedhofsordnung bezüg- lich islamischer sargloser Bestattungen am 20.1.2011 und zuvor am 10.2.2010 mit dem seinerzeitigen Staatssekretär für Gesundheit über die Erleichterung der islamischen Bestattungsriten durch Abschaffung des Sargzwanges und über die Möglichkeit der Verkürzung der 48-Stunden- Frist zwischen Tod und Bestattung auf 24 Stunden ge- sprochen. Über die Ausweisung weiterer islamischer Grabfelder ist in diesem Zusammenhang ebenfalls regel- mäßig gesprochen worden. Die Arbeitsgruppe und das Islamforum sind allerdings keine Gremien gewesen, die Beschlüsse fassen. Daher sind keine Vereinbarungen getroffen worden. Die damalige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat seinerzeit für die islamischen Ver- bände ein Informationsblatt erstellt, in dem die Wege zur Errichtung eines eigenständigen nicht-kommunalen isla- mischen Friedhofes aufgezeigt sind. In 2013 wurde im Islamforum die Reaktivierung der Arbeitsgruppe Islamische Bestattungen und Friedhöfe neben der Einrichtung weiterer Arbeitsgruppen verein- bart. Im gleichen Jahr wurden verschiedene Recherchen auf den Weg gebracht: Die Integrationsbeauftragte des Berliner Senats hatte gemeinsam mit dem Beauftragten für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften der Senatskanzlei eine Umfrage zum Bedarf und zu den Minimalanforde- rungen für islamische Bestattungen an die muslimischen Gemeinden verfasst. Die Islamische Föderation hatte vom Rat der Gelehr- ten und Imame in Deutschland ein Gutachten zur Frage der Bestattung von Muslimen auf nicht-muslimischen Grabfeldern erbeten. Es war geplant, dass die Arbeitsgruppe nach dem Vor- liegen der genannten Rechercheergebnisse die Arbeit wieder aufnehmen wird. Frage 5: Welche Schritte plant der Senat, um mit den Moschee-Gemeinden die Einrichtung islamischer Grab- felder voranzubringen? Wie erklären sich die für die Friedhofsplanung und die für „Integration“ zuständigen Senatsverwaltungen, dass es trotz mehrfach geäußertem Bedürfnis der verschiedenen Berliner Moschee- Gemeinden nach Grabfeldern bisher nicht zu konkreten Gesprächen gekommen ist? Antwort zur 5: Wie in der Antwort zu Frage 4 be- schrieben, war eine Fortsetzung der Arbeitsgruppe vorge- sehen. Auf Grund der Absage des für November 2013 terminierten Islamforums durch die muslimischen Orga- nisationen haben jedoch bisher keine Arbeitsgruppensit- zungen stattgefunden. Die muslimischen Organisationen begründen den Umstand, dass seit Juni 2013 kein weiteres Islamforum stattgefunden hat, mit erheblichem Klärungs- bedarf im Hinblick auf die weitere Kooperation mit ver- schiedenen Verwaltungsbereichen. Seit der Absage des Islamforums haben diverse Ge- spräche zwischen der Integrationsbeauftragten des Berli- ner Senats und den Vertreterinnen und Vertretern der muslimischen Organisationen zur Perspektivenklärung des Islamforums stattgefunden. Die Integrationsbeauftragte handelt im Sinne ihrer Ombudsfunktion gemäß Artikel I § 5 Absatz 4 „Beauftragte oder Beauftragter des Senats von Berlin für Integra- tion und Migration“ des Partizipations- und Integrationsgesetzes des Landes Berlin (PartIntG) und unterstützt die Vertreterinnen und Vertreter der muslimischen Organisa- tionen bei ihren Anliegen. Folglich wird sie sich auch weiterhin für die Einrichtung islamischer Grabfelder einsetzen. Berlin, den 16. Juli 2014 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Juli 2014)