Drucksache 17 / 14 360 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Vogel (CDU) vom 05. August 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. August 2014) und Antwort Situation der Grünflächen in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie bewertet der Senat den gegenwärtigen Pflegezustand der Grünflächen in Berlin? Antwort zu 1: Berlin nimmt mit seinem hohen Anteil an öffentlichen Grünflächen (Grün- und Erholungsanla- gen, Kleingärten, Friedhöfe, Straßengrün und Straßen- bäume) sowie Wäldern, Gewässern und landwirtschaftlich genutzten Flächen auch im europäischen Vergleich eine Spitzenstellung ein. Der Pflegezustand öffentlicher Grünflächen in Berlin ist aus Sicht des Senats nicht ohne weiteres verallgemei- nernd zu bewerten, sondern erfordert eine differenzierte Betrachtung auf die jeweilige Fläche bezogen. Die Ent- wicklung von Budgets und tatsächlichen Kosten verläuft in den Bezirken sehr unterschiedlich. Über den Personal- und Mitteleinsatz entscheiden die Bezirke in eigener Zu- ständigkeit und Verantwortung. Vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen bei gleichzeitigem Flächenzu- wachs sehen sich die bezirklichen Grünflächenämter gezwungen, sich weitgehend auf Grundpflegemaßnahmen sowie die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht zu konzentrieren. Übernutzungen können daher nur schwer ausgeglichen werden. Ein Teil der Grünanlagen macht dementsprechend im Vergleich zu früheren Jahren einen verwahrlosten Eindruck. In manchen Fällen ist eine aus konventioneller Sicht beanstandete grüne „Wildnis“ aber durchaus willkommen, weil sie zum Nutzen der Umwelt ist. Insekten und andere Tiere profitieren von blühenden Wildkräutern und weniger intensiv gepflegten Grünflächen mitten in der Stadt. Aber natürlich gilt dies nicht überall, es sind zum Teil auch eindeutige, fachlich nicht erwünschte und unbefriedigende Pflegerückstände festzustellen. Frage 2: Wie ist der aktuelle Stand der lt. Koalitions- vertrag vereinbarten und seit Januar 2013 avisierten ge- meinsam mit den Bezirken durchzuführenden Evaluie- rung der bezirklichen Grünflächenpflege einschließlich einer Betrachtung der Gesamtzuweisung zur Unterhaltung der städtischen Grünflächen und der Berechnungslogik? Antwort zu 2: Nach Verständigung auf politischer Ebene wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwick- lung und Umwelt in Abstimmung mit den bezirklichen Straßen- und Grünflächenämtern eine Vereinbarung für das gemeinsame Projekt „Evaluierung der Grünflächenpflege unter Berücksichtigung von Kosten, Nutzungs- und Qualitätsanforderungen“ über die Ziele und Inhalte des Projektes erarbeitet. Die zuständigen Bezirksstadträte haben dem im Juni des Jahres abschließend zugestimmt. Die Projektvereinbarung sieht dabei mehrere Teilpro- jekte vor, in denen die Verwaltungs-, Steuerungs- und Pflegeprozesse zum Berliner Stadtgrün einschließlich der Schnittstellen zu anderen Ämtern und Aufgabenträgern untersucht werden sollen. Es sollen Möglichkeiten unter- sucht werden, wie die Produkte für das öffentliche Grün qualifiziert werden können, um den Bezirken mehr Steue- rungsmöglichkeiten zu bieten. Darüber hinaus erfolgt eine bundesweite Recherche zu Organisationsformen der kommunalen Grünpflege, woraus im Ergebnis der Bewer- tung ggf. Anregungen für eine Optimierung der Grünflä- chenpflege in Berlin entnommen werden können. Erste Ergebnisse sollen Ende 2014 vorliegen. Ziel ist es, das Projekt im Wesentlichen bis Ende 2015 