Drucksache 17 / 14 264 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ole Kreins (SPD) vom 21. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2014) und Antwort Rummelsburger See - Stand der Sanierung II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse ergab die vertiefte Unter- suchung der Sedimente, die die Senatsverwaltung gemein- sam mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde im Jahr 2011 begonnen hat? Ist diese Untersuchung abgeschlossen? Wo sind die Ergebnisse auffindbar? Antwort zu 1: Der bisher im Entwurf vorliegende Bericht stellt die Ergebnisse von Untersuchungen zum aktuellen Belastungszustand der Sedimente dar. Es wurden Untersu- chungen zur Chemie, Ökotoxikologie und aquatischen Fauna (Wirbellose) durchgeführt. Durch die chemischen und ökotoxikologischen Untersuchungen konnte der zum Teil extrem hohe aktuelle Belastungsgrad der Sedimente des Rummelsburger Sees mit Schadstoffen umfassend dokumen- tiert werden. Bei den extremen Schadstoffgehalten handelt es sich vorrangig um Altlasten aus früheren Industrieproduktio- nen im Umfeld des Sees bzw. durch zurückliegende Einträge über die Spree. Bei den organischen Schadstoffen sind die Gehalte an Polychlorierten Bipehnylen (PCB), Mineralöl- kohlenwasserstoffen (MKW) sowie die Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) besonders hoch. Der Rummelsburger See ist zudem stark mit verschiedenen Schwermetallen belastet. Hervorzuheben sind hierbei Kup- fer, Blei, Cadmium und Zink. Die Belastungsschwerpunkte liegen wie bei den organischen Schadstoffen je nach Element an unterschiedlichen Standorten. Bei den MKW sind die höchsten Befunde im nördlichen Seebecken zu finden, hin- gegen bei den PCB und PAK tendenziell mehr im zentralen Seebeckenbereich. Bei den meisten Kontaminanten nehmen die Konzentrationen von der Sedimentoberkante bis in eine maximale Tiefe von 0,4m bis 1,50m deutlich zu. Die ökotoxikologischen Untersuchungen lassen erken- nen, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von toxi- schen Effekten gegenüber benthischen Organismen an allen untersuchten Messtellen bei über 90% liegt. Somit ist ableit- bar, dass die Schadstoffgehalte eine wesentliche Ursache für Besiedlungsdefizite der Sediment sind. Der Bericht befindet sich noch in der Endabstimmung und wird vorraussichtlich bis Ende des Jahres vorliegen und veröffentlicht. Die Befunde lassen keinen unmittelbaren Schluss zur Bewertung des Wasserkörpers des Rummelsbur- ger Sees zu. Temporäre Freisetzungen durch Schifffahrt oder andere Einflüsse sind anzunehmen. Frage 2: Welche Erkenntnisse brachte das temporäre Versuchsfeld (B/L 13m/20m) für die Möglichkeit der Abde- ckung nicht tragfähiger Sedimente durch mineralische Auf- füllung? Antwort zu 2: Das im Jahr 2012 hergestellte temporäre Versuchsfeld hat folgende Erkenntnisse gebracht: Am Standort des Versuchsfeldes sind infolge der leichten Abde- ckung mit geotextilen Behältern keine geotechnischen Auf- fälligkeiten, wie Setzungen oder Brüche, entstanden. Eine Auffüllung mit mineralischen Stoffen stellt sich als praktika- bel dar. Eine flächenhafte Anwendung dieses Verfahrens kommt jedoch aus finanziellen und technologischen Gründen nicht in Betracht. Für die Abdeckung hochkontaminierter Teilflächen müssen weitere verfahrenstechnische Versuche gefahren werden. Frage 3: Welchen Entwicklungsstand hat das integrative Maßnahmenkonzept für den Rummelsburger See hinsichtlich der mechanischen Anlagen (Umwälzpumpe und Spund- wand)? Welche weiteren Maßnahmen sind derzeit geplant oder werden derzeit umgesetzt? Antwort zu 3: Umwälzpumpe und Spundwand wurden im Rahmen der Sanierungsarbeiten im Zeitraum von 1999 bis 2001 errichtet. Die Spundwand verbleibt nach wie vor im Rummelsburger See, wobei mittel- bis langfristig je nach Entwicklung der Wasserbeschaffenheit der Spree eine Ent- fernung geplant ist. Zudem muss sichergestellt werden, dass die kontaminierten Sediemente nicht resuspendiert werden und in die Spree gelangen. Die Umwälzanlage wurde 2014 ausgebaut. Aktuelle Untersuchungen haben gezeigt, dass eine maßgebliche Verbesserung des Gewässerzustandes nicht mehr erreicht werden kann. Weitergehende effektive Maßnahmen für die Sanierung des Sees und zur Minderung ökologischer Risiken infolge der hohen Sedimentbelastung werden in den kommenden Jahren im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erarbeitet. Paral- lel dazu arbeiten die Länder Berlin und Brandenburg an einem gemeinsamen Nährstoffkonzept für Spree und Havel. Ziel ist es, in den kommenden Jahren durch weitergehende Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 264 2 Maßnahmen zur Reduzierung der Nährstoffeinträge (u.a. durch Maßnahmen auf Klärwerken, in der