Drucksache 17 / 14 209 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 09. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Juli 2014) und Antwort Wann ist Berlins Luft sauber (VII) – Was muss dafür auf Berlins Baustellen passieren? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Bauvorhaben insgesamt gab es 2013 auf Berliner Stadtgebiet? 1. Wie viele Baustellen in Berlin im Jahr 2013 resul- tierten aus Bauvorhaben des Landes Berlin? 2. Wie viele Baustellen in Berlin im Jahr 2013 resul- tierten aus Bauvorhaben des Bundes? 3. Wie viele Baustellen in Berlin im Jahr 2013 resul- tierten aus Bauvorhaben der Bezirke? Antwort zu 1: Für den Bau von Gebäuden liegen beim Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Zahlen vor. Danach wurden im Jahr 2013 insgesamt 8431 Bauvorhaben er- fasst (Fertigstellung, begonnene Vorhaben und Bauab- gang). Davon entfielen 233 Bauvorhaben auf öffentliche Bauherren. Daten über eine weiter gehende Differenzie- rung nach Land, Bund oder Bezirk sind nicht verfügbar. Für den Tiefbau liegen keine Statistiken für 2013 vor. Mit allen größeren Maßnahmen und kleineren Unterhal- tungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ist alleine bei der Tiefbauabteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwick- lung und Umwelt von einer hohen dreistelligen Zahl auszugehen. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Baumaßnahmen anderer Bauherren wie zum Beispiel die Leitungsbetriebe, die Verkehrsunternehmen und die Tief- bauämter der Bezirke. Daten über eine weiter gehende Differenzierung sind nicht verfügbar. Frage 2: Wie viele Grenzüberschreitungen bei Fein- staub und Stickoxid im Jahr sind auf Baumaschinen und Bauaktivitäten zurückzuführen? 1. Welche Grenzwertüberschreitungen an Berliner Messstationen im Jahr 2014 sind auf Baustellenak- tivitäten zurückzuführen? 2. Gibt es gesonderte Messstationen, die die Emissi- onswerte von Baustellen in Berlin messen? Wenn ja, wo befinden sich diese? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 2: zu 2.1: Im Jahr 2014 konnten bisher an der Messstati- on Silbersteinstraße (MC 143) 2 Überschreitungen des PM10-Tagesgrenzwertes (6./7. Mai) auf Bauaktivitäten zurückgeführt werden. An der Messstation Buch (MC 77) konnten 4 Überschreitungstage (27.Februar, 10.März, 2./3. April) durch Staubaufwirbelungen mit Bauaktivitä- ten in Zusammenhang gebracht werden. Überschreitungen des Grenzwertes für NO2 durch Baumaschinen wurden nicht festgestellt. zu 2.2: Es gibt keine Messstationen, die Emissions- werte messen. Das Berliner Luftgütemessnetz dient der Messung der Immissionen, also der Schadstoffkonzentra- tionen in der Umgebungsluft. Dabei ist der Einfluss sehr kleinräumiger Umweltbedingungen auf die Messstation zu vermeiden. Eine Messung der Luftqualität speziell in der Umgebung von Baustellen ist daher nicht vorgesehen, auch wenn die Emissionen von Baustellen lokal in einzel- nen Jahren Überschreitungen von Luftqualitätsgrenzwer- ten verursachen können. Frage 3: Welche gesundheitlichen Auswirkungen ha- ben diese Luftschadstoffe auf Bauarbeiter, Passanten und Anwohner? Was sollten Personen mit bereits bestehenden Atemwegs-, Herz- oder Kreislauf-erkrankungen beach- ten? Antwort zu 3: Diese Luftschadstoffe erhöhen das Ri- siko, an Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen sowie Krebs zu erkranken und zu sterben. Personen mit bereits bestehenden Atemwegs-, Herz- oder Kreislauferkrankungen wird grundsätzlich geraten, Abgasfahnen und Bereiche erhöhter Staubentwicklung zu meiden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 209 2 Frage 4: Wie viele Baumaschinen müssen in Berlin umgerüstet werden, um die im Luftreinhalteplan ange- strebten 75 % der Partikelemissionen dieser Quellgruppe bis zum Jahr 2015 zu senken? 1. Wie viele sind davon im Tiefbau eingesetzt? 2. Wie viele sind davon im Hochbau eingesetzt? 3. Wie viele Baumaschinen müssen durch die neue Ausschreibungsregelung des Senats für Bauma- schinen nachgerüstet werden und wie hoch sind die eingesparten Partikelemissionen dadurch? 