abzu- schließen. Eine Umsetzung der Projektergebnisse wird jedoch erst nach Erörterung auf fachlicher und politischer Ebene erfolgen. Frage 3: Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass es immer mehr Beschwerden über mangelnde Pflege von Grünflächen, Wildwuchs an Straßenrändern, Überwuche- rung von Gehwegen und mangelnder Abfallentsorgung in Parkanlagen gibt? Antwort zu 3: Der Senatsverwaltung für Stadtentwick- lung und Umwelt liegen keine Erkenntnisse über eine auffällig erhöhte Zahl von Beschwerden über mangelnde Pflege von Grünflächen, Wildwuchs an Straßenrändern, Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 14 360 2 Überwucherung von Gehwegen und mangelnder Ab- fallentsorgung in Parkanlagen vor. Vergleichbare Be- schwerden gehen bei der Senatsverwaltung für Stadtent- wicklung und Umwelt seit vielen Jahren in unverändert geringem Umfang ein. Gleichwohl verkennt die Senatsverwaltung für Stadt- entwicklung und Umwelt nicht, dass im Zuge der im Land Berlin fortschreitenden Bemühungen um eine Haushalts- konsolidierung und den damit seit Jahren auch von den bezirklichen Grünflächenämtern abgeforderten erhebli- chen Einsparvolumina insbesondere im Bereich des gärt- nerischen Fachpersonals auch Pflegedefizite oder Sub- stanzverluste im öffentlichen Freiraum deutlicher sichtbar werden. Frage 4: Wie gestaltet sich die Kostenentwicklung in den letzten fünf Jahren bezüglich der Etats für die Grün- flächenämter, aufgelistet nach Bezirken? Antwort zu 4: Der beigefügten Anlage ist ein Ver- gleich der zugewiesenen Mittel mit den tatsächlich ange- fallenen Kosten in Summe über die vier Pflegeaufwands- produkte der Grünflächenpflege (Nr. 78445 – 78448) zu entnehmen. Der Vollständigkeit halber wurden auch die Zuweisungen für 2014 und 2015 ausgewertet. Bei der Analyse ist zu beachten, dass die Budgetbe- rechnung auf den von den Bezirken eingesetzten Mitteln (Kosten) des Vor-Vorjahres basiert. Steigender Mittelein- satz führt somit (mit zweijähriger Verzögerung) zu stei- genden Budgets (und andersherum). Frage 5: Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, die Grünflächenämter aus den Bezirken herauszulösen und die Aufgaben einem landeseigenen Unternehmen zuzu- ordnen? Antwort zu 5: Bisher stand der Senat einer generellen Diskussion zur Bildung landeseigener Unternehmen offen gegenüber. Ihm ist zurzeit keine politische Mehrheit be- kannt, die ohne nähere Kenntnisse oder intensive Diskus- sion der damit einhergehenden Folgen eine Herauslösung der Grünflächenämter aus den Bezirken und die Zuord- nung zu einem landeseigenen Unternehmen unterstützen würde. Frage 6: Welche anderen Alternativen für eine ausrei- chende Pflege der Grünflächen in Berlin sieht der Senat? Antwort zu 6: Die für eine ausreichende, den fachli- chen Kriterien genügenden Grünpflegemittel stehen im Spannungsverhältnis des Globalsummen-Prinzips, das in der Landesverfassung verankert ist (Art. 85 II VvB): Die zentral zugewiesenen Produktbudgets basieren auf den Kosten des Vor-Vorjahres und damit auf den von den Bezirken eingesetzten Mitteln. Allerdings wird entspre- chend der bezirksindividuellen Schwerpunktsetzung ent- schieden, inwiefern diese Mittel für die Grünflächenpfle- ge eingesetzt werden. Hier ist in den Bezirken mehr Un- terstützung für das Grün gefragt: Während es Bezirke gibt, in denen Mechanismen existieren, durch die im Rahmen der eigenständigen bezirklichen Mittelverteilung nicht die gesamten Produktbudgets den Grünflächenäm- tern zur Verfügung gestellt