Drucksache 17 / 14 283 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (GRÜNE) vom 24. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Juli 2014) und Antwort Zusammenarbeit von Hooligans und Neonazis in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele gewaltbereite (Kategorie B) und gewalt- suchende (Kategorie C) Fans sind in Berlin (Bitte – soweit möglich – aufgeschlüsselt nach Vereinszugehörigkeit .) verzeichnet? Wie viele dieser Fans sind der rechts- extremen Szene von Berlin zuzuordnen? Zu 1.: In dem für die Kriminalitätsbekämpfung im Zu- sammenhang mit Sportereignissen zuständigen Bereich des Landeskriminalamts (LKA 712) wird die Arbeitsdatei „Sportgewalt Berlin“ geführt. Hierin sind mit Datum des 31. Juli 2014 -1554- personenbezogene Datensätze er- fasst, die sich nach Vereinszugehörigkeit und entspre- chender Kategorisierung (Kat.) (Kategorie B: gewaltbe- reit, Kategorie C: gewaltsuchend) wie folgt unterteilen: Vereinszugehörigkeit Gesamt Kat. B Kat. C Hertha BSC : 519 449 70 1. FC Union Berlin : 466 423 43 BFC Dynamo : 471 354 117 TeBe Berlin : 26 24 2 1. FC Union Berlin II : 1 1 SV Babelsberg 03 : 4 4 Energie Cottbus : 9 7 2 Eintracht Frankfurt : 4 4 Hamburger SV : 1 1 Werder Bremen : 2 2 Eintracht Braunschweig : 1 1 FC Schalke 04 : 3 3 FC Magdeburg : 5 1 4 MSV Duisburg : 1 1 TSV München 1860 : 1 1 Karlsruher SC : 2 2 FC St. Pauli : 2 2 1. FC Kaiserlautern : 1 1 Hansa Rostock : 4 4 SG Dynamo Dresden : 2 2 Hallescher FC : 1 1 Deutschland (Nationalteam) : 2 2 Lichtenberg 47 : 1 1 Adlershofer FC 08 : 1 1 MKS Pogon Stettin : 13 8 5 Eisbären Berlin : 2 2 Alba Berlin : 7 7 ohne Vereinsbezeichnung : 2 2 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 283 2 Innerhalb dieses Datenbestandes befinden sich 86 Per- sonen mit der Zusatzbezeichnung „der rechten Szene zugehörig“, welche im Folgenden nach Vereinen aufgeschlüsselt wurden: Hertha BSC : 17 1. FC Union Berlin : 13 BFC Dynamo : 54 Energie Cottbus : 1 1. FC Magdeburg : 1 Über diese Personen existieren staatsschutzrelevante Erkenntnisse aus dem Phänomenbereich der Politisch Motivierten Kriminalität – rechts. 2. Wie viele Personen, die derzeit in der Datei „Gewalttäter Sport“ gespeichert sind, sind der rechtsextremen Szene von Berlin zuzuordnen? Zu 2.: In Bezug auf die benannte Datei „Gewalttäter Sport“ kann diese Frage nicht beantwortet werden. Eine Zuordnung zur rechtsextremen Szene ist in den Erfas- sungskriterien der beim Bundeskriminalamt geführten INPOL-Ausschreibung (INPOL=Informationssystem der Polizei) „Gewalttäter Sport“ (vielfach als „Datei Gewalttäter Sport“ bezeichnet) nicht vorgesehen. 3. Wie viele Fälle und welche wurden seit dem Jahr 2012 in Zusammenhang mit in Berlin ausgetragenen Fuß- ballspielen bekannt, in denen Personen a) mit rechtsextremen Parolen beschimpft wurden? b) rassistisch, antisemitisch oder rechtsextrem moti- viert tätlich angegriffen und ggf. verletzt wurden? c) sonstigen rassistischen, antisemitischen oder rechtsextremen Vorfällen ausgesetzt waren? Zu 3.: In Berlin gibt es aktuell 417 Fußballvereine, die in den 8 Fußballligen des Fußballligasystems in Deutsch- land mit verschiedenen Mannschaften vertreten sind. Dadurch finden in Berlin während der Spielzeiten an jedem Wochenende etwa 1500 Spiele in den Stadien und auf Sportplätzen statt. Bei der Landesinformationsstelle