Drucksache 17 / 14 306 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (GRÜNE) vom 24. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. August 2014) und Antwort Militante Rechtsextreme Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Senat über geplante oder bereits stattgefundene Schulungen von Gruppen mit rechtsextremen Bezügen in Bereichen wie Schießausbil- dung, Kampfsport, Kampftaktik, strategische Aktionspla- nung etc. in Berlin? (bitte jeweiligem rechtsextremisti- schen Spektrum zuordnen und jeweiliges Personenpoten- tial aufführen) Zu 1.: Belastbare Erkenntnisse zur Schießausbildung von Berliner Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten liegen dem Senat nicht vor. Grundsätzlich haben aktions- orientierte Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten eine hohe Affinität zu unterschiedlichen Kampfsportarten. Es ist bekannt, dass mehrere Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten entsprechende Fähigkeiten überwie- gend im privaten Bereich trainieren. Im Zuge der Zu- sammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Brandenburg wurde bekannt, dass es in der Vergangenheit Schulungen in Form von „Formaldienstausbildung“, „Leibesübungen“ und „Zweikampfausbildung“ gegeben hat. Im Rahmen strafprozessualer Maßnahmen gegen einen ehemals in Berlin wohnhaften Rechtsextremisten wurden Unterlagen aufgefunden, die dies belegen. Bereits in der Vergangenheit wurde über ein organi- siertes Demonstrationstraining der „Autonomen Nationalisten “ (heute „Netzwerk Freie Kräfte“) berichtet (siehe Verfassungsschutzbericht 2010, S. 64 f.). Bei entspre- chenden Veranstaltungen soll das taktische Verhalten bei Demonstrationen geschult werden. 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Teil- nahme von Mitgliedern der Berliner rechtsextremen Sze- ne an solchen Schulungen sowohl in anderen Bundeslän- dern als auch im Ausland? (bitte jeweiligem rechtsextre- mistischen Spektrum zuordnen und jeweiliges Personen- potential aufführen) Zu 2.: Siehe Antwort zu Frage 1. 3. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Organisa- torInnen, TeilnehmerInnen und Inhalte von in rechtsext- remen Kreisen stattfindenden sog. Rechtsschulungen? Welche Schulungen mit welchen konkreten Inhalten ha- ben bereits in Berlin stattgefunden? An welchen Schulun- gen in anderen Bundesländern (oder auch im Ausland) mit welchen Inhalten haben Mitglieder der Berliner rechtsextremen Szene teilgenommen? (bitte jeweiligem rechtsextremistischen Spektrum zuordnen und jeweiliges Personenpotential aufführen) Zu 3.: Es ist bekannt, dass regelmäßig Rechtsschulun- gen von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene durchgeführt werden. Schulungen werden sowohl von der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) bzw. ihren Unterorganisationen wie auch nicht parteige- bundenen Angehörigen der rechtsextremistischen Szene angeboten bzw. besucht. Der Inhalt dieser Schulungen bezieht sich auf rechtliche Fragestellungen zu und Hand- lungsempfehlungen für Demonstrationen, Hausdurchsu- chungen, szenetypischen Straftaten, Festnahmen und ähnliches. 4. Wie schätzt der Senat das Gefährdungspotenzial ein, das von Schulungen i.S.v. Nr. 1. - 3. sowie deren OrganisatorInnen und TeilnehmerInnen ausgeht? Zu 4.: Die sich aus solchen Schulungen möglicher- weise ergebenden Auswirkungen auf die Sicherheitslage werden einer ständigen Bewertung unterzogen, um gege- benenfalls notwendige Maßnahmen zu treffen. Die pau- schale Einschätzung eines Gefährdungspotenzials, das von solchen Schulungen ausgehen könnte, ist nicht mög- lich. 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die rechtsextreme "Bewegung Neue Ordnung", insbesondere ihrer militanten Ausrichtung? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 306 2 Zu 5.: Über die aus öffentlichen Quellen, insbesondere im Internet zugänglichen Informationen, hinaus, liegen dem Senat folgende Erkenntnisse über die sogenannte „Bewegung Neue Ordnung“ (BNO) in Berlin vor: Die Staatsanwaltschaft Neuruppin leitete 2012 im Zu- sammenhang mit der BNO ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer bewaffneten Gruppe ein, im Zuge dessen es auch in Berlin zur Vollstreckung von Durchsu- chungsbeschlüssen an zwei Objekten kam. Dabei wurden unter anderem „Schulungsunterlagen“ und Gegenstände mit verbotenen Symbolen der „Nationalen Front“ und der „Wiking-Jugend“ beschlagnahmt. Darüber hinaus leitete der Generalbundesanwalt 2012 im Zusammenhang mit der „BNO“ ein Ermittlungsverfahren wegen der Gründung einer terroristischen Vereini- gung ein und beauftragte das Bundeskriminalamt mit der Durchführung der Ermittlungen. 6. Welche Aktivitäten hat die "Bewegung Neue Ord- nung" bisher in Berlin entfaltet? Zu 6.: Am 04. Februar 2011 kam es zum „1. Treffen der NO in Berlin“. Im Nachlass eines verstorbenen Rechtsextremisten wurde eine Anmeldung für die Veran- staltung aufgefunden, für die eine ebenfalls der rechtsext- remistischen Szene zuzurechnende Person „V.i.S.d.P.“ (verantwortlich im Sinne des Presserechts) zeichnete. Auf der Internetseite „www.neueordnung.org“ war 2011 ein Beitrag zum 19. Todestag eines 1992 ermorde- ten Rechtsextremisten eingestellt. In diesem Beitrag wur- den der Name und die Wohnanschrift eines angeblichen „Täters“ veröffentlicht. Hierdurch fühlte sich der Geschädigte bedroht und erstattete am 02. April 2011 Anzeige. Am 20. April 2012 kam es zu einer Sachbeschädigung in Berlin. Unbekannte Täterinnen bzw. Täter warfen eine Gehwegplatte gegen die Eingangstür der Alice-Salomon- Hochschule. Am Tatort wurde ein angebrachter Aufkleber der BNO vorgefunden. Vereinzelt wurde Propagandama- terial verbreitet, das der BNO zugerechnet werden kann. 7. Welche Ermittlungsmaßnahmen sind bisher gegen die "Bewegung neue Ordnung" durch Berliner Behörden oder in Berlin mit welchem Ergebnis ergangen? Zu 7.: Im Jahr 2011 wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen zwei Beschuldigte geführt, von denen einer ehemals in Berlin amtlich gemeldet war. 8. Welche personelle Überschneidungen gibt es zwi- schen der "Bewegung neue Ordnung" und der ehemaligen "Nationalistischen Front"? Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Zugehörigkeit zu anderen rechtsextremen Gruppierungen und Aktivitäten ehemaliger Mitglieder und Anhänger der "Nationalistischen Front“? Zu 8.: Die rechtsextremistische Vereinigung „Nationalistische Front“ wurde bereits 1992 durch den Bundesminister des Innern verboten. Erkenntnisse über Mitglied- schaften dieser verbotenen Organisation liegen aus daten- schutzrechtlichen Gründen nicht mehr vor. 9. Welche Erkenntnisse hat der Senat über rechtsext- reme Deutsche, die sich als Söldner an Konflikten, wie z.B. im ehemaligen Jugoslawien, beteiligt haben o in Bezug auf deren jetzige Zugehörigkeit zu rechtsextremen Gruppierungen und Aktivitäten in rechtsextremen Kreisen? o in Bezug auf kriminelle Aktivitäten, die im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit stehen, wie ins- besondere das illegale Beschaffen von Waffen u. Sprengstoff? o in Bezug auf Kontakte, Strukturen und Netzwerken , die zwischen ihnen und ggf. auch zu rechts- extremen Söldnern anderer Länder bestehen? (bitte jeweiligem rechtsextremistischen Spektrum zu- ordnen und jeweiliges Personenpotential aufführen) Zu 9.: Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke über „Strafrechtliche Konsequenzen für deutsche Söldner in den Jugoslawienkriegen“ (Bundestags-Drucksache 18/818) verwiesen. 10. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Mitglieder der Berliner rechtsextremen Szene, die in der Bundeswehr aktiv sind (bitte jeweiligem rechtsextremistischen Spekt- rum zuordnen und jeweiliges Personenpotential auffüh- ren)? Welche Kommunikation findet zwischen der Berli- ner Behörden und der Bundeswehr hierzu statt? Zu 10.: Zuständig für Rechtsextremistinnen bzw. Rechtsextremisten als Angehörige der Bundeswehr ist der Militärische Abschirmdienst (MAD). Sofern Erkenntnisse zu Rechtsextremistinnen bzw. Rechtsextremisten in der Bundeswehr anfallen, werden diese Informationen in geeigneter Weise an den MAD übermittelt. Berlin, den 14. August 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. August 2014)