Drucksache 17 / 14 231 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 15. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Juli 2014) und Antwort Schnelllernklassen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat das Konzept der Schnelllernklassen als Instrument zur Förderung von Kindern mit Begabung bzw. Hochbegabung? Zu 1.: Schnelllernerklassen sind eines von verschiede- nen Förderangeboten der Berliner Schule für begabte und leistungsstarke Schülerinnen und Schüler. 34 Gymnasien und eine Integrierte Sekundarschule bieten die Möglich- keit, schon ab der 5. Klasse an einer weiterführenden Schule zu lernen und dabei besondere Begabungen im Rahmen eines speziellen Schulprofils zu entwickeln. Solche Schulprofile gibt es im Bereich der Sprachen, der Mathematik, der Naturwissenschaften, der Künste und des Sports. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Enrich- ment-Programme, in deren Rahmen begabte Schülerinnen und Schüler teilweise in Zusammenarbeit mit wissen- schaftlichen Einrichtungen und Universitäten weit über das normale schulische Angebot hinaus Themen und Fächer des Unterrichts vertiefen und verbreitern können. In diesem Rahmen bieten die Schnelllernerklassen ein Angebot für intelligente und leistungsfähige Schülerinnen und Schüler, die überdurchschnittlich viel zu lernen bereit und in der Lage sind und daher ein umfangreicheres Pen- sum in der Sekundarstufe I bearbeiten können als den Vorgaben entsprechend am Gymnasium vorgesehen ist. 2. Wie viele Kinder bestanden seit dem Schuljahr 11/12 Jahre den Test zur Aufnahme in eine Schnelllern- klasse konnten aber keinen Schulplatz in einer Schnell- lernklasse erlangen? Zu 2.: Jahr Als geeignet getestet Verfügbare Plätze Ohne Platz in einer Schnelllernerklasse 2011 404 420 - 2012 508 420 88 2013 319 420 - 2014 513 420 93 3. Auf welcher wissenschaftlichen Basis beruht der Test zur Aufnahme in eine Schnelllernklasse? Zu 3.: Das Auswahlverfahren ist durch die Verord- nung über die Aufnahme in Schulen besonderer pädago- gischer Prägung (Aufnahme VO-SbP) vom 23. März 2006 (GVBl. S.306), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Januar 2014 (GVBl. S. 14), geregelt. Die Verordnung regelt in § 15 für die Aufnahme in Schnelllernerklassen, dass die Eignung aus der Bewertung des vom Schulpsy- chologischen Dienst durchgeführten standardisierten Aufnahmetests, den Noten des ersten Schulhalbjahres der Jahrgangsstufe 4 in den Fächern Mathematik, erste Fremdsprache, Sachunterricht und Deutsch sowie aus dem Kompetenzkatalog der Förderprognose abgeleitet wird, wobei das Testergebnis mit einem Gewicht von 50 %, die Notensumme mit 25 % sowie vier bestimmte Kompetenzkriterien der Förderprognose mit ebenfalls insgesamt 25 % in die Bewertung eingehen. Der Schulpsychologische Dienst benutzt zur Testung einen standardisierten Intelligenzmessungstest (PSB), der wissenschaftlich abgesichert ist und bundesweit verwen- det wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 231 2 4. Was erwog den Senat, die Kriterien des Tests für das Schuljahr 14/15 zu verändern? Zu 4.: Der Test ist mit unveränderten Kriterien als standardisierter Test wie in den Vorjahren verwendet und nach Handbuch ausgewertet worden. Allerdings wurde die Testnorm anders als in den Vorjahren angelegt: Der verwendete Test kann in den Klassenstufen 4 bis 6 in jeder Halbjahresstufe mit jeweils unterschiedlichen, dem wachsenden Alter und dem jeweiligen Stand in der Schul- laufbahn der Schülerinnen und Schüler entsprechenden Aufgaben eingesetzt werden. Dem jüngeren Einschu- lungsalter der Berliner Schülerinnen und Schüler und dem relativ früh im Schuljahr liegenden Testzeitpunkt entspre- chend wurde statt wie in den Vorjahren die Norm 4.2 (zweites Halbjahr der 4. Jahrgangsstufe) im Jahr 2014 die Norm 4.1 (1. Halbjahr der 4. Jahrgangsstufe) angelegt. 