Drucksache 17 / 14 279 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Michael Dietmann (CDU) vom 22. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Juli 2014) und Antwort Zunehmende Vernässung des Tegeler Fließes in Höhe Lübars und die Folgen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Sieht sich der Senat nach wie vor auf der Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes und des Berliner Wassergesetzes regelmäßig in der Pflicht, den Unterhalt und hier insbesondere die Beseitigung von Hindernissen im Tegeler Fließ allgemein und hier speziell unterhalb von Lübars vorzunehmen, um eine zunehmende Vernäs- sung und Überschwemmung im Tegeler Fließ, im Bereich Lübars, zu vermeiden und wie wurde dieser Verpflichtung in den letzten drei Jahren nachgekommen? Antwort zu 1: Das Tegeler Fließ wird nach wie vor auf der Grundlage des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Berliner Wassergesetzes (BWG) dauerhaft unter- halten. Der Verpflichtung zur Gewässerunterhaltung wurde in den letzten Jahrzehnten durch die regelmäßige Reinigung des Gewässerprofiles, die Krautung der Sohle und Mahd der Böschungen, Sohlen- und Grundräumun- gen sowie Baumpflegearbeiten nachgekommen, was bereits in der Antwort zur Kleinen Anfrage 17/10359 zum Ausdruck gebracht wurde. Frage 2: Hat es seit der Etablierung der sog. „Ökologischen Entwicklung des Tegeler Fließes“ gem. der europäischen Wasserrahmenrichtlinie gegenüber den Vorjahren Änderung in der Qualität bzw. Intensität der Beräumun- gen im Tegeler Fließ gegeben, ggf. welche Änderungen aus welchem Grund? Frage 6: Welche Ziele verfolgt hingegen der Senat mit der durch nachlassende Beräumung anscheinend beab- sichtigten Aufstauung des Tegeler Fließes? Antwort zu 2. und 6: Die Bewirtschaftungsziele für das Tegeler Fließ wurden im Gewässerentwicklungskon- zept (GEK) auf Grundlage der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie (FFH- RL) erarbeitet. Auf dieser Basis erfolgt die Bewirtschaf- tung des Gewässers. Das Gewässerentwicklungskonzept wurde auch unter Berücksichtigung der Belange von Nutzerinnen und Nutzern erstellt und bei Veranstaltungen mehrfach öffentlich vorgestellt. Die Gewässerunterhal- tung im Tegeler Fließ wurde auf der Grundlage der Er- gebnisse des Gewässerentwicklungskonzeptes angepasst und erfüllt so die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie und der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie. In der Ausführung der Unterhaltungsmaßnahmen wurde beispielweise die Stromrinnenmahd und ein stärke- res Belassen von Totholz am Gewässerrand festgelegt und auch so praktiziert. Dies führt aber auf Grund der regel- mäßigen Kontrollen zu keiner Abflussveränderung und zu keinen unterhaltungsbedingten Vernässungen landwirt- schaftlicher Flächen im Fließtal. Ein Aufstau des Fließes ist im Konzept auch nicht vorgesehen, wohl aber eine an den Schutzgütern orientierte Bewirtschaftung. Diese Ziele dienen sowohl der naturnahen Gewässerentwicklung, dem Erhalt der Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten und einer für Berlin einmaligen Erholungslandschaft. Frage 3: Kann der Senat die Beobachtung teilen, dass durch den im Durchschnitt verringerten Wasserabfluss die umliegenden Felder stärker bzw. teilweise dauerhaft ver- nässen und daher weniger Erträge erbringen? Antwort zu 3: Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Die Abflussmengen des Tegeler Fließes sind nicht verrin- gert und hängen überwiegend von der klimatischen Situa- tion ab. In Jahren mit hohem Niederschlagsdargebot kommt es auf Niedermoorstandorten zu steigenden Grundwasserständen und zur Stauvernässung. Die ord- nungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung der Nieder- moorstandorte erfordert eine an diese natürlichen Stand- ortbedingungen angepasste Bewirtschaftung. Die landwirtschaftlichen Flächen in der Niederung des Tegeler Fließes werden überwiegend als Grünland ge- nutzt. Ein Anspruch auf künstliche Entwässerung von Moorstandorten besteht nicht, diese