Drucksache 17 / 14 270 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander Spies (PIRATEN) vom 22. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2014) und Antwort Menschen mit Behinderung auf dem angespannten Berliner Wohnungsmarkt Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, damit Träger der Eingliederungshilfe, aber auch aus anderen Sozialbereichen, bezahlbaren Wohnraum für ihre Kli- ent_innen innerhalb des S – Bahnrings finden, um der Sozialraumorientierung der Klient_innen Rechnung zu tragen? 2. Hat der Senat Kenntnis darüber, dass Menschen in Psychiatrien aufgrund von Wohnraummangel Schwierig- keiten haben, einen Wohnplatz in einer betreuten Wohn- gruppe bzw. im betreuten Einzelwohnen zu finden und deshalb länger als notwendig in der Psychiatrie verweilen müssen? Wenn ja, wie bewertet der Senat die Entwick- lung? 6. Hat der Senat Kenntnis darüber, dass es für Träger kaum noch möglich ist, neuen Wohnraum für die Kli- ent_innen mit Behinderung anzumieten und dass Men- schen mit Grundsicherung und Assistenzbedarf teilweise schon seit Jahren eine Wohnung suchen (Berichte u.a. von der Starthilfe, Lebenshilfe, Spastikerhilfe)? Zu 1., 2. und 6.: Der Senat begrüßt alle Überlegungen und Aktivitäten der Träger, um in den unterschiedlichen Betreuungsformen bezahlbaren und geeigneten Wohn- raum zu finden. Dabei ist die sozialräumliche Verortung ein wichtiges Merkmal der Inklusion. Bei der Betrachtung der unterschiedlichen Wohn- und Betreuungsformen sind auch die jeweiligen Voraussetzungen differenziert zu berücksichtigen. Unterschiedliche Voraus-setzungen sind an der Größe, der baulichen, räumlichen Beschaffenheit, der Prozess-abläufe und der Zielgruppenspezifik festzu- machen. Der Senat unterstützt z. B. Über-legungen von Trägern, bei Wohnheimprojekten Mietkonditionen in angemessener Höhe über den sog. Investitionsbetrag entgeltfinanzierter Einrichtungen zu refinanzieren. Beim Abschluss von Erbbauverträgen werden sozial verträgli- che Erbbauzinsen befürwortet. Beim Kauf von Häusern werden Finanzierungsbeteiligungen Dritter, z. B. der Aktion Mensch oder der Deutschen Klassenlotterie Berlin eingeworben. Von Seiten der bezirklichen Psychiatrie- und Suchthilfekoordinatoren aus allen Berliner Bezirken wird von Schwierigkeiten berichtet, für psychisch kranke und/oder suchtkranke Personen geeigneten und insbeson- dere bezahlbaren Wohnraum anzumieten. In Anbetracht des angespannten Wohnungsmarktes ist es für die be- nannten Personenkreise besonders schwierig bezahlbaren und barrierefreien Wohnraum zu erlangen. Die Möglich- keiten des Wohnungsportals bzw. des geschützten Markt- segments sind nicht nur quantitativ begrenzt sondern auch durch Zielgruppenkonkurrenz belastet. 3. Wie können aufgrund steigender Mieten inklusive Wohnprojekte von Menschen mit und ohne Behinde- rung gefördert und die Ziele des inklusiven Wohnens und einer sozialen Stadt erfüllt werden? Zu 3.: Auch unter den schwierigen Bedingungen des Berliner Wohnungsmarktes gelingt es den Trägern immer noch, geeigneten und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Richtig ist, dass insbesondere in den Innenstadtbezirken die geschilderte Situation sich verschärft. Die Träger sind deshalb aufgerufen, kreative Lösungen zu erarbeiten, die über Erbbaurechtsverträge oder Wohneigentum realisiert werden können. Hierbei unterstützt bzw. begleitet der Senat diverse Projekte unterschiedlicher Träger. 4. Findet ein kontinuierlicher Dialog zwischen Senat und den Trägerorganisationen und Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zu der Wohnproblematik statt? Wenn ja, inwiefern? Zu 4.: Zwischen den jeweiligen Senatsressorts und den Trägern bzw. Verbänden gibt es auf unterschiedlichen Ebenen regelmäßigen Austausch zu fachlichen Fragen und hier auch zu der angespannten Wohnsituation in Berlin. Damit werden unmittelbar projektbezogene Pla- nungen für Wohnprojekte besprochen, Kostenauswirkun- gen ver-handelt und gemeinsam Möglichkeiten zur per- spektivischen Entwicklung abgestimmt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 270 2 5. Wieso verhindert der Senat den Erwerb von Grundstücken aus dem Liegenschaftsfond, indem sie den im Entgelt berücksichtigungsfähigen Investitionsaufwand pro Platz im Neubau seit Jahren bei 77.000 Euro gede- ckelt hält? Zu 5.: Bei den entgeltfinanzierten Projekten werden, auf der Grundlage der sich nach Leistungstypen unter- scheidenden Gebäudekosten, Grundstückskosten zusätz- lich neben den Platzkosten berücksichtigt. Dabei sind je nach Zielgruppe und Leistungstyp verschiedene Finanzie- rungswege und Beteiligungen möglich. Im Einzelfall werden auch höhere pro Platz Kosten berücksichtigt, die im Rahmen baufachlicher Prüfungen vom Bundesbauamt oder der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt als berücksichtigungsfähig anerkannt wurden. 7. Was für Konzepte hat der Senat, um Menschen mit Behinderung das Leben in der eigenen Wohnung oder in betreuten Wohngemeinschaften/betreutes Einzelwoh- nen in ihrem Kiez zu ermöglichen, damit sie – wie in Artikel 19 der UN – Behindertenrechtskonvention aufgeführt – selbst entscheiden können, wo und mit wem sie wohnen. Zu 7.: Der Senat hat mit seinen Vorschriften zu den Kosten der Unterkunft ins-besondere bei der Berücksich- tigung behinderungsbedingter Mehraufwendungen Öff- nungsklauseln formuliert, die den Bezug und die Erlan- gung von Wohnraum erleichtern sollen. Außerdem sind höhere Barrieren bei Fragen einer Auszugsverpflichtung eingezogen worden. Daneben werden in allen Fragen des betreuten Wohnens alle Möglichkeiten der gemeinsamen Strategie von Senat und Trägern bzw. Verbänden gesucht. 8. Gibt es Erkenntnisse, ob die neu angekündigte Liegenschaftspolitik geeignet ist, die Probleme dieser Zielgruppen zu lösen? Zu 8.: Mit dem Senatsbeschluss zum Konzept zur transparenten Liegenschaftspolitik vom 04.12.2012, das am 30.01.2013 vom Hauptausschuss des Abgeordneten- hauses mit Maßgaben zustimmend zur Kenntnis genom- men wurde, ferner der zum 17.11.2013 in Kraft getrete- nen Änderung der Landeshaushaltsordnung sowie dem Beschluss des Abgeordnetenhauses vom 24.10.2013 zu „Wohnungsneubau, bezahlbares Wohnen und Liegenschaftspolitik “ stehen die Grundlagen der neuen Liegenschaftspolitik fest. Sie enthalten auch sozialpolitisch ein- setzbare Optionen. Aufgrund der Kürze der Zeit liegen jedoch noch keine Erfahrungen zur Wohnraumversorgung für Menschen mit Behinderung unter Zuhilfenahme des Instrumentariums der neuen Liegenschaftspolitik vor. Berlin, den 11. August 2014 Mario C z a j a Senator für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. August 2014)