5. Welche zusätzlichen Ressourcen erhalten Schulen die Schnelllernklassen zur Umsetzung des Förderungs- konzeptes anbieten? Zu 5.: Pro Zug erhalten die Schulen sieben zusätzliche Unterrichtsstunden angerechnet. 6. Wie bewertet der Senat die diesjährigen Ergebnisse des Schnelllerntests? Zu 6.: Die Ergebnisse resultieren aus der Verwendung eines objektiven, standardisierten Tests im Rahmen eines rechtlich festgelegten Verfahrens und fallen in der Reihe der Ergebnisse der Vorjahre nicht derartig aus dem Rah- men, dass eine gesonderte Bewertung notwendig er- scheint (vgl. die Tabelle unter 2.: die Ergebnisse von 2014 ähneln ganz stark denen von 2012). 7. Wie viele Plätze in Schnelllernklassen sind noch verfügbar (sortiert nach Bezirk und Schule)? Zu 7.: Mit Stand vom 9.7.2014 sind nur noch einzelne Plätze verfügbar (am Lessing-Gymnasium). Bis Schul- jahrsende hätte die Möglichkeit bestanden, am Lessing- Gymnasium und am Albrecht-Dürer-Gymnasium jeweils weitere 30 Plätze einzurichten, für die es jedoch keine entsprechende Nachfrage gab. Alle Bewerberinnen und Bewerber sind rechtzeitig auf die möglichen Alternativen aufmerksam gemacht worden. 8. Wie viele Schülerinnen und Schüler, die den Eingangstest bestanden haben, konnten bisher noch keinen Schulplatz in einer Schnelllernklasse erhalten? Zu 8.: Aus der unter 2. angeführten Tabelle ergibt sich, dass es 93 mehr als geeignet getestete Schülerinnen und Schüler als vorhandene Plätze gab. Dennoch blieben von den 420 angebotenen Schnelllernerplätzen mehr als 60 unbesetzt, da sich die Nachfrage auf einige Schulen konzentrierte. 9. Plante der Senat zusätzliche Ressourcen mit Änderung der Testbedingungen und einer damit verbundenen erwartbaren Erhöhung des Bedarfs an Plätzen in Schnell- lernklassen ein? Zu 9.: Die Testbedingungen wurden nicht geändert, siehe dazu die Antwort zu Frage 4. Im Vergleich zu 2012 ist keine relevante Erhöhung des Bedarfs an Schnell- lernerklassen erkennbar, zudem ist die Anzahl der Bewer- ber und Bewerberinnen insgesamt gesunken (2011: 715 getestete Kinder, 2012: 686 getestete Kinder, 2013: 618 getestete Kinder). Insgesamt kann nicht von einem stei- genden Bedarf an Schnelllernerklassen ausgegangen wer- den. 10. Welche Gründe stehen der Einrichtung eines zusätzlichen Schnelllernzuges am Rosa-Luxemburg-Gym- nasium entgegen? Zu 10.: Für das Schuljahr 2014/2015 dient als Rechts- grundlage die o.g. Aufnahme VO-SbP, der zufolge an jeder der sieben Schulen mit Schnelllernerzügen maximal zwei solcher Züge pro Jahrgang eingerichtet werden kön- nen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 Aufnahme VO-SbP). 11. Welche zusätzlichen Ressourcen würde die Einrichtung eines weiteren Schnelllernzuges am Rosa- Luxemburg-Gymnasium im Vergleich zur Einrichtung eines regulären Schulzuges an einer Pankower Oberschule benötigen? Zu 11.: Die Einrichtung eines weiteren Schnelllerner- zuges ist rechtlich nicht möglich (siehe zu 10.), und räum- lich nicht umsetzbar. Im Übrigen vgl. Antwort zu Frage 5. 12. Unterstützt der Senat zu der im Tagesspiegel (Artikel vom 12. Juni 2016; Eltern wollen Schnelllernklassen einklagen) vertretenen These, dass die Einrichtung weite- rer Schnelllernklassen verweigert wird, weil damit die sechsjährige Grundschule in Berlin in Frage gestellt sein könnte? Zu 12.: Nein, diese These wird nicht unterstützt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 231 3 13. Welchen Erfolg räumt der Senat einem möglichen Rechtsverfahren von Betroffenen Eltern zur Einrichtung von einer weiteren Schnelllernklasse ein? Zu 13.: Der Senat beteiligt sich nicht an Spekulatio- nen. Berlin, den 23. Juli 2014 In Vertretung Dr. Knut Nevermann Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Juli 2014)