Sporteinsätze (LIS) der Polizei Berlin werden alle im Zusammenhang mit Fußballspielen bekannt gewordenen Vorfälle im Sinne der Anfrage als Zahlenwert lediglich statistisch für die jewei- lige Spielzeit erfasst. Für die Spielzeit 2011/12 wurden -6-, für die Spielzeit 2012/13 -13- und in der Spielzeit 2013/14 -10- Fälle straf- rechtlich relevanter Sachverhalte, die unter dem Begriff „Straftaten zur Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates “ bekannt. Ob sich diese Straftaten gezielt gegen Personen richteten, ist nicht bekannt. 4. In wie vielen dieser Fälle kam es zu strafrechtli- chen Ermittlungsverfahren bzw. zu Verurteilungen? (Bitte nach Straftatbeständen aufschlüsseln.) Zu 4.: Sofern Straftatbestände vorlagen, wurden Straf- ermittlungsverfahren eingeleitet. Zur Anzahl der Verfah- ren kann keine Aussage getroffen werden. Auch im staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister werden von der Thematik betroffene Verfahren nicht gesondert statistisch erfasst. 5. Wie viele Verurteilungen gab es seit dem Jahr 2012 nach § 46 („Diskriminierung und ähnlicher Tatbestände “) der Rechts- und Verfahrensordnung des Berliner Fußballverbandes e.V. durch dessen Sportgericht? (Bitte nach Jahren, verwirklichter tatbestandsperspektive, ver- hängten Sanktionen und Tätergruppe aufschlüsseln.) Zu 5.: Nach Mitteilung des Berliner Fußball- Verbandes (BFV) gab es in der Fußball-Saison 2012/2013 eine Verurteilung und in der Fußball-Saison 2013/2014 drei Verurteilungen durch das Sportgericht gemäß § 46 der rechts- und Verfahrensordnung des BFV Die verwirk- lichten Tatbestandsperspektiven, verhängten Sanktionen und Tätergruppen werden vom BFV statistisch nicht auf- geschlüsselt. 6. Wie viele Verstöße gegen Punkt 7 der Anlage 1 der SPAN hat der Senat seit dem Jahr 2012 registriert? Wie viele der Vergehen sind mit Verweisen, wie viele mit Hausverboten geahndet worden? (bitte einzeln nach Ver- ein, Datum und Sportanlage aufschlüsseln). Wie stellt der Senat sicher, dass an den einzelnen Sportanlagen genü- gend Sachkenntnis über die zu ahndenden Symbole und Kleidungsstücke vorhanden ist. Werden die Vereine über die Möglichkeit der Beratung durch senatsgeförderte Projekte wie der Mobilen Beratung gegen Rechtsextre- mismus Berlin (MBR) informiert? Zu 6.: Die Sportanlagen liegen weitestgehend in der Zuständigkeit der Bezirke. Verstöße gegen Punkt 7 der Anlage 1 der Sportanlagen-Nutzungsvorschriften (SPAN) werden daher vom Senat nicht erfasst. Die Art der Ver- mittlung von Sachkunde über zu ahndende Symbole oder Kleidungsstücke durch die Bezirke ist dem Senat nicht bekannt. Da viele Schülerinnen und Schüler der unter- schiedlichen Altersgruppen in Sportvereinen aktiv sind, wird Prävention gegen Rechtsextremismus durch die Polizei Berlin in Beratungsveranstaltungen in Schulen thematisiert. 7. Welche Kenntnisse hat der Berliner Senat über rechtsextreme Unterwanderungen von Ultra- und Hooli- gangruppen sowie von Fußballvereinen, Fanclubs und Ordnerdiensten in Berlin? (Bitte Gruppen, Vereine, Clubs etc. benennen.) Zu 7.: Nach Einschätzung des Senats ist die aktive Berliner Fanszene vereinsübergreifend überwiegend un- politisch. Versuche oder Bestrebungen, Ultra- oder Hooligangruppen, Fußballvereine, Fanclubs und Ordner- dienste rechtsextrem zu unterwandern, sind dem Senat nicht