Landwirtschaft und bei der Regenwasserbehandlung) die Wasserqualität der Spree und Havel insgesamt weiter zu verbessern. Somit werden die Grundlagen für eine Öffnung des Sees zum Fluss durch Entfernung der Spundwand gelegt. Frage 4: Wie entwickeln sich die Belastungen durch die Einträge des Ruschegrabens? Welche Veränderung zur vor- herigen Untersuchung ist festzustellen? Wann fand die letzte Untersuchung statt? Antwort zu 4: Untersuchungen zur stofflichen Belastung des Ruschegrabens fanden in den Jahren 2007 und 2008 im Auftrag der Berliner Wasserbetriebe statt. Systematische Untersuchungen aus früheren Zeiten sind nicht bekannt, sodass keine Aussage zu möglichen Trends gemacht werden können. Frage 5: Welche Erkenntnisse brachte das einjährige Messprogramm des Marzahn-Hohenschönhausener Grenz- grabens? Welche Schlussfolgerungen sind gezogen worden, insbesondere hinsichtlich der Machbarkeit und Wirtschaft- lichkeit einer Reinigungsanlage? Gibt es neben den Einträ- gen des Ruschegrabens und des Marzahn- Hohenschönhausener Grenzgrabens weitere für den ökologi- schen Zustand des Rummelsburger Sees relevante Einträge? Antwort zu 5: Durch das Messprogramm in 2011 und 2012 konnten die in die Spree eingetragenen Frachten diffe- renziert für verschiedene Parameter und Abflusszustände ermittelt werden. So werden über den Marzahn- Hohenschönhauser Grenzgraben insgesamt ca. 0,8 Tonnen Phosphor und rund 250 Tonnen abfiltrierbare Stoffe einge- tragen. Bemerkenswert ist, dass über den Trockenwetterab- fluss über 60% Phosphor transportiert werden; der Regen- wetterabfluss trägt mit 39% zur Belastung bei. Auf der Grundlage der Bilanzen und Abflusszustände wurde ver- schiedene technische Maßnahmen zur Regen- und Trocken- wetterbehandlung im Mündungsbereich wie auch in den im Einzugsgebiet liegenden Regenrückhaltebecken untersucht. In wirtschaftlicher und gewässerökologischer Hinsicht wird aktuell eine Maßnahmenkombination, bestehend aus einem Retentionsbodenfilter zur Trockenwetterbehandlung im Mündungsbereich in Kombiantion mit Maßnahmen zur Ertüchtigung der bestehenden Regenrückhaltebcken zur Regenwasserbehandlung, diskutiert. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen. Ergänzende Optimierungs- planungen sind in Vorbereitung. Weitere externe nennenswerte Eintragsquellen neben Ru- schegraben und Marzahn-Hohenschönhauser Grenzgraben sind nicht bekannt. Zu Freisetzungsraten aus den belasteten Sedimenten können noch keine abschließenden Aussagen getroffen werden. Grundsätzlich sind bei einigen Schadstof- fen auch die Einträge über den Luftpfad von Relevanz. Frage 6: An welchen Stellen sind bei Planungen (B- Planverfahren) an der Rummelsburger Bucht Flächen für Maßnahmen des Wasserbaus (Rückhaltebecken, Filteranla- gen oder andere) vorgesehen gewesen? An welchen Stellen werden Flächen für diese Funktionen vorgehalten? Antwort zu 6: Innerhalb des B-Planes XVII-9 wurde eine Fläche (östlich Georg-Löwensteinstr.) für eine Nieder- schlagswasserreinigungsanlage für die Abflüsse des Mar- zahn-Hohenschönhauser-Grenzgrabens planungsrechtlich gesichert. Für die Behandlung der Niederschlagswasserab- flüsse aus dem Ruschegraben laufen augenblicklich Ab- stimmungen für die Verortung einer unterirdischen Regen- wasserbehandlungsanlage innerhalb der B-Pläne XVII-4 oder XVII-5. Frage 7: Wie hoch sind die Kosten der Sanierungsmaß- nahmen des Rummelsburger Sees? Kann die Senatsverwal- tung die Kosten der Maßnahmen insgesamt im Zeitraum der 17. Legislatur beziffern? Wenn nein, welche Teilkosten sind dem Senat bekannt? Antwort zu 7: Für die Maßnahme „Schadensbekämpfung Rummelsburger See“ im äußersten Nordwesten werden im Zeitraum 2011 bis 2016 ca. 5,7 Mio. € aufgewendet. Der 1. Teil „Neubau Uferbefestigung am Westufer“ wurde 2011/2012 für 3,4 Mio. € realisiert. Der 2. Teil „Flachufersanierung “ umfasst Vorbereitungsarbeiten, wie Anlegen und Beobachten von Testfeldern. Dafür werden bis 2015/2016 weitere 2,3 Mio. € ausgegeben. Kosten für die weiteren Sanierungsschritte können derzeit nicht beziffert werden. Frage 8: Wie wird der Informationsfluss über den ökolo- gischen Zustand des Rummelsburger Sees an die Anwohne- rinnen und Anwohner sichergestellt? Antwort zu 8: Die aktuell bestehenden Informationsan- gebote werden sukzessive ausgebaut. So wird der Internet- auftritt zum Rummelsburger See bis Ende 2014 erweitert. Zudem findet eine Informationsveranstaltung am 27.8.2014 zu aktuellen Gewässeruntersuchungen und zu einem aktuell gestarteten Forschungsprojekt (Kooperation mit der Freien Universität Berlin) statt. Weitere Veranstaltungen und In- formationsangebote sind geplant. Berlin, den 05. August 2014 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. August 2014)