würde auch den Grundsätzen der von der Europäischen Gemeinschaft verabschiedeten Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH-RL) sowie der Land- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 279 2 schaftsschutzgebietsverordnung widersprechen und wäre unzulässig. Frage 4: Haben die umliegenden landwirtschaftlichen Betriebe aus einer wasserwirtschaftlichen Maßnahme des vermeintlichen Naturschutzes, die zu Ernteausfällen führt, einen Entschädigungsanspruch und wenn nicht, wie be- gründet der Senat seine Auffassung dazu? Antwort zu 4: Ein Entschädigungsanspruch besteht nicht, da die Gewässerunterhaltung ordnungsgemäß auf der Grundlage der wasser- und naturschutzrechtlichen Vorschriften vorgenommen wird. Frage 5: Werden im Lübarser Abschnitt des Fließes die Vogelpopulationen erfasst und/oder kann der Senat die Beobachtung der Anlieger bestätigen, dass sich bo- denbrütende Vogelarten und solche, deren Futtersuche durch Vernässungen oder Überschwemmungen unmög- lich gemacht wird, deutlich nachvollziehbar aus dem Fließ zurückgezogen haben? Antwort zu 5: Der Senat führt im Rahmen der Be- richtspflichten aus der EU-Vogelschutzrichtlinie Kartie- rungen durch. So wurde letztmalig im Jahr 2009 eine ornithologische Erfassung im NATURA 2000-Gebiet Tegeler Fließ durchgeführt. Es gibt Veränderungen eini- ger bodenbrütender Vogelarten (Braunkelchen, Wiesen- pieper, Feldlerche). Die Ursachen hierfür sind vielfältig, vorrangig liegen diese in der landwirtschaftlichen Nut- zungsintensität (Schnittzeitpunkte, Bearbeitung der Flä- chen), der Einrichtung und intensiven Nutzung von Pfer- dekoppeln sowie zunehmenden Störungen durch Betreten und illegalen Hundeauslauf auf den Flächen aber auch mitteleuropäischen Bestandstrends. Eine Vernässung der Flächen würde den natürlichen Standortbedingungen im Niedermoor dienen und die daran gebundenen Arten fördern. Im Rahmen der Managementplanung prüft der Senat, welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situati- on erforderlich sind. Frage 7: Welche Arbeiten / Beräumungen hat es seit 2011 zu welchen Terminen gegeben? Antwort zu 7: Seit 2011 sind zwei Verträge zur Ge- wässerunterhaltung nach öffentlicher Ausschreibung mit folgenden Leistungszeiträumen geschlossen worden: Zeitraum 1: 01.03.2011 bis 28.02.2013 Zeitraum 2: 01.03.2013 bis 28.02.2015 In diesen Zeiträumen wurden und werden weiterhin folgende Arbeiten durchgeführt: - Ein- bzw. zweimal je Woche Reinigung des Gewäs- sers von Müll und anderen Verunreinigungen, - Sommer- und Herbstkrautung sowie Mahd in den Zeiträumen Juni/Juli bzw. September/Oktober eines jeden Jahres; die genauen Ausführungszeiträume werden von den Naturschutzbehörden vorgegeben, - Sohlen- und Grundräumung fallweise in Absprache mit den Naturschutzbehörden, - Baumpflegearbeiten (Schnitt- und Fällmaßnahmen) fallweise auf der Grundlage der Empfehlungen eines Baumgutachters und Einzelabsprachen mit den Na- turschutzbehörden. Frage 8: Welche Arbeiten sind zuletzt wann, für wel- chen Zeitraum und in welcher Ausschreibungsform aus- geschrieben worden? Antwort zu 8: Zuletzt sind die Gewässerunterhal- tungsarbeiten (insbesondere Gewässerreinigung, Freihal- tung des Abflussprofiles, Krautung, Mahd, Sohlen- und Grundräumung, Baumarbeiten, Wasserbauarbeiten) für den Zeitraum vom 01.03.2013 bis zum 28.02.2015 ausge- schrieben worden. Die Arbeiten wurden nach öffentlicher Ausschreibung auf der Grundlage der Vergabe- und Ver- tragsordnung für Bauleistungen (VOB) vergeben. Frage 9: Gibt es aktuell noch einen nach der letzten Ausschreibung zustande gekommenen Auftrag; ggf. für welchen Zeitraum und wann wird für welchen Zeitraum die nächste Ausschreibung erfolgen (müssen)? Antwort zu 9: Der bestehende Vertrag (siehe Antwort zu Frage 8) läuft noch bis zum 28.02.2015. Derzeit wird ein neuer Bauvertrag für den Zeitraum vom 01.03.2015 bis zum 28.02.2018 vorbereitet, der ebenfalls öffentlich ausgeschrieben wird. Berlin, den 04. August 2014 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. August 2014)