bekannt. Allerdings gibt es beim Verein Hertha BSC Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 283 3 eine Gruppierung, die sogenannte „Buckower Szene“, und beim Verein 1. FC Union die Fangruppierung „CRIMARK “, bei denen aufgrund vereinzelter Straftaten gemäß § 86a des Strafgesetzbuches sowie bislang nicht verifizierbarer Äußerungen im Internet rechte Tendenzen nicht auszuschließen sind. Insgesamt verfügen 84 Ultras/ Hooligans dieser bei- den Vereine und des Vereins BFC Dynamo über staats- schutzrelevante Erkenntnisse der politisch motivierten Kriminalität – rechts, siehe hierzu die Antwort zur Frage 1). 8. Welche Informationen hat der Senat über gemein- same Internetforen von Hooligans und Neonazis und über die Inhalte und Absichten der ausgetauschten Informatio- nen? Wurden nach Kenntnissen des Senats beispielsweise Treffen zu Aktionen in Berlin geplant und durchgeführt, wenn ja, wann und mit welchem Hintergrund? (Bitte nach Jahren, Ort, Anlass und Umfang aufschlüsseln.) Zu 8.: Erkenntnisse über derartige Internetforen bzw. deren Inhalte oder Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer liegen nicht vor. Über Treffen oder Aktionen und deren Hintergrund ist nichts bekannt. 9. Welche Kenntnisse hat der Senat über Drohungen und Übergriffe von rechtsgerichteten Hooligans auf anti- rassistische Ultras und Fangruppen während der letzten zwei Jahre (bitte einzeln nach Vorkommnis, Datum, Ver- ein, Hooligan- und Ultragruppe aufschlüsseln)? Zu 9.: Dem Senat liegen weder Strafanzeigen noch sonstige Erkenntnisse über Drohungen und Übergriffe von rechtsgerichteten Hooligans auf antirassistische Ult- ras und Fangruppen vor. 10. Welche Kenntnisse hat der Senat über das Netz- werk GnuHonnters? Wie viele Berliner sind in diesem Netzwerk aktiv? Wie viele der Mitglieder gelten als rechtsextrem oder rechtsextrem beeinflusst? Zu 10.: Erkenntnisse zu dieser Gruppe, die über die frei im Internet verfügbaren Informationen hinausgehen, liegen dem Senat nicht vor. 11. Laut Medienberichten haben sich die GnuHonnters bereits mindestens einmal in Berlin getroffen. Hat der Senat Kenntnisse über den Ort und den Zeitpunkt sowie den Ablauf und Inhalt des Treffens? Zu 11.: Weiterführende Erkenntnisse zu Zeit, Ort, Ab- lauf und Inhalt eines solchen Treffens als die, die dem Presseartikel „Rechtsextremes Netzwerk: Hooligans und Neonazis bedrohen deutschen Fußball“ zu entnehmen sind, der am 13.11.2013 bei „SPIEGEL ONLINE“ veröffentlicht wurde, liegen nicht vor. 12. Welche rechtsextremen oder rechtsextrem moti- vierten Vorfälle im Raum Berlin im Zusammenhang mit den GnuHonnters sind dem Senat bekannt? (Bitte nach Jahren, Straftatbeständen, Stand der Ermittlungen und Tätergruppen aufschlüsseln.) 13. Inwieweit bestehen nach Kenntnissen des Senats darüber hinaus regionale Kooperationen von Hooligans und Neonazis in Berlin? Zu 12. und zu 13.: Erkenntnisse hierzu liegen dem Se- nat nicht vor. 14. Welche Maßnahmen hat der Senat seit dem Jahr 2012 zur Bekämpfung des Rechtsextremismus im Fußball ergriffen? Zu 14.: Die zuständige Fachdienststelle des Landes- kriminalamts Berlin beobachtet die gesamte Fußballszene intensiv und reagiert angepasst auf alle festgestellten, auch phänomenologischen Besonderheiten und Tenden- zen. Berlin, den 12. August 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Aug. 2014)