Drucksache 17 / 14 309 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 30. Juli 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. August 2014) und Antwort Nachnutzung des ehemaligen Polizeigefängnisses (Keibelstraße) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was plant der Senat mit dem ehemaligen Polizei- gefängnis an der Keibelstraße und gibt es dazu Beschlüsse des Senats oder des Abgeordnetenhauses? Zu 1.: Die federführende Senatsverwaltung für Bil- dung, Jugend und Wissenschaft beabsichtigt, das ehema- lige Polizeigefängnis Keibelstraße als einen außerschuli- schen Lernort mit Dauerausstellung für Schülerinnen und Schüler zu nutzen. Sie hat dazu 2010/2011 eine Pla- nungsgruppe ins Leben gerufen mit Vertreterinnen und Vertretern von: • Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU), • Landesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (LStU), • Senatskanzlei-Kulturelle Angelegenheiten (SkzlKult ), • Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SEDDiktatur , • Robert-Havemann-Gesellschaft e.V. (RHG), • Berliner-Immobilienmanagement GmbH (BIM), • Landesinstitut für Schule und Medien Berlin- Brandenburg (LISUM). Darüber hinaus hat sie bereits gemeinsam mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Rahmen der Haushaltswirtschaft Mittel investiert, um zum Ort forschen zu lassen (LStU, Dr. Werkentin) und die RHG mit der Erstellung eines ersten Konzepts („Historischer Lernort – Präsidium der Volkspolizei und Untersuchungshaftanstalt II Berlin“) beauftragt, das seit Ende 2012 vorliegt. Die Planungen sind inzwischen weiter konkretisiert worden. Aufgrund der räumlichen Zugangssituation (kein öffentlicher Zugang vorhanden) ist angedacht, dass der Lernort drei moderne Arbeitsräume für angemeldete, geschlossene Gruppen (Seminarraum, Büro, Emp- fang/Garderobe) sowie die erste Etage des ehemaligen Zellentrakts mit ca. 18 Zellen umfasst. Auf der Grundlage des vorliegenden Grobkonzepts wurden entsprechende Planungsbüros für die Entwicklung von professionellen Ausstellungskonzepten angefragt. Die notwendigen Ausgaben werden haushaltswirtschaftlich im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel aus dem Ein- zelplan 10 geleistet. Über mögliche Ausgaben ab 2016 wird im Zuge der nächsten Haushaltsplanaufstellung 2016/2017 zu entscheiden sein. Die Vorlage eines Nutzungs- und Betriebskonzeptes durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wird zzt. vorbereitet. 2. Wenn das ehemalige Polizeigefängnis als Erinne- rungsort genutzt werden soll, wer soll diesen betreiben und gibt es dafür ein Betriebskonzept? 3. Wenn es ein Betriebskonzept gibt, wie hoch sind die Investitions- und Betriebskosten und wie sollen diese finanziert werden? Zu 2. und 3.: Es wird geprüft, ob der außerschulische Lernort durch einen zu gründenden Trägerverein betrie- ben werden kann. Ein Nutzungs- und Betriebskonzept soll dem Abgeordnetenhaus im Herbst des Jahres unter Ein- schluss der notwendigen Investitions- und Betriebskosten vorgelegt werden. 4. Sofern es Planungen für die Einrichtung eines Ge- denkortes im ehemaligen Polizeigefängnis gibt, welche Rolle hat dabei die Gedenkstätte Berlin-Hohenschön- hausen gespielt, die laut § 2 Abs. 1 Stiftungsgesetz „das Land Berlin in allen einschlägigen Angelegenheiten bera- ten und unterstützen soll“ und welche Rolle ist ihr im Betrieb des Erinnerungsortes zugedacht? Zu 4.: Die Planungen richten sich, auch unter Berück- sichtigung der räumlichen Gegebenheiten, auf die Ein- richtung eines außerschulischen Lernortes für Schülerin- nen und Schüler mit Dauerausstellung zur Auseinander- setzung mit der Geschichte der Alltagsrepression in der Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 309 2 DDR und nicht auf eine Gedenkstätte zum Thema Staats- sicherheit. In der Keibelstraße wird an ein Polizeipräsidium mit Untersuchungshaftanstalt erinnert, nicht wie in Hohen- schönhausen – an ein Gefängnis der Staatssicherheit. Auch die Deutsche Volkspolizei war ein wichtiges Ele- ment der Herrschaftssicherung der SED, aber mit wesent- lich anderen Funktionen als das Ministerium für Staatssi- cherheit. Entsprechend sind auch in der Erinnerungsarbeit andere Fragen zu stellen. Für die Keibelstraße ist etwa die Frage wichtig, wie sich die Grenze zwischen notwendiger polizeilicher Verbrechensbekämpfung und -prävention und Unterdrückung ziehen lässt. Zudem verfolgt die Gedenkstätte Berlin Hohenschön- hausen das Konzept einer Umlenkung überzähliger Besu- cher aus Berlin-Hohenschönhausen in das ehemalige Polizeigefängnis Keibelstraße aus Kapazitätsgründen. Dies stimmt nicht mit den örtlichen Gegebenheiten über- ein. Der damalige Staatssekretär für Kulturelle Angele- genheiten, André Schmitz, hat den Leiter der Gedenkstät- te Berlin-Hohenschönhausen, Dr. Hubertus Knabe, bereits im Jahr 2011 in einem Schreiben darüber in Kenntnis gesetzt. Es ist vorgesehen, die Leitung der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen zur nächsten Sitzung der Pla- nungsgruppe einzuladen. 5. Sofern es Planungen für die Einrichtung eines Ge- denkortes im ehemaligen Polizeigefängnis gibt, wann soll dieser seinen Betrieb aufnehmen? Zu 5.: Die Aufnahme des Betriebs des geplanten au- ßerschulischen Lernortes für Schülerinnen und Schüler setzt einen Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin voraus. Erst zu diesem Zeitpunkt ist es möglich, den Zeit- punkt einer voraussichtlichen Betriebsaufnahme zu nen- nen. 6. Sofern es Planungen für die Einrichtung eines Ge- denkortes im ehemaligen Polizeigefängnis gibt, wie plant der Senat, die Initiativgemeinschaft „ehemaliges Polizeigefängnis Keibelstraße“ darin einzubeziehen? Zu 6.: Vertreterinnen und Vertreter der „Initiativgemeinschaft ehemaliges Polizeigefängnis Keibelstraße“ sind nach der Bekanntgabe ihrer Gründung am 22.07.2014 von der Leitung der Arbeitsgruppe zur Ein- richtung eines außerschulischen Lernortes für Schülerin- nen und Schüler umgehend zu einem Gespräch über Mög- lichkeiten der Zusammenarbeit eingeladen worden. Berlin, den 21. August 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Aug. 2014)