werden, gibt es andere Bezir- ke, in denen die Grünflächenämter regelmäßig sogar mehr bekommen. Überlegungen, eine bedarfsgerechte Mindest- veranschlagung (Leitlinie) analog zum Hoch- und Tiefbau einzuführen, um die bestimmungsgemäße Grünflächen- pflege und -unterhaltung im Zusammenhang mit der all- gemeinen Daseinsfürsorge und der notwendigen Gewähr- leistung einer lebenswerten städtischen Infrastruktur zu sichern, sind politisch umstritten, da sie eine Einschrän- kung der o.g. Globalsummenhoheit bedeuten. Inwiefern die Etablierung von Qualitätskriterien in das derzeitige Budgetierungsverfahren zu einem nachhaltigen, d.h. substanzerhaltenden Einsatz der Mittel anregen kann, ist gesondert zu prüfen. Das in der Antwort zur Frage 2 erläuterte Projekt kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Berlin, den 29. August 2014 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Sept. 2014) Senatsverwaltung für Finanzen - Referat II D - 20.08.2014 Anlage Zeitvergleich Produkte 78445 - 78448 Öffentliche Grünanlagen AK I - IV 2014 2015 Bez. (in T€) Brutto- budget1)2) Kosten (ges) Abw. Zuw./ Ist Brutto- budget2) Kosten (ges) Abw. Zuw./ Ist Brutto- budget2) Kosten (ges) Abw. Zuw./ Ist Brutto- budget2) Kosten (ges) Abw. Zuw./ Ist Brutto- budget2) Kosten (ges) Abw. Zuw./ Ist Brutto- budget2) Brutto- budget2) 31 Mi 14.570 16.574 -2.003 15.925 17.332 -1.407 16.247 16.878 -631 16.864 16.745 120 17.222 17.162 60 17.538 17.501 32 FK 5.346 6.710 -1.364 5.736 6.418 -682 6.027 6.742 -716 6.140 6.731 -591 6.421 6.546 -126 6.396 6.250 33 PK 10.313 10.908 -596 10.541 10.663 -122 11.342 9.917 1.425 11.056 9.548 1.509 10.349 9.272 1.077 9.849 9.368 34 CW 6.019 7.931 -1.913 6.106 8.520 -2.414 6.642 7.558 -916 7.532 8.433 -901 7.558 7.696 -138 8.219 7.957 35 Sp 4.821 7.208 -2.387 5.601 7.166 -1.565 6.751 7.105 -354 7.530 8.199 -670 7.280 8.479 -1.198 7.588 7.806 36 SZ 7.335 8.323 -988 7.767 8.575 -808 8.290 9.009 -718 8.610 8.551 59 8.799 8.708 92 9.179 9.221 37 TS 4.105 3.943 162 4.374 5.818 -1.445 4.516 5.849 -1.333 5.526 6.564 -1.038 5.770 6.151 -382 5.849 5.837 38 Nk 5.675 6.209 -534 6.424 5.688 737 6.731 6.419 312 5.490 6.381 -891 5.839 6.250 -411 6.255 5.962 39 TK 7.865 9.234 -1.368 7.966 7.864 101 8.841 8.700 141 8.617 9.115 -498 8.355 8.827 -472 8.610 8.751 40 MH 7.878 7.308 569 7.660 8.172 -512 8.213 8.152 62 8.596 8.194 402 8.123 8.490 -367 8.234 8.404 41 Lb 7.180 8.030 -851 7.620 8.903 -1.284 8.681 9.221 -539 9.018 9.342 -324 9.152 9.706 -554 9.440 9.591 42 Rd 6.167 6.688 -521 6.369 6.624 -256 6.780 5.433 1.347 6.780 5.740 1.040 6.229 5.687 542 6.556 6.563 Su. 87.273 99.067 -11.794 92.088 101.744 -9.656 99.064 100.984 -1.920 101.759 103.543 -1.784 101.097 102.975 -1.878 103.713 103.212 2) ohne Zuweisung kurzfristig umzunutzende Friedhofsflächen gem. Friedhofsentwicklungsplan (FEP), Erweiterungsflächen und geschl. Friedhöfe 1) Modellrechnung Brutto-Budget: Zur besseren Vergleichbarkeit wurde für die Budgetberechnung 2009 eine Modellrechnung durchgeführt. Seit der Zuweisung 2010 erfolgt die Zuweisung sog. Bruttobudgets, in denen die kalkulatorischen Kostenbestandteile für Gebäude, Personal und Mobilen enthalten sind. Diese werden in einem weiteren Schritt über kamerale Verrechnungen an den Landeshaushalt verrechnet. Im Gegensatz dazu wurden bis einschl. 2009 sog. Nettobudgets zugewiesen, bei denen die kalkulatorischen Kostenbestandteile bereits bei der Budgetberechnung in Abzug gebracht wurden. 2009 2010 2011 2012 2013 S17-14360 s1714360_Anl_1