4. Auf welche Summe schätzt der Senat die insge- samt anfallenden Kosten, um sein unter 1) benann- tes Ziel zu erreichen? Antwort zu 4: Es wird geschätzt, dass in Berlin etwa 9.000 Maschinen umgerüstet werden müssen. Eine Unterteilung in Maschinen im Hoch- oder Tief- bau und nach Einsatz nach Bauherr liegt nicht vor. Unter der Annahme, dass etwa die Hälfte der Berliner Baumaschinen für die Einhaltung der Umweltstandards auf öffentlichen Baustellen nachgerüstet werden muss, ergibt sich eine Minderung von etwa 40 bis 60 Tonnen Dieselruß pro Jahr. Die Nachrüstkosten liegen zwischen 5000 und 10000 € pro Maschine. Frage 5: Welche Schritte unternimmt der Senat, um die Minimierung der Luftschadstoffe durch Baumaschi- nen und Bautätigkeiten zu erreichen? Antwort zu 5: Die Reduzierung der Luftschadstoffe durch Baumaschinen erfolgt durch die schrittweise Ein- führung von Umweltstandards für Baumaschinen, die bei öffentlichen Bauaufträgen eingesetzt werden. Eine Minimierung der Staubemissionen durch Bautä- tigkeiten wird durch das Landes-Immissionsschutzgesetz (LImSchG) gefordert. Nach § 9 LImSchG sind Maßnah- men nach dem Stand der Technik zur Vermeidung oder Verminderung von Staubemissionen zu ergreifen, soweit dies zumutbar und verhältnismäßig ist. Zur Konkretisie- rung dieser Anforderung dient der von der Senatsverwal- tung herausgegebene Leitfaden „Vermeidung und Verminderung von Staubemissionen auf Baustellen – ein Leitfaden für die Praxis“. Frage 6: Wer trägt die Kosten für die hier anfallenden Nachrüstungen? 1. Warum werden/wurden die Filternachrüstungen für Baumaschinen (M 4.1) nicht über das UEP II unterstützt? 2. Ist mit einem Bundesförderprogramm zu rechnen, da es sich bei der Minimierung der Luftschadstof- fe, um übergeordnetes Recht handelt? Wenn ja, wann ist mit diesem zu rechnen? Wenn nein, plant das Land Berlin eine entsprechende Bundesratsini- tiative? Antwort zu 6: Kosten für Nachrüstungen fallen gemäß Verursacherprinzip für die Unternehmen an, die öffentli- che Aufträge übernehmen. zu 1. Die Förderbedingungen des UEP II sehen eine räumliche Bindung des geförderten Objektes an die Lan- desfläche Berlin vor. Baumaschinen sind mobil, so dass nicht sichergestellt werden kann, dass geförderte Bauma- schinen nur innerhalb Berlins eingesetzt werden kann. Das UEP ist daher als Förderinstrument nicht zulässig. zu 2. Es ist nicht bekannt, ob mit einem Bundesför- derprogramm zu rechnen ist. In einem von Berlin initiier- ten Beschluss vom Herbst letzten Jahres hat die Umwelt- ministerkonferenz die Bundesregierung gebeten, sich für eine Förderung der Filternachrüstung für Baumaschinen auf europäischer oder nationaler Ebene einzusetzen bzw. diese zu ermöglichen. Frage 7: Wie überprüft die Berliner Verwaltung die Einhaltung des Leitfaden "Vermeidung und Verminde- rung von Staubemissionen auf Baustellen"? 1. Wie viel Personal steht der Verwaltung zu diesem Zweck zur Verfügung? 2. Welche Bußgelder müssen bei Nichteinhaltung dieses Leitfaden gezahlt werden? 3. Welchen Effekt hatte der Leitfaden auf die Luft- qualität Berlins? Antwort zu 7: Zu Frage 7 / 7.1: Soweit sich der Leitfaden auf die Regelungen des Immissionsschutzrechts bezieht, fällt für das Landesgebiet die Überprüfung, ob die Handlungs- empfehlungen beim Baustellenbetrieb eingehalten wur- den, in die Zuständigkeit der Senatsverwaltung für Stadt- entwicklung und Umwelt. Speziell zur Überprüfung des Leitfadens ist dort kein zusätzliches Personal bereitge- stellt. Infolge von Personaleinsparungen werden Staub- immissionen von Baustellen nur im Beschwerdefall bear- beitet. Überwachungen vor Ort können dabei nur sehr begrenzt durchgeführt werden. Zu Frage 7.2: Der Leitfaden allein stellt keine Rechts- grundlage für ordnungsbehördliches Handeln dar. Für die Ahndung baustellenbedingter Immissionen sind die in § 22 Bundes-Immissions-schutzgesetz (BIm- SchG) sowie §§ 2 und 9 Landes-Immissionsschutzgesetz Berlin definierten Pflichten zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen (Betreiberpflichten) heranzuziehen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Betreiberpflichten auf Grund baustellenbedingter Immissionen kann der Bauherr im Wege einer immissionsschutzrechtlichen Anordnung (§ 24 BImSchG) aufgefordert werden, die gebotenen Maßnahmen zur Vermeidung respektive Min- derung der Immissionswirkung fristgerecht zu gewähr- leisten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 209 3 Bei Zuwiderhandlungen gegen eine vollziehbare An- ordnung kann ein zuvor angedrohtes Zwangsmittel festge- setzt werden. Parallel dazu können Zuwiderhandlungen als bußgeld-bewährte Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Die Höhe eines Bußgeldes ist abhängig vom jeweiligen Tatvorwurf und kann nicht pauschal benannt werden. Der Bußgeldrahmen reicht für den Fall der Miss- achtung einer vollziehbaren Anordnung nach § 62 BIm- SchG bis 10.000 € und nach dem strengeren § 15 LImSchG Bln bis 50.000 €. Zu Frage 7.3: Die Zielsetzungen des Leitfadens zur Vermeidung und Verminderung von Staubemissionen auf Baustellen sollen von den in Berlin tätigen Baufirmen als konkretisierende Hinweise zu den Betreiberpflichten berücksichtigt werden. Sofern Missstände festgestellt werden, reicht in aller Regel bereits eine kooperative Absprache mit dem Bau- herrn respektive der bauausführenden Firma, um diese Mängel abzustellen. Berlin, den 29. Juli 2014 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Juli 2014)